BGH sieht keine Rechtsfehler: AfD-Politiker muss als Richter in vorgezogenen Ruhestand

Ein früherer AfD-Bundestagsabgeordneter darf nicht mehr als Richter arbeiten. Für Sachsens Justizministerin Katja Meier (Grüne), sei die Entscheidung „bundesweit richtungsweisend“ und schreibe Rechtsgeschichte.
Titelbild
Früherer AfD-Bundestagsabgeordenter Jens Maier.Foto: über dts Nachrichtenagentur
Von 6. Oktober 2023

Der frühere AfD-Bundestagsabgeordnete Jens Maier darf nicht mehr als Richter am Landgericht Dresden arbeiten. Seine Versetzung in den vorgezogenen Ruhestand bleibt bestehen, wie das Dienstgericht des Bundes am Bundesgerichtshof in Karlsruhe am Donnerstag entschied. Maier könne sich hier weder auf seine Immunität als Abgeordneter berufen noch darauf, dass seine richterlichen Rechte und Pflichten während seiner Zeit im Bundestag geruht hatten (Az. RiZ (R) 1/23).

Der 61-jährige Maier hatte bis 2017 als Richter gearbeitet. 2013 trat er in die AfD ein, 2017 ging er für die Partei in den Bundestag. Er war Obmann des inzwischen formal aufgelösten sogenannten Flügels der AfD, der 2020 vom Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestuft wurde. Nachdem Maier 2021 nicht wieder in den Bundestag gewählt worden war, beantragte er seine Rückkehr in den sächsischen Justizdienst.

Grüne Justizministerin beantragte Versetzung in Ruhestand

Das grün regierte Landesjustizministerium unter Katja Meier (Bündnis 90/Die Grünen) wiederum beantragte seine vorzeitige Versetzung in den Ruhestand. Das Dienstgericht in Leipzig erklärte diese im Dezember für zulässig. Es stützte sich dabei auf verschiedene Äußerungen Maiers außerhalb des Bundestags und in sozialen Netzwerken, in denen es unter anderem um die Aufarbeitung der NS-Verbrechen ging.

So sprach Maier etwa im Januar 2017 bei einer Veranstaltung zur Aufarbeitung von NS-Verbrechen von einem „Schuldkult“, den er für „endgültig beendet“ erklären wolle. Eine Frau mit Kopftuch bezeichnete Maier auf Facebook als „Schleiereule“ und „Gesindel“. 2019 hieß es in einem Tweet Maiers: „Wenn Angeklagte ‚AfD-Richter‘ fürchten, haben wir alles richtig gemacht.“

„Vertrauen der Öffentlichkeit stark beeinträchtigt“

Aus diesen Äußerungen zog das Gericht den Schluss, dass Maier nicht ohne schweren Schaden für die Rechtspflege im Richteramt bleiben könne. Das Vertrauen der Öffentlichkeit in ihn und seine Amtsführung sei stark beeinträchtigt. Bei dieser Entscheidung habe das Leipziger Gericht keine Rechtsfehler gemacht, erklärten die Karlsruher Richter nun.

Maier könne sich nicht auf seine Immunität als Abgeordneter berufen, auch wenn die Äußerungen in diese Zeit fielen. Die Immunität umfasse nämlich nur innerparlamentarisches Verhalten, sagte der Vorsitzende Richter Rüdiger Pamp bei der Urteilsverkündung. Seine Aussagen habe er aber außerhalb des Bundestags gemacht.

Eine Versetzung in den Ruhestand kommt dem Urteil zufolge grundsätzlich in Betracht, wenn der Richter nicht mehr die Gewähr dafür bietet, dass er jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung eintritt. Die politische Arbeit in herausgehobener Stellung bei einer Gruppe, die Grundlagen des demokratischen Verfassungsstaats ablehne, rechtfertige eine solche Versetzung.

Das gelte ebenso, wenn der Richter den Eindruck erwecke, dass er sein Verhalten im Dienst künftig nicht mehr ausschließlich an den Grundsätzen von Sachrichtigkeit, Rechtstreue, Gerechtigkeit, Objektivität und Allgemeinwohl ausrichte.

„Stehe zu meinen Äußerungen“

Er stehe zu seinen Äußerungen, sagte Maier: „Also vor allem zu dem, was ich wirklich gemeint habe, nicht zu den Verdrehungen, die mir vorgehalten werden“, zitiert ihn LTO. Er habe bis 2017 ein völlig unauffälliges Richterleben geführt und könne sehr wohl zwischen seiner politischen Meinung und seinem Richteramt differenzieren.

Mit Blick auf die zwei Wochen, in denen er nach seiner Mitgliedschaft im Bundestag als Richter am Amtsgericht Dippoldiswalde tätig war, verwies Maier darauf, dass die AfD dort starke Wahlergebnisse einfahre: „Da vertrete ich Volkes Meinung. Das mag Sie vielleicht erschüttern hier in Karlsruhe, aber in Sachsen ist das anders als hier“, heißt es in dem Artikel weiter.

Maiers Anwalt Jochen Lober argumentierte insbesondere, die Befugnis zur Versetzung eines Richters in den Ruhestand sei durch die Vorschriften des Abgeordnetengesetzes gesperrt. „Mit Annahme des Mandates ist der Herr Maier außerhalb des Richteramtes und außerhalb jeder richterlichen Tätigkeit, weil die ruht“, so Lober. Deshalb dürften sämtliche Äußerungen aus Maiers Zeit als Abgeordneter nicht gegen ihn verwendet werden.

„Entscheidung bundesweit richtungsweisend“

Sachsens Justizministerin Katja Meier (Grüne) sagte nach der Bekanntgabe des Urteils, die Entscheidung sei „bundesweit richtungsweisend“ und schreibe Rechtsgeschichte. „Verfassungsfeinde dürfen in diesem Land kein Recht sprechen.“

Die parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Bundestagsfraktion Katja Mast erklärte: „Wer als Richter Recht spricht, muss zweifelsfrei unseren Staat und seine Gesetze achten und verteidigen.“ Das Urteil zeige: „Unsere Demokratie war, ist und bleibt wehrhaft.“

Gegen Maier läuft in Sachsen noch ein Disziplinarverfahren. Das Landesjustizministerium erhob im August eine Disziplinarklage gegen ihn, um ihn ganz aus dem Dienst als Richter zu entfernen. Sollte diese Erfolg haben, so verliert er, anders als bei der vorzeitigen Versetzung in den Ruhestand, alle Bezüge und Pensionsansprüche. Allerdings sind dafür die rechtlichen Hürden höher. Es muss ihm in diesem Fall nachgewiesen werden, dass er gegen Dienstpflichten verstoßen hat.

(Mit Material von afp)



Epoch TV
Epoch Vital
Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion