Brückenexperte Marx sieht Gefahr weiterer Einstürze – Berlins Ringbahnbrücke soll abgerissen werden

Der Dresdner Brückenexperte Steffen Marx warnt die Politik davor, dass weitere Brücken in Deutschland einstürzen könnten, wenn die Wartung der Bauwerke nicht verbessert wird.
„Wenn wir unseren Unterhalt der Brücken nicht ändern, werden wir noch mehr Einstürze im laufenden Betrieb haben“, sagte der Bauingenieurprofessor der TU Dresden dem „Tagesspiegel“ (Montagsausgabe). Marx gilt als einer der führenden Brückenexperten Deutschlands. Er hat auch das Gutachten zum Einsturz der Carolabrücke in Dresden geschrieben.
„Wir gehen mit unseren Brücken ähnlich wie die Amerikaner um: Wir bauen sie, und dann vergessen wir sie“, sagte Marx weiter. Zwar würden Brücken in Deutschland regelmäßig inspiziert, aber kaum repariert.
Nächster Kollaps eine Frage der Zeit
Wenn nun immer mehr Brücken in einen schlechten Zustand kämen, sei es eine Frage der Zeit, bis eine Brücke, die die Prüfer noch für gerade so ausreichend standfähig hielten, trotzdem im laufenden Betrieb kollabiere, warnte Marx.
In Deutschland bedeute Sanierung bisher meistens abreißen und neu bauen. „Wir haben eine Kombination aus der unsichersten und der teuersten Strategie“, so Marx. Er forderte ein grundsätzliches Umdenken der Politik.
Es sei klüger, viel früher einzugreifen und Brücken mit relativ wenig Aufwand zu sanieren, um sie wieder in die beste Zustandskategorie zu bringen. „Dann kriege ich wieder einige Jahrzehnte sichere Betriebszeit, bis sich der Zustand wieder verschlechtert. Es würde weniger kosten und es wäre sicherer“, so Marx.
Ohne diesen Strategiewechsel fürchtet Marx, dass das 500 Milliarden Euro schwere Sondervermögen für Infrastrukturinvestitionen ausgegeben wird, die Infrastruktur danach aber nicht in einem besseren Zustand sein wird.
Vielbefahrene Ringbahnbrücke in Berlin soll abgerissen werden
Ein Beispiel für das oben beschriebene Vorgehen ist Berlin: Die einsturzgefährdete Ringbahnbrücke auf der A100 in Berlin wird in den kommenden Wochen abgerissen. Die Autobahn GmbH entschied sich nach „intensiver Prüfung“ für diesen Schritt, wie sie am Mittwoch mitteilte.
Der Abriss soll demnach bis zum 25. April abgeschlossen sein. Zuletzt war noch diskutiert worden, ob ein temporäres Stützen der Brücke möglich sei.
Die Ringbahnbrücke befindet sich im Bereich des Autobahndreiecks Funkturm im Nordwesten der Hauptstadt. Mitte März war die dreispurige Autobahn in nördlicher Richtung nach statischen Untersuchungen wegen Einsturzgefahr der Brücke gesperrt worden. „Ein Abbruch der Brücke und der Ersatzneubau müssen daher folgen und werden vorbereitet“, hieß es bereits damals.
„Um die Sicherheit der Brücke bis zum Abbruch zu gewährleisten“, wurden in den folgenden Tagen dennoch Stützen montiert. Dafür musste die Bahnstrecke darunter gesperrt werden. Parallel wurde laut Autobahn GmbH die Möglichkeit eines schnellen Abrisses geprüft – und nun beschlossen.
„Mit dem Abriss entscheiden wir uns bewusst für die schnellere Lösung“, erklärte Dirk Brandenburger, technischer Geschäftsführer der Autobahn GmbH. Nach dem Abriss sollen zumindest die Züge wieder in dem Bereich rollen können. „Wir schaffen damit klare Verhältnisse für die Wiederaufnahme des Bahnverkehrs“, erklärte Brandenburger.
Für den Autoverkehr ist mittlerweile eine Spur Richtung Norden über den Gegenverkehr für Pkw wieder frei. Es kommt aber weiterhin zu Verkehrsbeeinträchtigungen und Lkw müssen den Bereich umfahren.
Bund stellt 150 Millionen Euro bereit
Die Bundesregierung hat angekündigt, rund 150 Millionen Euro für den Neubau bereitzustellen. „Nach Sicherstellung der Finanzierung muss es jetzt Schlag auf Schlag gehen. Dem Abriss muss jetzt zügig der Ersatzneubau folgen“, forderte Bundesverkehrsminister Volker Wissing (parteilos).
Auch der Regierende Bürgermeister von Berlin forderte einen schnellen Neubau. Gespräche mit verschiedenen Baufirmen liefen bereits, sagte Kai Wegner (CDU) dem rbb-„Inforadio“. Für eine schnelle Umsetzung müssten „alle nötigen Planungs- und Genehmigungsverfahren beschleunigt werden“.
Genaue Angaben zur Dauer der Bauarbeiten machte er nicht. Eine Brücke abzureißen und neu zu bauen, sei keine Sache von Wochen oder Monaten. „Zwei Jahre wären eine gute Zeit“, fügte er hinzu. (dts/afp/red)
vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.
Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.
Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.
Ihre Epoch Times - Redaktion