Brandenburg: CDU geht im Wahlkampf die Luft aus – Kretschmer wirbt für SPD-Mann
Am 22. September finden in Brandenburg die letzten Landtagswahlen dieses Jahres statt und anders als in Sachsen und Thüringen kann die SPD dort auf den Ministerpräsidentenbonus hoffen.
Eine unerwartete Wahlempfehlung hat Amtsinhaber Dietmar Woidke nun aus dem benachbarten Freistaat Sachsen erhalten. In der FAZ hat der dortige CDU-Ministerpräsident Michael Kretschmer am Donnerstag, 12.9., dazu aufgerufen, Woidke die Stimme zu geben.
SPD hofft noch auf ersten Platz in Brandenburg
Kretschmer begründet die Wahlempfehlung mit dem Bestreben, zu verhindern, dass die AfD – wie bereits zuvor in Thüringen – in Brandenburg stimmenstärkste Kraft im Landtag wird. In Sachsen konnte der Ministerpräsident diese knapp auf Distanz halten. Kretschmer hatte sich gegenüber der FAZ im Rahmen eines Doppelinterviews mit ihm und Woidke geäußert, das er selbst im Vorfeld vorgeschlagen hatte.
Der jüngsten Umfrage der Forschungsgruppe Wahlen zufolge liegt die AfD mit ihrem Spitzenkandidaten Hans-Christoph Berndt bei 29 Prozent. Gegenüber dem Ergebnis von 2019 wäre das ein Plus von 5,5 Prozent. Damaliger Spitzenkandidat war der später ausgeschlossene Andreas Kalbitz.
Der Landesverband der AfD in Brandenburg wird vom Landesamt für Verfassungsschutz seit Mitte Juni 2020 als Verdachtsfall im Bereich des Rechtsextremismus eingestuft. Spitzenkandidat Berndt erregte jüngst durch seine Forderung Aufsehen, Asylbewerbern ebenso wie Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine pauschal den Zutritt zu Volksfesten zu verwehren.
Woidke in der Bevölkerung deutlich beliebter als seine Herausforderer
Eine Woche vor der Wahl liegt die SPD von Dietmar Woidke mit 26 Prozent auf Platz 2. Dies entspricht in etwa dem Ergebnis von 26,2 Prozent vor fünf Jahren – was das bis dahin schlechteste Resultat der Partei markierte, die seit 1990 ununterbrochen den Ministerpräsidenten stellte.
Woidke hatte im Wahlkampffinish angekündigt, im Falle eines zweiten Platzes bei den Landtagswahlen nicht mehr für eine weitere Amtszeit als Ministerpräsident zur Verfügung zu stehen. Dabei liegt Woidke mit seinen Beliebtheitswerten deutlich vor den Herausforderern aus AfD und CDU.
In den vergangenen Wochen haben Demoskopen einen Trend wahrgenommen, der darauf hindeutet, dass sich der Wunsch der Bürger in Brandenburg, Woidke als Regierungschef zu behalten, auch in Wählerstimmen niederschlagen könnte.
Kein Rückenwind für Merz durch das CDU-Ergebnis zu erwarten
Die SPD sieht nun ihre Chance gekommen, jenen Achtungserfolg zu erzielen, den sie ein Jahr vor der Bundestagswahl dringend gebrauchen kann. Woidke ist zuletzt auch auf Distanz zur Bundespolitik gegangen. Es wird im Wahlkampf in Brandenburg keine gemeinsamen Termine mit Bundeskanzler Olaf Scholz geben.
Inhaltlich hat sich der Ministerpräsident für Restriktionen beim Bürgergeld für Ukraine-Flüchtlinge und für eine restriktive Asylpolitik ausgesprochen. Gleichzeitig profitiert er von der notorischen Schwäche der CDU in seinem Bundesland.
Für CDU-Parteichef Friedrich Merz kommt der absehbare Dämpfer zur Unzeit. Noch im September wollte die Union die Frage nach dem Kanzlerkandidaten für 2025 klären. Eine Schlappe in Brandenburg würde auch die Ambitionen von Merz infrage stellen. Immerhin hatte jüngst Bayerns Ministerpräsident Markus Söder Andeutungen gemacht, ebenfalls zur Verfügung zu stehen.
Grüne in Brandenburg auf der Kippe
Zwar dürften sich die Verluste der Partei in Brandenburg in Grenzen halten, da diese mit 15,6 Prozent bereits 2019 ein schlechtes Ergebnis erzielt hatte. Derzeit liegt sie bei 15 Prozent. INSA hatte die CDU im August allerdings noch bei 19 Prozent gesehen.
Mittlerweile muss die Union jedoch befürchten, auf Landesebene am Ende vielleicht hinter dem Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) zu landen. Dieses kann der Forschungsgruppe Wahlen zufolge aus dem Stand mit 14 Prozent der Stimmen rechnen.
Es ist auch ungewiss, ob die derzeit in Potsdam regierende Koalition aus SPD, CDU und Grünen weiter regieren kann. Die Grünen, die 2019 in Brandenburg noch 10,8 Prozent erzielt hatten, liegen nur noch bei fünf Prozent. Ihr Verbleib im Landtag ist gefährdet – zumal einige Wähler noch in Richtung SPD abwandern könnten, um einen ersten Platz der AfD zu verhindern.
Linken-Hoffnung Kerstin Kaiser könnte das Schicksal der Kenia-Koalition besiegeln
BVB/Freie Wähler und die Linkspartei liegen bei jeweils drei Prozent. Péter Vida könnte jedoch das BVB-Direktmandat im Wahlkreis Barnim II verteidigen. Die Linke setzt ihre Hoffnungen auf ein mögliches Direktmandat der früheren Fraktionschefin Kerstin Kaiser in Märkisch-Oderland II (Strausberg). Kaiser hatte diesen Stimmkreis bereits dreimal gewonnen.
Wenn nur eine der beiden Parteien ihre Präsenz im Landtag durch ein Direktmandat sichern kann, wird es voraussichtlich keine Mehrheit mehr für ein Regierungsbündnis mit den Grünen geben. Die FDP liegt in der Umfrage der Forschungsgruppe Wahlen bei 0,8 Prozent.
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