Brandenburg-Wahl im Nachklang: SPD will mit BSW und CDU sondieren, AfD berät über K-Frage

Ministerpräsident Woidke hat, was er wollte: den Wahlsieg für seine SPD. Für seinen Parteikollegen Olaf Scholz dürfte es im Bund rumpeln – zwei von drei Ampel-Parteien fuhren ein Desaster ein.
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Dietmar Woidke spricht in Berlin nach dem knappen Wahlsieg der SPD in Brandenburg zur Presse.Foto: Sean Gallup/Getty Images
Epoch Times23. September 2024

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Nach dem knappen Wahlsieg der SPD vor der AfD steht Brandenburg vor einer schwierigen Regierungsbildung – und die Ampel-Koalition im Bund vor einer neuen Zerreißprobe. Die SPD wurden bei der Landtagswahl zwar stärkste Kraft, doch büßten ihre bisherigen Koalitionspartner CDU und Grüne deutlich ein. Eine Mehrheit ohne die AfD hätte Woidke künftig nur mit dem Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW).

Beratungen der Parteien

Nach der Landtagswahl in Brandenburg beraten die Bundesparteien am Montag in Berlin über den Ausgang und mögliche Folgen. Im Anschluss informieren sie jeweils die Öffentlichkeit.

Den Anfang macht am Vormittag die AfD mit einer Pressekonferenz (10 Uhr), anschließend folgen die FDP (11:30 Uhr), der Wahlsieger SPD (11:45 Uhr) sowie das BSW (12 Uhr). CDU und Linke haben ihre Pressekonferenzen für 13 Uhr, die Grünen für 14 Uhr angekündigt.

In der brandenburgischen Hauptstadt Potsdam ist eine Pressekonferenz mit Spitzenkandidaten und Generalsekretären der Landesparteien geplant (11 Uhr).

Livestream Linke

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Pressekonferenz CDU aus dem Konrad-Adenauer-Haus mit Friedrich Merz, Carsten Linnemann und Jan Redmann

Woidke will mit BSW und CDU sondieren

Nach dem Sieg seiner SPD bei der Landtagswahl in Brandenburg will Ministerpräsident Dietmar Woidke sowohl mit dem drittplatzierten Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) als auch mit der viertplatzierten CDU Gespräche führen. Er werde dem SPD-Landesvorstand am Montagabend vorschlagen, sowohl mit dem BSW als auch mit CDU zu sondieren, sagte Woidke am Montag in Berlin. Er räumte zugleich ein, dass es „schwierig“ werde, „politische Stabilität zu gewährleisten“.

Die SPD hatte bei der Landtagswahl am Sonntag mit 30,9 Prozent die meisten Stimmen vor der AfD geholt, die auf 29,2 Prozent kam. Drittstärkste Kraft wurde das BSW mit 13,5 Prozent vor der CDU mit 12,1 Prozent. Weitere Parteien schafften es nicht in den Potsdamer Landtag.

SPD und BSW kommen zusammen auf 46 der 88 Sitze im neuen Landtag, was eine Mehrheit bedeutet. Die bislang in einer Kenia-Koalition mit der SPD und den aus dem Landtag geflogenen Grünen an der Regierung beteiligte CDU kommt auf nur noch zwölf Sitze, womit sie mit der SPD zusammen keine Mehrheit hat.

Lindner spricht erneut von „Herbst der Entscheidungen“

Nach der heftigen Wahlschlappe in Brandenburg hat FDP-Chef Christian Lindner seine Aussage von einem „Herbst der Entscheidungen“ wiederholt. „Neben der Migrationspolitik muss unser Land wirtschaftlich wieder Kurs aufnehmen“, sagte Lindner am Montag in Berlin.

„Und jetzt in den nächsten Wochen, in diesem Herbst der Entscheidungen, wird sich offenbaren, ob es den gemeinsamen Willen gibt, das so auch umzusetzen und gegebenenfalls auch darüber hinauszugehen.“ Man müsse auch sehen, ob man die Kraft finde, einen Haushalt zu beschließen, „der mehr tut für Bildung, für Sicherheit, für die Investitionen in unserer Infrastrukturen“, der aber auf der anderen Seite auch die Bürger unter dem Strich entlaste und dabei die verfassungsmäßig vorgegebene Schuldenbremse einhalte.

Die „Rahmenbedingungen“ und die „taktische Lage“ seien für das schwache Ergebnis der Liberalen verantwortlich, fügte Lindner hinzu. „Es war ausdrücklich nicht der Spitzenkandidat. Er hat eine herausragend gute Arbeit geleistet“, so Lindner.

Der Vorsitzende der Liberalen ergänzte, dass man „sehr sorgfältig mit den Konsequenzen aus diesem Wahlergebnis umgehen“ und „gemeinsam die richtigen Lehren ziehen“ müsse. Auffällig sei etwa, dass die SPD in Brandenburg in vielen Fragen, wie etwa der Einwanderung und dem Bürgergeld, einen „ganz anderen Kurs“ verfolge als die SPD auf der Bundesebene. Und die Grünen müssten für sich realisieren, dass sie mit ihrer politischen Haltung ebenfalls stark verloren hätten.

Livestream: FDP-Pressekonferenz mit Christian Lindner und Zyon Braun

Chrupalla kündigt Entscheidung über AfD-Kanzlerkandidatur noch dieses Jahr an

AfD-Co-Chef Tino Chrupalla hat eine Entscheidung über eine mögliche Kanzlerkandidatur seiner Partei noch in diesem Jahr angekündigt. Diese Frage werde der AfD-Bundesvorstand „in den nächsten Wochen“ beraten und „dieses Jahr noch eine Entscheidung“ treffen, sagte Chrupalla am Montag bei einer Pressekonferenz zur Analyse der Landtagswahl in Brandenburg. Nach den Zugewinnen bei den drei Landtagswahlen im Osten sowie der Europawahl im vergangenen Juni gehe die AfD mit „enormem Rückenwind“ in den Bundestagswahlkampf.

Chrupalla räumte personellen „Nachholbedarf“ der AfD ein. Es gehe nun darum, „Personen in den Vordergrund zu bringen, die auch beim Wähler große Unterstützung bekommen“, sagte er. Bei Kompetenz, Glaubwürdigkeit, Sachverstand, Empathie und Sympathie müsse seine Partei noch zulegen. Bei der Bundestagswahl wolle die AfD „in allen Altersgruppen weiter zulegen“ und besonders die „Attraktivität für Frauen“ steigern, sagte Chrupalla.

Livestream: AfD-Wahlnachlese

Die AfD mit Sperrminorität

Der AfD gelang es, eine Sperrminorität zu gewinnen – zum zweiten Mal nach ihrem Erfolg in Thüringen vor drei Wochen. Sie hat mit 30 von 88 Sitzen künftig mehr als ein Drittel der Mandate und kann somit Entscheidungen verhindern, für die es eine Zweidrittelmehrheit braucht.

Das gilt zum Beispiel für die Wahl von Verfassungsrichtern und auch Verfassungsänderungen. Damit hat die AfD erheblichen Einfluss, obwohl keine andere Partei mit ihr regieren will.

Woidke erreichte mit seiner SPD 30,9 Prozent der Stimmen, die AfD schnitt mit 29,2 Prozent ebenfalls stark ab. Auf Platz drei landete das erst vor wenigen Monaten gegründete BSW mit 13,5 Prozent vor der CDU mit 12,1 Prozent. Das sind die vier Parteien im Parlament.

Grüne, Linke und Freie Wähler scheiterten an der Fünf-Prozent-Hürde und sind raus aus dem Potsdamer Landtag. Die FDP war dort schon bisher nicht vertreten und erreichte jetzt nur noch 0,8 Prozent.

Jugend: Die AfD sieht sich als Kraft der Zukunft

Weil die AfD bei jungen Leuten mehr Stimmen holte als die anderen Parteien, sieht sie sich selbst als Kraft der Zukunft, wie es Spitzenkandidat Hans-Christoph Berndt formulierte.

Die Partei kam nach einer Analyse der Forschungsgruppe Wahlen bei den unter 30-Jährigen auf 30 Prozent der Stimmen. Die SPD hatte in dieser Altersklasse nur einen Anteil von 21 Prozent, war dafür aber bei der Generation 60 Plus besonders stark.

Politologe Faas rät dazu, diesen hohen Anteil junger AfD-Wähler „sehr ernst zu nehmen“. Allerdings zeige sich im Wahlverhalten junger Leute auch, dass sie oft nach allen Richtungen offen seien. Die Gleichsetzung der AfD mit einer Partei der Zukunft halte er für sehr übertrieben, sagte Faas, der an der Freien Universität Berlin lehrt.

Die Rechtsextremismus-Forscherin Heike Radvan von der Universität Cottbus-Senftenberg betonte: „Wir brauchen mehr politische Bildung.“ Jugendliche hätten oft noch kein gefestigtes rechtes Weltbild. Doch müsse mehr über die deutsche Geschichte aufgeklärt werden, auch der Kampf gegen Falschinformationen sei wichtig. Dass die AfD nur Nummer zwei geworden sei, sei „kein Grund zur Entwarnung“, sondern eine große Herausforderung.

Desaster für zwei von drei Ampel-Parteien

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), derzeit auf Dienstreise in New York bei den Vereinten Nationen, hatte eigentlich angekündigt, sich erst heute Nachmittag zum Wahlergebnis zu äußern.

Nach dem Erfolg seines Parteikollegen Woidke sagte Scholz aber doch schon etwas: „Ist doch super, dass wir gewonnen haben.“ Und weiter: „Ich habe es gespürt, dass da was passiert.“

Woidke hatte im Wahlkampf ausdrücklich auf Scholz‘ Unterstützung verzichtet, von der in Umfragen bei Wählern sehr unbeliebten Ampel versprach er sich wohl wenig Rückenwind.

Nach der Wahl stärkte Woidke seinem Parteikollegen aber den Rücken: „Der Bundeskanzler ist gesetzt als Kanzlerkandidat“, sagte der Ministerpräsident in der ARD.

Mit Material von Agenturen



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