Blackout: Wie sind Berliner Polizei und Feuerwehr darauf vorbereitet?
Die Bundesnetzagentur hielt im September einen großflächigen, langanhaltenden Blackout im Winter weiterhin für äußerst unwahrscheinlich. Trotzdem könne man einen solchen Blackout nicht vollständig ausschließen, so ein Sprecher damals gegenüber dem ZDF.
Die EU-Kommission hingegen befürchtet durchaus Blackouts im Winter. Aufgrund des Ukraine-Krieges und der Energiekrise hält die EU-Kommission Stromausfälle und andere Notlagen innerhalb der EU für möglich. „Es ist gut möglich, dass Katastrophenhilfe auch innerhalb der EU nötig wird“, so Janez Lenarcic, EU-Kommissar für humanitäre Hilfe und Krisenschutz Anfang Oktober gegenüber RND. Eine einseitige, nichtfossile Energiegewinnung als mögliche Ursache wurde nicht benannt.
Die DDR durchlebte einen Blackout
Der Berliner Senat hingegen hält die Wahrscheinlichkeit eines „Blackouts“ im Sinne eines großflächigen, langanhaltenden Stromausfalls – ebenso wie die Bundesnetzagentur – über mehrere Tage für gering, wie im Oktober bekannt gegeben wurde. „Einen solchen Blackout hat es in Deutschland noch nicht gegeben.“ In Bezug auf die BRD ist das richtig. Zählt man die DDR hinzu, stimmt dies so nicht mehr. Anfang 1979 kam es zu einem schwerwiegenden Blackout in der DDR. Erst nach Tagen konnte damals die komplette Stromversorgung wiederhergestellt werden.
Damals waren es fehlende Maßnahmepläne für ein flexibles Krisenmanagement, der Mangel an Lagerkapazitäten und Werkzeug sowie die einseitige Abhängigkeit der DDR-Energieversorgung von der Braunkohle, die zusammen mit einer massiven Kältewelle den Blackout auslösten. Nach milden Weihnachtstagen stürzten damals zum Jahreswechsel die Temperaturen von plus 10 Grad auf minus 20 Grad Celsius ab und es begann tagelang zu schneien.
Die Oberleitungen brachen schließlich unter der Schneelast zusammen. Gleichzeitig fror die noch feuchte Braunkohle im Tagebau und in den Zügen ein. Ein Braunkohle-Kraftwerk nach dem anderen musste aufgrund fehlenden Brennmaterials „abgeschaltet“ werden. Die drei Thüringer Bezirke – Erfurt, Gera, Suhl – wurden vom Netz getrennt, um das Stromnetz der DDR zu retten. Thüringen wurde erst nach Tagen wieder zugeschaltet. Mit Steinkohle aus dem Westen wurde die Stromversorgung schließlich wieder gesichert. Nur langsam erholte sich die DDR von diesem Blackout.
Moderne Abhängigkeiten
Wie sieht es nun in Deutschlands Hauptstadt aus? Wie hat man sich vorbereitet, um in einer modernen, hoch technisierten Gesellschaft die Infrastrukturen wie sichere Energietransportnetze, funktionierende Wasserversorgung, leistungsfähige Verkehrswege sowie eine nutzbare Informations- und Telekommunikationstechnik aufrecht zu halten? Dies wollte die AfD-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus in einer Anfrage vom Senat wissen.
„Aufgrund der nahezu vollständigen Durchdringung der Lebens- und Arbeitswelt mit elektrisch betriebenen Geräten würden sich die Folgen eines langandauernden und großflächigen Stromausfalls zu einer Schadenslage von besonderer Qualität summieren“, merkt die Oppositionspartei im Vorwort an.
Aus ihrer Sicht würde sich die Polizei im Falle eines Blackouts mit Einbrüchen, Vandalismus und gegebenenfalls Plünderungen konfrontiert sehen. Sie müsste weiter dafür sorgen, dass angeordnete Sperrungen oder Fahrverbote eingehalten würden.
Für die Feuerwehr wäre im Falle eines Blackouts die öffentliche Sicherheit durch den Ausfall von Feuer- und Rauchmeldern beeinträchtigt, wodurch Brandherde möglicherweise länger unentdeckt blieben. Auch könne durch eine Überlastung der Telefonnetze oder dem Ausfall der Kommunikationssysteme eine Alarmierung der Feuerwehr länger dauern. Dadurch wäre das Eintreffen nur verzögert möglich, was die Bekämpfung von Bränden und anderen Notlagen schwieriger mache. Auch der Zugang zu Löschwasser wäre aufgrund eines Blackouts durch den Wegfall eines Normalbetriebs bei der Wasserversorgung erschwert.
Notstrom für die Polizei
Laut Senat wäre auch im Fall eines Blackouts die Arbeits- und Funktionsfähigkeit der Polizei Berlin durch eine Notstromversorgung in Form von festinstallierten oder mobilen Notstromaggregaten in den einzelnen Liegenschaften gewährleistet. „Die konkrete Laufzeit eines jeden Aggregates ist nicht genau bezifferbar, da die Laufzeit abhängig von der tatsächlichen Lastabnahme ist.“
Die Lieferung von Heizöl und Diesel zur Betankung der Notstromersatzaggregate erfolge über ein Sammelbestellverfahren des Landes Berlin, heißt es weiter. „Eine eingelagerte Bevorratung von Treibstoff erfolgt bei der Polizei Berlin nicht.“ Das Gleiche gilt für die Versorgung der Berliner Feuerwehr.
Was die Kommunikation während eines möglichen Blackouts betrifft, so sei die Kommunikation mit Digitalfunk (Fahrzeugfunk und Leitstellenanbindung) für Polizei und Feuerwehr sichergestellt. „Bei einer regelmäßigen Betankung der Notstromaggregate, welche die Digitalfunkinfrastruktur und Notrufannahme versorgen, kann die Kommunikation aufrechterhalten werden.“
Um weiter Polizeiaufgaben angemessen ausüben zu können, ist Mobilität ein entscheidender Faktor. Laut Senat betreibt die Berliner Polizei insgesamt acht polizeieigene, mit Notstrom versorgte Tankstellen, davon fünf für Straßen- und drei für Wasserfahrzeuge. Deren Belieferung erfolge durch einen externen Dienstleister über einen Liefervertrag der Berliner Immobilienmanagement GmbH (BIM GmbH). „Über den in den Tankstellen eingelagerten Treibstoff hinaus findet keine zusätzliche Bevorratung statt“, heißt es weiter.
Berliner Feuerwehr auf Blackouts vorbereitet?
Die Berliner Feuerwehr verfüge derzeit über 44 Notstromaggregate (NSA). Davon seien acht NSA ortsfest und 36 ortsveränderlich, erklärt der Senat. „Alle 35 Berufsfeuerwachen und vier Freiwillige Feuerwehren sind gegenwärtig mit Notstromaggregaten ausgestattet.“ Darüber hinaus seien weitere NSA für die Einsatzsteuerung (Leitstelle), für den Zentralen Service (Technik und Logistik) und für die Berliner-Feuerwehr- und Rettungsdienst-Akademie (BFRA) in Vorhaltung beziehungsweise Betriebsbereitschaft. Grundsätzlich seien alle NSA auf eine bis zu 72-stündige, ununterbrochene Notstromversorgung ausgerichtet. „Dafür sind an verschiedenen Standorten zur Versorgung zusätzliche Kraftstoffcontainer bereitgestellt“, heißt es.
Eine erforderliche Nachbetankung bei den ortsfesten NSA würde durch einen Dienstleister der BIM GmbH sichergestellt. Die Nachbetankung der ortsveränderlichen Anlagen würde über vertragsgebundene öffentliche Kraftstoffanbieter durchgeführt.
Die Versorgung der Fahrzeugflotte der Berliner Feuerwehr erfolge über einen entsprechenden Rahmenvertrag. Auch hier schreibt der Senat: „Eine Bevorratung mit Treibstoff in Form eines separaten Tanklagers oder eigene Tankstellen bei der Berliner Feuerwehr gibt es nicht.“
Was die Trinkwasserversorgung – und damit auch die Versorgung mit Löschwasser – aus dem öffentlichen Netz betrifft, bleibe sie nach Aussage der Wasserbetriebe bei einem großflächigen Stromausfall grundsätzlich erhalten. Die Pumpwerke der Wasser- und Abwasserstationen würden durch die Wasserbetriebe selbst mit Notstrom versorgt und könnten daher mit reduziertem Druck weiter Wasser zur Verfügung stellen.
Wie bei der Polizei hätten die Wasserbetriebe auch bei der Feuerwehr die Möglichkeit, Trinkwasser in Behältern zu liefern. „Die Berliner Polizei und Feuerwehr selbst können zudem Trinkwasser in Flaschen für die Einsatzkräfte zur Verfügung stellen.“
Die Möglichkeit einer Löschwasserentnahme aus öffentlichen Gewässern wie Flüssen, Kanälen oder Seen bestehe, sei aber mit erheblich zusätzlichem Personal- und Materialeinsatz verbunden. Darüber hinaus könne Löschwasser aus privaten Zisternen oder Löschbrunnen entnommen werden.
Ausfall des Mobilfunknetzes nicht betriebsgefährdend
Bei Störungen und Ausfall des Mobilfunknetzes sei die Kommunikationsfähigkeit der Berliner Feuerwehr eingeschränkt, jedoch nicht betriebsgefährdend, so die Senatsinnenverwaltung.
Die generelle Möglichkeit zur Absetzung von Notrufen durch die Bevölkerung kann die Berliner Feuerwehr allerdings nicht beeinflussen. Dies gilt sowohl für das Mobilfunk- als auch das Festnetz. „Die Zuständigkeit der Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit der entsprechenden Netze liegt bei den konkreten Netzbetreibern.“
Für den Fall, dass bei einem länger andauernden Stromausfall Notrufe weder über Festnetz noch über Mobilfunk abgesetzt werden können, stünden sämtliche Polizei- und Feuerwehrdienststellen, die Einsatzkräfte von Polizei und Feuerwehr in den Fahrzeugen sowie die „Katastrophenschutz-Leuchttürme“ in den Berliner Bezirken als Anlaufstellen zur Verfügung.
Was umgekehrt die Möglichkeiten, die Bevölkerung zu informieren betrifft, so stehen dem Senat, den Bezirken und der Polizei sowie der Feuerwehr verschieden Kommunikationsmittel zur Verfügung.
Solange das Mobilfunknetz funktionsfähig sei, stünden der Bevölkerung die Warn-Apps NINA und KATWARN auf allen Smartphones zur Verfügung. Ab Ende Februar 2023 solle außerdem bundesweit die Benachrichtigung von allen in einer Mobilfunkzelle eingebuchten Mobilfunktelefone per Cell-Broadcast als zusätzlicher Warnkanal in den Echtzeitbetrieb gehen.
Darüber hinaus könne die Bevölkerung beispielsweise über UKW-Radiosender (Transistorradio), Lautsprecherwagen, mobile Lautsprechersysteme oder über Aushänge informiert werden, erklärt der Berliner Senat weiter. In einigen Bezirken wären dazu mobile Lautsprechersysteme vorhanden. „In der täglichen Praxis wird bei Einsatzlagen die konkret betroffene Bevölkerung immer auch durch Einsatzkräfte vor Ort informiert beziehungsweise angewiesen.“
Bezirk richtet im Notfall Anlaufstellen ein
Zuständig für die Einrichtungen von Anlaufstellen für die Bevölkerung im Katastrophenfall wären die Bezirke, die auch für Maßnahmen zur Katastrophenvorsorge und Gefahrenabwehr verantwortlich wären. Sie wären eingebunden in das Konzept der sogenannten „Katastrophenschutz-Leuchttürme“ mit seiner landesweit einheitlichen Struktur.
Ziel sei es, dass die Bezirke an „bezirksbekannten“ Orten Anlaufstellen einrichten. Hier könnten die Bürger bei Ausfall anderer Kommunikationsmöglichkeiten Informationen zur jeweiligen Lage und zu möglichen Hilfsangeboten erhalten und Notfallmeldungen (Feuerwehr/ Polizei) sowie Hilfegesuche abgeben. Bestandteil des landesweiten Konzepts wären außerdem ehrenamtlich betriebene Informationspunkte in den Stadtteilen, wie zum Beispiel in Nachbarschaftszentren.
Das Hilfeleistungssystem umfasse die Gefahrenabwehrbehörden der Polizei und Feuerwehr in Berlin, führt der Senat aus. Darüber hinaus würden die Gefahrenabwehrbehörden des Landes durch die Hilfsorganisationen im Katastrophenschutz mit ihren ehrenamtlichen Helfern unterstützt. Zusätzlich könnten insbesondere das Technische Hilfswerk oder Kräfte der Bundespolizei herangezogen werden. „Bei Bedarf kann eine Amtshilfe der Bundeswehr in Betracht kommen.“
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