Bis heute „schwer geblieben“: Scholz räumt Schwächen der Ampelkoalition ein
In allen 16 Bundesländern will Bundeskanzler Olaf Scholz bis zum Ende seiner Amtszeit mindestens einen persönlichen Bürgerdialog abgehalten haben. Am Montag, 19. August, war Bremen an der Reihe, und aus dem Mund des Regierungschefs kamen selbstkritische Worte über die Ampelkoalition.
„Schwer genug“: Scholz über die Unwägbarkeiten in der Ampelkoalition
Die Ampel zu bilden, sei „schwer genug“ gewesen, und es sei bis heute „schwer geblieben“, äußerte der Kanzler auf die Frage, warum so vieles holprig in der Umsetzung vonstattengehe. Früher hätten eine große und eine kleine Partei für eine Regierungsbildung ausgereicht. Viele Dinge seien von vornherein ausdiskutiert und ausgehandelt gewesen. Dies sei heute im Angesicht einer zersplitterten Parteienlandschaft nicht mehr der Fall.
Scholz betonte im Rahmen des 90-minütigen Bürgergesprächs, die Ampel habe „viel mehr Weichen in Richtung Modernisierung“ gestellt als frühere Koalitionen. Dies gehe jedoch unter, weil die Diskussionsprozesse in Erinnerung blieben und nicht das Ergebnis. Tatsächlich habe die Koalition Leistungen vorzuweisen, wie das Bürokratieentlastungsgesetz. Es würden mehr Stromleitungen als je zuvor gebaut und auch bei der Digitalisierung komme man voran.
Ausdiskutiert würden die Themen immer erst im Koalitionsausschuss, gab Scholz zu bedenken. Dabei müssten mögliche Kompromisse bereits an den Stammtischen angesprochen werden. In Summe, so der Kanzler, erhöhe die Situation die Anforderungen an „gutes Regieren und – das sage ich jetzt auch unter Ausübung meiner Richtlinienkompetenz – gutes Benehmen“.
Für Grüne ist Ampel nur noch „Übergangskoalition“
Erst jüngst hat eine von der FDP angestoßene Debatte über das Bürgergeld erneut Unruhe in die Koalition gebracht. Die Liberalen präsentierten eine Rechnung, wonach die Dynamik der Anpassung der Grundsicherung über jene der Inflation hinausgegangen sei.
Das Bürgergeld sei monatlich zwischen 14 und 20 Euro zu hoch, so die Rechnung. Zudem hält Bundesjustizminister Marco Buschmann es für verfassungsrechtlich vertretbar, eine Senkung der Regelsätze durch eine veränderte Gesetzgebung möglich zu machen. SPD-Fraktionsvize Dagmar Schmidt stimmte dem zu, machte gleichzeitig aber deutlich, dass ihre Partei dafür nicht zur Verfügung stehe.
Grünen-Parteisprecher Omid Nouripour hatte die einst unter dem Banner der „Idee des Fortschritts“ angetretene Ampel jüngst nur noch als „Übergangskoalition“ bezeichnet. Diese sei unter dem Eindruck des Endes der Ära Merkel erforderlich gewesen. Mittlerweile sei es jedoch „offensichtlich, dass das Vertrauen an Grenzen gekommen ist“.
Kritik von Scholz an „ziemlich merkwürdiger Debatte“ über vorzeitige Rente
Kanzler Scholz ließ es sich jedoch auch selbst nicht nehmen, im Rahmen des Bürgerdialogs in Bremen einen Seitenhieb auf die FDP zu landen – ohne deren Namen zu nennen. Auf eine Frage nach dem Profil der Sozialdemokratie erklärte er, für ihn sei „Respekt für geleistete Arbeit“ wichtig. Deshalb könne er die „ziemlich merkwürdige Debatte“ über die Rente für besonders langjährig Versicherte nicht nachvollziehen.
Er kritisierte eine Situation, in der „Leute mit Hochschulabschluss“, die selbst nie auf 45 Beitragsjahre in der Rentenversicherung kämen, über die Ansprüche von Menschen diskutierten, die diese vorzuweisen hätten.
Mit Blick auf rechte Tendenzen äußerte Scholz, dass die Zeiten unsicher seien. Wenn dies der Fall sei, fühle die extreme Rechte, dass es „eine gute Zeit für Sumpfbildung“ sei. In weiterer Folge sei sie bemüht, Sündenböcke zu präsentieren. Dennoch seien die Gegner dieser Ideologie in der Mehrheit – unabhängig von dem Eindruck, den Stimmungsbilder in sozialen Medien erweckten.
An anderer Stelle äußerte Scholz auch, es sei nicht realistisch, dass es einen Ministerpräsidenten Björn Höcke in Thüringen geben werde. Es sei „schlimm, wenn jemand spricht wie ein Nazi“, aber man müsse „dafür sorgen, dass er damit nicht durchkommt“. Wer glaube, dass die Vergangenheit die Lösung sei, irre sich.
Ampel soll Anerkennung ausländischer Abschlüsse entbürokratisieren
Scholz mahnte trotz aller Probleme zur „Zuversicht, dass es besser wird“. Mit Blick auf die Migration äußerte er, Deutschland brauche auch in Zukunft Arbeitskräfte aus dem Ausland. Man werde sich jedoch „aussuchen, wer zu uns kommt“.
Es müsse sich noch herumsprechen, so der Kanzler, dass Asylsuchende mittlerweile bereits nach sechs Monaten das Recht hätten, zu arbeiten. Auch bei der Anerkennung ausländischer Abschlüsse gebe es noch einiges zu tun. Diese sei im Regelfall nicht schwierig. Grundsätzlich wolle man in Deutschland jedoch Dokumente sehen.
Die Bundesregierung arbeite jedoch an einer Entbürokratisierung – und wolle etwa 200 bestehende Bereiche von Anerkennungsverfahren auf 40 Gruppen konzentrieren sowie Prozesse beschleunigen.
Auf die Frage schwindender Sicherheit angesprochen, betonte der Kanzler, Intensivtäter müssten mit Priorität verfolgt werden. Sollte es sich um nichtdeutsche Staatsangehörige handeln, gäbe es nach Verbüßung ihrer Strafhaft „keinen Grund mehr, im Land zu bleiben“.
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