Bis zu 10 Milliarden Euro Verlust jährlich: Harter Brexit wird teuer
Die Deutschen müssten bei einem harten Brexit einer Studie zufolge Einkommensverluste von bis zu zehn Milliarden Euro jährlich hinnehmen. Pro Kopf und Jahr würde das Bruttoinlandsprodukt damit um 115 Euro sinken, wie eine am Donnerstag veröffentlichte Untersuchung der Bertelsmann-Stiftung ergab. Nur Großbritannien selbst hätte demnach durch einen ungeregelten EU-Austritt höhere Verluste als die Bundesrepublik.
Das liegt an der geographischen Nähe und den zahlreichen Verschränkungen der exportorientierten deutschen Wirtschaft mit Großbritannien. Am stärksten betroffen wäre aber das Vereinigte Königreich selbst: Die Briten würden durch einen harten Brexit pro Jahr 57 Milliarden Euro einbüßen – rund 900 Euro pro Einwohner. Besonders London und den kontinentalnahen Regionen in Südengland könnte das massive Einkommensrückgänge bescheren.
Doch auch Frankreich und Italien müssten durch einen harten Brexit mit fast acht beziehungsweise vier Milliarden Euro hohe Verluste schultern. Das an Großbritannien grenzende Irland wäre mit 720 Euro Verlust pro Kopf ebenfalls stark betroffen.
Ursachen: Neue Zölle, Preisaufschläge
Die Einbußen gründen sich auf mehrere Faktoren: Einerseits würden Waren und Dienstleistungen bei einem ungeregelten EU-Austritt Großbritanniens durch neue Zölle im Binnenmarkt teurer. Andererseits hätte ein schwächerer Handel mit Großbritannien ebenfalls Preisaufschläge zur Folge, weil in vielen europäischen Branchen dann ein schwächerer Wettbewerb herrschen könnte.
Anreize für neue Investitionen und Innovationen fielen, worunter schließlich die Produktivität der Unternehmen litte – eine gedämpfte Lohnentwicklung wäre die Folge.
Bei einem weichen Brexit würden die Einkommensverluste deutlich geringer ausfallen, in Deutschland könnten sie sich laut der Bertelsmann-Studie auf fünf Milliarden Euro halbieren. In Großbritannien fielen die Einbußen auf 32 Milliarden Euro, in ganz Europa sänken die Einbußen von 40 Milliarden auf 22 Milliarden Euro.
Einige Länder außerhalb Europas könnten nach Angaben der Forscher sogar vom Brexit profitieren. Dazu zählten besonders die USA und China, in geringerem Umfang auch Russland. Das liegt daran, dass ein Brexit negative Auswirkungen auf europäische Wertschöpfungsketten hätte. „Dadurch würde der Handel innerhalb Europas teurer und die Wirtschaftsbeziehungen mit dem Rest der Welt attraktiver“, erklärte Dominic Ponattu, der die Studie mit verfasst hat.
Bei ihren Berechnungen verwendeten die Forscher ein regional-ökonomisches Gravitationsmodell, das Marktgröße und Entfernung von Handelspartnern berücksichtig. Zugrunde liegen aktuelle Daten über internationale Handelsströme, aus denen sich Rückschlüsse auf Produktivität, Preisaufschläge und Einkommensänderungen ziehen lassen. (afp)
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