Brandenburg will Ausreisezentrum auf Oder-Insel: Kritik in der Bevölkerung

Ein Teil des Geländes einer ehemaligen Sowjetkaserne soll auf der Oder-Insel nahe Küstrin-Kietz ein sogenanntes Ausreisezentrum für abgelehnte Asylsuchende entstehen. Das haben das Land Brandenburg und der Landkreis Märkisch-Oderland geplant. Kritik daran regt sich aus unterschiedlichen Richtungen.
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Asylunterkunft (Archiv)Foto: via dts Nachrichtenagentur
Von 10. August 2024

Ein Projekt, das helfen soll, die Zahl der Abschiebungen ausreisepflichtiger Asylsuchender zu erhöhen, haben das Land Brandenburg und der Landkreis Märkisch-Oderland im März vorgestellt. Seit dieser Zeit reißen die Debatten um das geplante sogenannte Ausreisezentrum auf der Oder-Insel in der Nähe von Küstrin-Kietz nicht ab.

Der Landkreis will dort ein Containerdorf für zunächst 200 abgelehnte Asylsuchende errichten. Derzeit besteht noch Betretungsverbot wegen Asbestgefahr. Auch sei der Boden kontaminiert. Zu DDR-Zeiten nutzte die Sowjetarmee das Gelände als Kaserne. Weitere Areale des seit etwa 30 Jahren verwaisten Landstrichs seien als Naturschutzgebiete gesperrt.

Landkreis erhofft sich Entwicklungspotenziale für die Oder-Insel

Wie der RBB berichtete, will der Landkreis auf diese Weise auch zur Erfüllung seiner Aufnahmequote beitragen. Sozialdezernent Friedemann Hanke zufolge habe Märkisch-Oderland derzeit 1.700 Asylsuchende in Betreuung. Dem geltenden Schlüssel zufolge sollten es jedoch doppelt so viele werden. Das geplante Ausreisezentrum auf der Oder-Insel soll dazu einen Beitrag leisten. Immerhin würde die Unterbringung auf das vom Land vorgegebene Soll angerechnet.

Durch die Container wieder „Leben“ in das Brachland zu bringen, könnte in weiterer Folge auch weitere Chancen auf Geldflüsse eröffnen, hofft Hanke. So wolle man das Gelände schrittweise dekontaminieren, Teile entkernen und perspektivisch die Insel entwickeln. Immerhin wolle man auch die Immobilien dort retten:

„30 Jahre verrotten die denkmalgeschützten und ja auch schönen Gebäude. Wenn daraus eine Investition in die Gebäude werden würde, wäre das umso besser.“

Frühestens 2025 soll es mit zunächst 250 Geflüchteten losgehen. Für Aufbau und Betrieb des „Ausreisezentrums“ soll das Land verantwortlich sein. Dieses plant auch ein weiteres am Flughafen BER.

Ausreisezentrum für „männliche Ausreisepflichtige ohne Bleibeperspektive“

Das Land Brandenburg strebt einen Pachtvertrag an. Der Landkreis müsste dazu erst das Gelände erwerben und die erforderlichen Haushaltsmittel für die Zentrale Ausländerbehörde (ZABH) des Landes Brandenburg bewilligt werden. Nach Innenminister Michael Stübgen (CDU) soll die Nutzung temporär erfolgen.

Stübgen will im Ausreisezentrum ausschließlich männliche, allein reisende und vollziehbar ausreisepflichtige Asylsuchende ohne Bleibeperspektive einquartieren. Auf diese Weise solle „auch die Bereitschaft zur freiwilligen Ausreise gefördert werden“, heißt es aus dem Innenministerium. Landrat Gernot Schmidt (SPD) unterstützt das Projekt ebenfalls.

Kritiker hingegen scheinen ähnliche Bedenken zu hegen wie einst die Gegner eines kurzlebigen Projekts im österreichischen Bundesland Kärnten. Von 2008 bis 2012 existierte dort das vom wenig später verstorbenen Landeshauptmann Jörg Haider konzipierte „Asylwerberheim Wölfnitz“ als „Sonderquartier“. Bekannt wurde es damals als „Saualm“.

In einem ehemaligen Kinder- und Jugenderholungsheim lebten temporär bis zu 50 „mutmaßlich straffällige“ Asylsuchende abgelegen auf 1.200 Höhenmetern. Die Bedingungen der Unterbringung seien Berichten zufolge dort insgesamt mangelhaft gewesen.

Linkspartei wirft Regierung „Schäbigkeitswettbewerb“ vor

Die Integrationsbeauftragte des Landes Brandenburg, Diana Gonzalez Olivo, steht der Unterbringung auf der spärlich bewohnten Insel skeptisch gegenüber. Der Landesflüchtlingsrat befürchtet ein „menschenfeindliches Abschottungssystem“. Linkspolitikerin Andrea Johlige spricht von einem „Wettbewerb der größten Schäbigkeit“ im Umgang mit Schutzsuchenden.

Aber auch in der Gemeinde selbst gibt es nicht unerhebliche Widerstände gegen das Vorhaben. Amtsdirektor Tino Krebs würde, wie er gegenüber dem RBB mitteilte, „ein Gewerbegebiet oder eine Erholungseinrichtung“ bevorzugen. Aber ohne Investor sei man nicht in der Lage, ein solches Vorhaben zu bewältigen. Ein Vorkaufsrecht könnte die Gemeinde allerdings nur dann ausüben, wenn es bereits konkrete Planungen bezüglich eines alternativen Projekts gebe.

Bewohner der Insel fürchten Sicherheitsrisiko durch Ausreisezentrum

Aus den Reihen der etwa 150 Anwohner auf der Insel kommen häufig Sicherheitsbedenken. Sie befürchten ein steigendes Risiko für Übergriffe und Kriminalität auf der Insel. Die Gemeindevertreter sprachen sich einstimmig gegen das Vorhaben aus. Allerdings hatte der Beschluss lediglich symbolischen Charakter.

Als bemerkenswert galt auch, dass die Initiatoren den Brandenburgischen Landesbetrieb für Liegenschaften und Bauen (BLB) aus dem Vorhaben heraushalten wollte. Dessen knappe Personalsituation stehe der Dringlichkeit des Projekts entgegen. Die ZABH sei demgegenüber in der Lage, auch „kurzfristig in gewissem Maße selbst zu investieren“.

 



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