Biden kein Beispiel: Olaf Scholz möchte erneut als Kanzlerkandidat für die SPD antreten

Auf der traditionellen Sommer-Pressekonferenz äußerte sich Bundeskanzler Olaf Scholz zu aktuellen innen- und außenpolitischen Themen. Trotz der schlechten Umfragewerte seiner Partei betonte er seine Absicht, erneut als Kanzlerkandidat anzutreten.
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Auf der traditionellen Sommerpressekonferenz stand Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) der Hauptstadtpresse zur Innen- und Außenpolitik Rede und Antwort.Foto: Carsten Koall/Getty Images
Von 24. Juli 2024

Im politischen Berlin ist es seit Jahrzehnten eine gute Tradition: Nach der letzten Kabinettssitzung vor den Regierungsferien findet die traditionelle Sommerpressekonferenz mit dem Bundeskanzler statt. Organisiert wird diese Veranstaltung von der Bundespressekonferenz, in der rund 900 Journalisten organisiert sind, die regelmäßig über die Bundespolitik berichten. 

Wie seine Amtsvorgängerin Angela Merkel (CDU) beantwortet Olaf Scholz (SPD) bei dem traditionellen Termin im Sommer vor der Hauptstadtpresse jedes Jahr Fragen zur Innen- und Außenpolitik. Besonders in Erinnerung bleibt weiterhin Merkels Sommerpressekonferenz im August 2015: Damals sagte sie ihren berühmten Satz „Wir schaffen das“ im Hinblick auf die Flüchtlingskrise.

Ein Jahr vor der Bundestagswahl haben die Parteien der Ampel-Koalition erheblich an Zustimmung in den Umfragen eingebüßt. Differenzen, etwa über den Haushaltsplan für das kommende Jahr, haben in den vergangenen Monaten das Klima innerhalb der Koalition belastet. Außenpolitisch steht gegenwärtig die US-Präsidentschaftswahl nach dem Rückzug von Amtsinhaber Joe Biden sowie die zukünftige Unterstützung der Ukraine im Krieg gegen Russland im Mittelpunkt. Es gab also viele Themen, zu denen der Bundeskanzler heute Mittag Rede und Antwort stehen musste. Eineinhalb Stunden nahm sich Scholz Zeit – viel Zeit, allerdings am Ende mit wenig neuen Antworten. 

Kanzler sorgt am Anfang für Gelächter

Mit der ersten Antwort sorgte der Kanzler dann sofort für Gelächter im Saal. Scholz wird direkt gefragt, ob er dem Beispiel von Biden folgen will und ebenfalls nicht mehr antreten mag. „Danke für die überaus nette Frage“, erwidert Scholz und erntet dafür direkt erste Lacher. Er bekräftigt im Anschluss, erneut als Kanzlerkandidat anzutreten. 

Die SPD sei „eine sehr geschlossene Partei“ und ziehe in den Bundestagswahlkampf, um zu gewinnen, so Scholz. Er ließ dabei keinen Zweifel, dass er erneut Kanzlerkandidat sein werde: „Ich werde als Kanzler antreten, um erneut Kanzler zu werden.“ 

Mit Blick auf die kommende US-Präsidentschaftswahl, bei der die Demokraten aller Voraussicht nach mit Vizepräsidentin Kamala Harris anstelle von Jo Biden antreten werden, betonte Scholz, er halte es für „sehr gut möglich“, dass Harris die Wahl gewinnen könnte. Ungeachtet des Wahlergebnisses werde die Bundesregierung weiterhin „auf eine enge transatlantische Zusammenarbeit hinarbeiten“, wie es seit vielen Jahren Tradition ist.

Vor dem Hintergrund einer möglichen erneuten Präsidentschaft von Donald Trump ab Januar kommenden Jahres herrscht in der europäischen Politik Besorgnis über die Zukunft der transatlantischen Beziehungen. Das betrifft insbesondere die Unterstützung der USA innerhalb der NATO, die Trump mehrfach infrage gestellt oder an Bedingungen geknüpft hat.

Der Kanzler betonte jedoch, dass die US-europäische Zusammenarbeit nicht beendet werden würde. „Es wird weiterhin eine solche Zusammenarbeit geben, davon bin ich fest überzeugt“, so Scholz. Weiter verwies der deutsche Regierungschef auf die stark gestiegenen Verteidigungsausgaben Deutschlands, was eine der zentralen Forderungen Trumps an die europäischen Verbündeten der USA ist. 

Kanzler verteidigt Stationierung von Mittelstreckenraketen

Deutschland sei das „führende Land, wenn es um Sicherheit und Verteidigung in Europa geht“, betonte Scholz. Die Ausgabe von zwei Prozent aus dem Bruttohaushalt für Verteidigung sei für die Bundesregierung keine Ausnahme, sondern soll eine dauerhafte Ausgabe  sein, machte Scholz deutlich. Die Bundeswehr könne sich daher darauf verlassen, dass sie dauerhaft unterstützt wird. 

Weiter verteidigte der Bundeskanzler die geplante Verlegung von US-Tomahawk-Raketen nach Deutschland – auch gegen Kritik aus den eigenen Reihen. Man könne und müsse diese Frage von vielen Seiten beleuchten, aber am Ende bestehe im Kern die Notwendigkeit dafür, stellte Scholz klar.

Insgesamt verfüge die NATO bereits über eine „sehr umfassende Fähigkeit“, ihre Aufgaben wahrzunehmen, und tue auch mehr als zum Beispiel Russland für die Verteidigung. „Wir kommen aber jetzt in die Notwendigkeit, das neu auszurichten, neu aufzustellen, damit es der veränderten Bedrohungslage gerecht wird.“

Wenn er von einer „Zeitenwende“ spreche, gehe es darum, dass Russland die Verständigung gebrochen habe, dass zum Beispiel Grenzen mit Gewalt nicht verschoben werden. „Das bedeutet ja für uns alle, dass wir uns auf gar nichts verlassen können, sondern dass unsere eigene Kraft so groß sein muss, dass uns niemand angreift.“ Und deshalb werde man mit dem, was man habe, nicht auskommen, sondern müsse weitere Dinge tun.

Bundesregierung zielt auf Zwei-Staaten-Lösung

Der Bundeskanzler äußerte sich zur deutschen Sicht auf den Konflikt zwischen Israel und der Hamas im Gazastreifen. Deutschland unterstützt Israels Recht auf Selbstverteidigung nach dem Angriff der Hamas und betont die Notwendigkeit humanitärer Hilfe im Gazastreifen. Scholz bekräftigte, dass Deutschland für die Einhaltung des Völkerrechts durch alle Parteien eintritt und eine Zwei-Staaten-Lösung weiterhin als Ziel verfolgt. Kritik, dass die Bundesregierung Israel nicht genug für seine Kriegsführung verantwortlich mache, wies er zurück.

Ausweichend gab sich der Kanzler auf die Frage einer Journalistin im Kontext des Verbotes des Magazins „Compact“.  Die fragende Journalistin wies darauf hin, dass das Verbot des Magazins ja nicht aufgrund von Straftaten, sondern aufgrund einer extremen Meinung erfolgt sei. Deshalb stelle sich die Frage, ob extreme Meinungen in Zukunft in Deutschland nicht mehr erlaubt sei?

Bei der Frage nach „Compact“ weicht Scholz aus

Der Bundeskanzler betonte, dass die Pressefreiheit für ihn ein wichtiges Gut in der Demokratie sei. Es gebe aber auch verbotene und in Deutschland strafbare Äußerungen, führte Scholz weiter aus, ohne das dem Magazin „Compact“ zu unterstellen. 

Er gehe aber davon aus, dass die zuständigen Behörden den Sachverhalt sehr genau geprüft haben. Daher gehe er davon aus, dass das Verbot Bestand haben wird. Wer Zweifel an der Entscheidung habe, dem stünde in einem „Rechtsstaat der Rechtsweg offen“, so Scholz. 

Mehrmals angesprochen auf die schlechten Umfragewerte seiner Partei, machte Scholz deutlich, dass er sich davon nicht „unterkriegen“ lasse. „Umfrageergebnisse, die nicht gut sind, sind ein Ansporn, bessere Umfrageergebnisse erreichen zu wollen“, sagte der SPD-Politiker. Überzeugen müsse man durch Taten und durch Klarheit.



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