Briefwahl: Wahlleiter warnen vor Risiken – was zu beachten ist

Während die Parteien bis zum letzten Tag für ein möglichst gutes Ergebnis bei der Bundestagswahl kämpfen, kann ein Teil der Abstimmung schon vor dem 23. Februar laufen. Grund ist die Möglichkeit zur Briefwahl.
SPD nur mit 53 Stimmen vor Grünen
In einem Briefwahllokal in Berlin werden die roten Wahlbriefe sortiert. (Symbolbild).Foto: Maja Hitij/dpa
Epoch Times16. Januar 2025

Angesichts der kurzen Briefwahlfrist für die Bundestagswahl 2025 hat Thüringens Landeswahlleiter Holger Poppenhäger dieses Mal jedoch empfohlen, auf die Briefwahl zu verzichten.

Auch die nordrhein-westfälische Landeswahlleiterin Monika Wißmann vor Risiken bei der Briefwahl gewarnt. Sie empfehle die „Briefwahl vor Ort“, die viele Gemeinden anbieten, sagte Wißmann dem „Handelsblatt“ am Donnerstag. „Damit vermeidet man das Risiko von Postlaufzeiten.“

Wer dennoch den Postweg nutze wolle, sollte seinen Briefwahlantrag „sofort nach Eingang der Wahlbenachrichtigung“ stellen und den hellroten Wahlbrief spätestens am 19. Februar, dem Mittwoch vor dem Wahltag, in den Briefkasten werfen. Dann habe man alles dafür getan, dass die Stimme zählt.

Auch der Mainzer Politikwissenschaftler Kai Arzheimer sieht in dem kurzen Briefwahlzeitraum ein Problem. Inzwischen nutze ein sehr großer Teil der Bevölkerung die Möglichkeit der Briefwahl, sagte er der Zeitung. „Insbesondere bei Auslandsdeutschen besteht nun aber die Gefahr, dass die Wahlbriefe nicht rechtzeitig eingehen und einige Wahlberechtigte ihr Wahlrecht nicht effektiv ausüben können.“

Welche Fristen muss ich bei der Briefwahl beachten?

Wegen der vorgezogenen Wahl gibt es auch für die Briefwahl verkürzte Fristen. „Sie müssen ihre Briefwahlunterlagen schneller bei ihrer Gemeinde beantragen, ausfüllen und zurücksenden“, betont die Behörde von Bundeswahlleiterin Ruth Brandt. Voraussichtlich blieben nur zwei Wochen Zeit für die Briefwahl.

Denn Stimmzettel könnten wegen Fristen für die Zulassung von Wahlkandidatinnen und -kandidaten erst nach dem 30. Januar gedruckt und versandt werden. Brandts Behörde zufolge stellen sich die meisten Wahlämter auf einen Beginn der Briefwahl zwischen dem 6. und 10. Februar ein.

Bis wann muss der Wahlbrief abgeschickt werden?

Die Wahlbriefe müssen bis zum Abstimmungstag am 23. Februar um 18.00 Uhr bei der zuständigen Stelle eingehen, um gültig zu sein.

Die Deutsche Post hat zugesichert, dass Wahlbriefe, die bis zum 20. Februar 2025 vor der letzten Leerung des jeweiligen Briefkastens eingeworfen oder in einer Postfiliale abgegeben werden, rechtzeitig die zuständige Wahlstelle erreichen. Wer auf Nummer sicher gehen will, kann die Wahlbrief auch direkt bei der auf dem Umschlag aufgedruckten Stelle abgeben.

Wie hat sich der Briefwahlanteil entwickelt?

Der Anteil der Menschen, die per Briefwahl und nicht im Wahllokal abstimmen, ist bei Bundestagswahlen seit der Wiedervereinigung stetig angestiegen.

Gaben 1990 nur 9,4 Prozent der Wähler auf diesem Wege ihre Stimme ab, waren es 2017 bereits 28,6 Prozent. 2021 stieg die Zahl dann sprunghaft auf 47,3 Prozent.

Warum steigt der Briefwahlanteil?

Häufig wird angeführt, dass die Menschen heute mobiler und am Wahltag öfter unterwegs sind. Für viele ist diese Art der Abstimmung wohl einfach bequemer. Erleichtert wurde die Briefwahl zudem durch eine Reform im Jahr 2008. Damals entfiel für Bürgerinnen und Bürger die Pflicht zu begründen, warum sie nicht persönlich ins Wahllokal kommen können.

Warum stieg der Anteil 2021 sprunghaft an?

„2021 hatten wir eine Rekordbriefwahl, was natürlich auch damit zu tun hat, dass damals die Pandemie noch im vollen Gange war“, sagt Roland Abold vom Meinungsforschungsinstitut infratest dimap. Corona dürfte den Wunsch erhöht haben, zur Stimmabgabe nicht ins Wahllokal gehen zu müssen.

Dies zeigte sich auch bei Landtagswahlen im selben Jahr. Dort wurde vielfach eine Verdoppelung des Briefwahlanteils verzeichnet.

Was wird nun erwartet?

2021 sei wegen der Pandemie „eine Ausnahmesituation“ gewesen, sagt Peter Matuschek vom Meinungsforschungsinstitut Forsa. „Bei den letzten Landtagswahlen war der Anteil der Briefwähler schon nicht mehr so hoch.“ Nun kämen die verkürzten Fristen wegen der vorgezogenen Wahl hinzu.

Matuschek wie Abold halten es angesichts dieser Veränderungen für möglich, dass der Anteil der Briefwähler dieses Mal zurückgeht.

Warum erschwert die Briefwahl den Wahlkampf der Parteien?

Wenn schon ein großer Teil der Bürger vor dem Abstimmungstermin gewählt haben, ist ein Wahlkampf schwer zu planen. Das gezielte Hinarbeiten auf eine Trendwende in der Endphase wird komplizierter, wenn ein beträchtlicher Teil der Wähler sich schon Wochen vor der Wahl entschieden und abgestimmt hat.

Wird das dieses Mal anders?

Meinungsforscher Abold erwartet schon wegen der vorgezogenen Wahl „einen sehr intensiven Wahlkampf“, der „in unvermindertem Tempo bis zum 23. Februar weitergeht“. Wenn angenommen werde, dass es etwas weniger Briefwahl gebe, könnten dies die Wahlkämpfer als Chance sehen, „dass in den letzten Tagen mehr möglich ist“.

Ist ein hoher Briefwahlanteil rechtlich bedenklich?

Das Bundesverfassungsgericht hat immer wieder den Ausnahmecharakter der Briefwahl betont. Demnach schränkt sie die Wahlrechtsgrundsätze der Freiheit, Geheimheit und Öffentlichkeit ein.

Als problematisch wird gesehen, dass bei der Briefwahl nicht kontrolliert werden kann, ob die Wahlberechtigten selbst abstimmen und dabei unbeeinflusst geblieben sind. Dennoch hielt das Gericht die Briefwahl bisher für verfassungsgemäß.

Verzögert die Briefwahl das vorläufige Wahlergebnis?

Das ist nicht auszuschließen, denn für ein vorläufiges Wahlergebnis müssen auch alle Briefwahlunterlagen ausgezählt sein. Dies darf erst nach Schließung der Wahllokale beginnen und erfolgt durch gesonderte Briefwahlvorstände, was zusätzliches Personal erfordert.

Trotz des Rekord-Briefwahlaufkommens hatte es 2021 aber keine größeren Probleme gegeben, die zu spürbaren Verzögerungen führten. (afp/dts/red)



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