Bremen: Paktieren gegen Wählerwillen – Koalition der linken Kräfte – Rot-Grün-Rot kommt am 15. August

Die Basis der Bremer Linken billigt das geplante rot-grün-rote Regierungsbündnis mit SPD und Grünen. 78,5 Prozent der teilnehmenden Mitglieder (349 von 620) sprach sich in einer Urabstimmung für die Koalition aus. Die Wahl des neuen Senats ist für den 15. August geplant.
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Der Marktplatz von Bremen mit dem Rathaus, dem Roland und der Kirche.Foto: iStock
Epoch Times22. Juli 2019

Bereits während der Bundespressekonferenz der AfD am 27. Mai erklärte der Bremer Landesvorsitzende der Alternative für Deutschland, was auf Bremen zukommen könnte. Der Wählerauftrag zur Regierungsbildung sei zwar ganz klar an die CDU gegangen, so Magnitz, jedoch:

Ich befürchte allerdings, dass wir die Beugung des Wählerwillens durch die Grünen erleben werden. Die bereiten das offensichtlich im Moment schon vor.“

(Frank Magnitz, AfD-Landesvorsitzender Bremen)

Nun ist es soweit: Der Weg zur ersten rot-grün-roten Landesregierung in einem westdeutschen Bundesland ist frei. Die Mitglieder der Bremer Linken billigten das Bündnis in einer Urabstimmung, wie die Partei am Montagabend in der Hansestadt nach der Auszählung mitteilte. Demnach sprachen sich 78,5 Prozent der 349 teilnehmenden Mitglieder für die neue Koalition aus.

Die Basisbefragung bei der Linken war die letzte parteiinterne Hürde für das Bündnis, auf das sich die drei Parteien nach der Bürgerschaftswahl vom 26. Mai geeinigt hatten. Parteitage von SPD und Grünen hatten dies bereits vor etwa zwei Wochen getan.

Ergebnisse der Bürgerschaftswahl 2019 in Bremen:

  • CDU 25,7 Prozent (+3,3)
  • SPD 24,6 Prozent (-8,2)
  • Grüne 18,0 Prozent (+2,9)
  • Linke 11,7 Prozent (+2,2)
  • AfD 6,8 Prozent (+1,3)
  • FDP 6,1 Prozent (-0,5)
  • BIW 2,8 Prozent (-0,4)

Linke wittert Regierungsluft

Ein Parteitag der Linken hatte sich schon für Rot-Grün-Rot ausgesprochen. Die Partei befragte zusätzlich aber noch ihre Basis.

Der Mitgliederentscheid bei der Linken, die in Bremen rund 620 Mitglieder hat, lief dann knapp drei Wochen lang, mit Fristende zur Stimmabgabe am Montagnachmittag. Die Mindestbeteiligung zur Gültigkeit des Entscheids erforderte eine 50-Prozent-Beteiligung, die mit dem dennoch mäßigen Erscheinen von gerade einmal 60 Prozent der Mitglieder erfüllt wurde.

Ob dieses Engagement der Partei für eine ordentliche Regierungsarbeit ausreicht, wird man sehen müssen. Auf Twitter teilte die Linkensprecherin Cornelia Barth mit:

Mit diesem Ergebnis können wir den Koalition​svertrag unterzeichnen und in die Arbeit der ersten rot-grün-roten Koalition im Westen einsteigen.“

(Cornelia Barth, Landessprecherin der Linken)

SPD, Grüne und Linke verfügen in der neu gewählten Bürgerschaft zusammen über eine knappe Mehrheit von 49 der 84 Sitze. Das sind sechs mehr als die absolute Mehrheit von 43 Mandaten.

Die Wahl des neuen Senats unter dem designierten Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD) ist nach dem Ende der parlamentarischen Sommerpause für den 15. August geplant.

Erstmals im Westen: Linke in Regierungsverantwortung

Landessprecherin Cornelia Barth sah in dem Ergebnis, „dass wir in unserer Verhandlungskommission eine gute Arbeit geleistet haben“. „Wir erwarten, dass es uns gemeinsam gelingen wird, die soziale Spaltung im Land Bremen zu bekämpfen und allen Menschen mehr gesellschaftliche Teilhabe zu ermöglichen“, wurde Barth in einer Mitteilung der Partei zitiert.

Linken-Chef Bernd Riexinger begrüßte das Ergebnis. „Erstmalig wird DIE LINKE in einem westdeutschen Bundesland in Regierungsverantwortung kommen“, erklärte er am Abend.

Für Westdeutschland ist ein Bündnis aus SPD, Grünen und Linken eine Premiere, auch insgesamt waren sie bisher eher selten. Koalitionen der drei Parteien regieren derzeit in Thüringen und Berlin. Zudem gab es in Sachsen-Anhalt und Berlin früher bereits rot-grüne Minderheitsregierungen, die von der Linken-Vorgängerpartei PDS toleriert wurden.

Wahlsieger: CDU – Grüne stützen Wahlverlierer SPD

Wieder einmal zeigte sich der Unterschied zwischen dem Bürgerwillen, bekundet durch Wahlen, und dem Taktieren und Paktieren politischer Interessensgruppen zur Machtgewinnungen bzw. zum Machterhalt.

Aus der Bremer Bürgerschaftswahl war die CDU mit 25,7 Prozent als stärkste Kraft hervorgegangen und konnte sich gegenüber 2015 um 4,3 Prozentpunkte steigern. Damit hatte sie die in der Hansestadt jahrzehntelang dominierende SPD auf den zweiten Platz verwiesen. Die Sozialdemokraten erlitten mit – 8,2 Prozentpunkten starke Verluste und waren damit trotz insgesamt 24,6 Prozent der große Wahlverlierer 2019 in Bremen.

Der Versuch der CDU zur Regierungsbildung scheiterte jedoch an den Grünen. Diese lehnten nach Sondierungsgesprächen ein Angebot zu Verhandlungen mit CDU und FDP über eine Jamaika-Koalition ab.

Stattdessen entschieden sie sich für Gespräche über ein Bündnis mit SPD und Linken. Zur Begründung verwiesen sie unter anderem auf die größere Übereinstimmung bei sozialen und gesellschaftspolitischen Fragen und fehlendes Vertrauen in die FDP beim Thema Klimaschutz.

SPD trotz Wählerwatsche an der Macht

Im neuen Bremer Senat stellt die SPD vier Senatoren, darunter den Bürgermeister. Die Grünen bekommen drei Senatorenposten, die Linke zwei.

Bei der SPD kam es in Folge der Wahlniederlage zu personellen Veränderungen. Der bisherige Bremer Bürgermeister Carsten Sieling verzichtete auf eine neue Amtszeit, stattdessen nominierte die Partei den früheren Landesvorsitzenden Andreas Bovenschulte als neuen Senatspräsidenten. Er arbeite zuletzt als hauptberuflicher Bürgermeister der niedersächsischen Gemeinde Weyhe bei Bremen. (afp/ks)



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