Brandenburg: Dietmar Woidke im zweiten Wahlgang zum Ministerpräsidenten gewählt
Der Sozialdemokrat Dr. Dietmar Woidke ist am Vormittag des 11. Dezember 2024 erneut zum Ministerpräsidenten von Brandenburg gewählt worden. Der 63-Jährige gebürtige Naundorfer mit Wohnsitz in Forst (Lausitz) kann nun fünf weitere Jahre regieren – dieses Mal als Chef einer Koalition aus SPD und BSW. Es handelt sich um das deutschlandweit erste rot-lilafarbene Bündnis überhaupt.
In geheimer Abstimmung votierten überraschend 50 der 87 anwesenden Abgeordneten im Potsdamer Landtag für den alten und neuen Ministerpräsidenten – allerdings erst im zweiten Wahlgang. Der AfD-Abgeordnete Erik Pardeik war als einziges Mitglied des Landtags nicht anwesend.
Denkzettel im ersten Wahlgang
Im ersten Wahlgang hatte Woidke lediglich 43 Stimmen erhalten. Für eine Mehrheit nötig gewesen wären 45. Zwei Abgeordnete hatten sich enthalten, zwei weitere Stimmen waren ungültig abgegeben worden.
Schon Tage zuvor hatte der BSW-Abgeordnete Sven Hornauf angekündigt, Woidke seine Stimme zu versagen – aus Protest gegen die Stationierung des Raketenabwehrsystems Arrow 3 auf brandenburgischem Boden. Da die Wahl gemäß Artikel 83 (1) der Landesverfassung Brandenburgs (PDF) geheim stattfand, kann über die drei übrigen Abweichler des ersten Wahldurchgangs nur spekuliert werden.
Unklar ist auch, wer jene fünf Abgeordneten waren, die Woidke aus den Reihen der Opposition schließlich zu einer stabilen Mehrheit im zweiten Wahldurchgang verholfen hatten.
Das Kabinett Woidke IV
Im Anschluss an seine Wahl wird Woidke die Mitglieder seines Regierungskabinetts ernennen. Die neuen Minister Katrin Lange, Britta Müller, Robert Crumbach, Daniel Keller, Benjamin Grimm und Detlef Tabbert sollen danach von der Landtagspräsidentin Ulrike Liedtke (SPD) vereidigt werden.
Die Vereidigung der künftigen Agrar- und Umweltministerium Hanka Mittelstädt soll erst dann stattfinden, wenn sie ihren privaten Legehennen-Betrieb in andere Hände abgegeben hat. Paragraf 5c des Ministergesetzes des Landes Brandenburg erlaubt den Mitgliedern der Landesregierung nämlich keine Erwerbstätigkeit nebenbei.
Das neue Kabinett sieht nach Angaben der „Märkischen Oder Zeitung“ wie folgt aus:
- Ministerpräsident: Dietmar Woidke (SPD)
- Innenministerin: Katrin Lange (SPD), bisher Finanzministerin
- Wirtschaftsminister: Daniel Keller (SPD), bisher Landtagsfraktionschef
- Europa- und Finanzminister: Robert Crumbach (BSW), Landesparteivorsitzender
- Ministerin für Gesundheit und Soziales: Britta Müller (BSW), die frühere gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion
- Agrarministerin: Hanka Mittelstädt (SPD), Landtagsabgeordnete
- Justizminister: Benjamin Grimm (SPD), bisher Staatssekretär in der Staatskanzlei
- Verkehrs- und Infrastrukturminister: Detlef Tabbert (BSW), Bürgermeister von Templin
Ihre alten Funktionen im neuen Regierungskabinett behalten:
- Bildungsminister: Steffen Freiberg (SPD)
- Wissenschaftsministerin: Manja Schüle (SPD)
- Chefin der Staatskanzlei: Kathrin Schneider (SPD)
Umfrage „BrandenburgTrend“: Bürger blicken mit Skepsis auf Rot-Lila
Nach einer aktuellen Erhebung des „BrandenburgTrends“ von Infratest dimap, die im Auftrag des Rundfunks Berlin-Brandenburg (rbb) durchgeführt wurde, wäre die AfD stärkste Kraft im Landtag: Wenn am kommenden Sonntag erneut gewählt würde, käme die Partei um Hans-Christoph Berndt mit einem Plus von 0,8 Prozent im Vergleich zum Wahltag auf 30 Prozent der Stimmen. Doch mit der AfD würde ohnehin niemand koalieren wollen.
Die SPD verlöre beinahe drei Prozentpunkte und würde mit 28 Prozent nur noch auf Platz zwei landen. Auch das BSW würde 1,5 Prozentpunkte einbüßen und käme auf nur noch 12 Prozent. Die CDU würde fast drei Punkte mehr holen und kämen auf 15 Prozent. Ein Plus von 0,9 Prozent würde den Wiedereinzug der Grünen in den Plenarsaal bedeuten. Somit läge das alte Bündnis aus SPD, CDU und Grünen mit zusammen 48 Prozent wieder deutlich vor der nun beschlossenen Koalition (40 Prozent).
Im Werturteil der Brandenburger Befragten befanden auch nur noch 30 Prozent das neue rot-lilafarbene (Brombeere) Bündnis für gut oder sehr gut. 61 Prozent waren überzeugt, dass SPD und BSW weniger gut oder sogar schlecht für das Land sein werden. Selbst unter den Wählern der SPD hatten nur 44 Prozent angegeben, zufrieden mit dem neuen Farbenspiel zu sein. Unter den BSW-Anhängern fanden es allerdings 81 Prozent gut, dass ihre junge Partei so schnell Regierungsverantwortung übernehmen würde.
Woidke seit 2013 Ministerpräsident
Der studierte Agraringenieur Woidke hatte die Regierungsgeschäfte Brandenburgs erstmals am 28. August 2013 übernommen, nachdem sein Vorgänger Matthias Platzeck (SPD) aus gesundheitlichen Gründen ein gutes Jahr vor der Zeit zurückgetreten war. Woidke übernahm den Ministerpräsidentenposten in der bereits bestehenden Koalition aus SPD und Linken. Zuvor war er Innenminister gewesen.
Nach der nächsten regulären Landtagswahl wurde Woidke am 5. November 2014 im Amt bestätigt, SPD und Linke blieben weiter zusammen. Dieser ersten vollen Legislatur als Ministerpräsident folgte am 20. November 2019 ein drittes Kabinett Woidke. Zur Regierung war für die SPD dieses Mal allerdings die Zusammenarbeit mit der CDU und den Grünen nötig.
Neuer Anlauf mit dem BSW
Aus der jüngsten Landtagswahl vom 22. September 2024 war Woidkes SPD erneut als Sieger hervorgegangen. Die Sozialdemokraten hatten es dank vieler Wechselwähler auf 30,89 Prozent der Stimmen gebracht. Für den Fall, dass die AfD (29,23 Prozent) stärkste Kraft geworden wäre, hatte Woidke seinen Rücktritt angekündigt. Der neue Koalitionspartner, das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW), war aus dem Stand mit 13,48 Prozent in den Landtag eingezogen.
Woidkes alte Partner CDU und Grüne erlebten dagegen einen Absturz: Die Grünen flogen mit 4,13 Prozent aus dem Landtag, die CDU erreichten mit 10,12 Prozent ihr schlechtestes Ergebnis in ihrer Brandenburger Landtagsgeschichte.
In den Wochen danach gelang es Woidke, einen Koalitionsvertrag mit dem BSW auszuhandeln. Am Mittwoch, 27. November 2024, stellten Woidke und BSW-Landeschef Robert Crumbach in Potsdam ihren Koalitionsvertrag vor. Bei einer Enthaltung gaben die Delegierten des SPD-Landesparteitags am 6. Dezember dafür grünes Licht. Die BSW-Delegierten hatten kurz zuvor auf ihrem eigenen Parteitag geschlossen für ein rot-lilafarbenes Bündnis gestimmt.
Der Koalitionsvertrag wurde am Dienstag, 10. Dezember, offiziell unterzeichnet.
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