BGH kassiert das Mordurteil gegen Berliner Raser – Ein fatales Signal für potenzielle Nachahmer in ihren PS-Geschossen
Wer mit Tempo 170 über den Kurfürstendamm rast, muss damit rechnen, dass, auch nachts, noch andere Menschen unterwegs sind, dass er bei einer möglichen Begegnung nicht die geringste Chance hat, einen Unfall zu vermeiden. Er muss wissen, dass seine 300-PS-Protzkiste dann zu einer tödlichen Waffe werden kann. Der Bundesgerichtshof (BGH) billigt den hirnlosen Rasern lediglich eine „bewusste Fahrlässigkeit“ zu, einen „bedingten Tötungsvorsatz“ indes kann er nicht erkennen.
„Für jeden Menschen mit klarem Verstand und einem gesunden Rechtsempfinden steht außer Frage, dass die damals (Februar 2016) 25 und 27 Jahre alten Raser billigend in Kauf genommen haben, dass sie mit ihrem Wettrennen in der Berliner Innenstadt großen Schaden anrichten, schlimmstenfalls auch Menschen töten könnten.“
Das ist dann ja auch geschehen. Einer der beiden hat einen 69-Jährigen, der bei Grün mit seinem kleinen Suzuki-Jeep aus einer Nebenstraße kam, mit seiner schweren Limousine regelrecht abgeschossen.
Der Mann hatte keine Chance! Und angesichts dieser eindeutigen Faktenlage spricht der BGH von „Fahrlässigkeit“, rügt sogar noch die Berliner Richter, dass sie nicht ausreichend geprüft haben, dass eine Eigengefährdung der Angeklagten im Falle eines Unfalls gegen das Vorliegen eines Tötungsvorsatzes sprechen könne. Geht’s noch!?
Um dieser Rabulistik zu folgen muss man Jurist sein, mit gesundem Menschenverstand ist eine derartige Argumentation nicht nachzuvollziehen. Wieder einmal muss man feststellen, dass das Interesse für die Opfer und deren Hinterbliebenen für viele Richter offensichtlich eher marginal ist.
Allein härteste Strafen könnten der illegalen Raserei Einhalt gebieten
Dieses BGH-Urteil setzt ein weiteres schlimmes Signal dafür, dass die deutsche Justiz – unterstützt von willfährigen Gutachtern – für Schwerverbrecher (Mörder, Kinderschänder, Vergewaltiger etc.) immer wieder mildernde Umstände sucht und findet, damit die Täter mit dem geringstmöglichen Strafmaß davon kommen. Und es ist erst recht ein fatales Signal für testosterongesteuerte Nachahmer von illegalen Autorennen.
Sobald es wärmer wird und die Straßen schnee- und eisfrei sind, werden sie ihre dicken Schlitten wieder hervorholen, um auf irgendeinem innerstädtischen Boulevard ihre übermotorisierten Muskelspiele zu vollführen. Dann werden wir wieder Bilder sehen von völlig demolierten Fahrzeugen, von Wrackteilen, die Hunderte Meter durch die Gegend geflogen sind und schwere Sachschäden verursacht haben. Und es werden auch wieder unschuldige Menschen zu Schaden kommen!
„Den Rasern ist das Unheil, das sie anrichten können, von vorn herein egal. Allein rigoros harte Strafen könnten den einen oder anderen potenziellen Täter davon abhalten – aber das will der BGH ja nicht.“
Nach dem BGH-Rüffel – nun größtmögliche Milde
Wenn jetzt der vorliegende Fall vor einer anderen Großen Strafkammer des Berliner Landgerichts neu verhandelt werden muss, ist davon auszugehen, dass diese Richter nach dem BGH-Rüffel nun größtmögliche Milde walten lassen und auf „fahrlässige Tötung“ plädieren.
Dann werden die beiden Raser nach vier bis fünf Jahren Haft wieder frei sein, das lebenslange Fahrverbot wird man entsprechend herunterfahren – schließlich muss das Persönlichkeitsrecht auf Bewegungsfreiheit gewahrt werden und ein wenig Spaß wollen die Jungs ja auch noch haben – und dann werden sich diese Irren wieder in eine PS-Bombe setzen und ihr Duell auf der Straße wiederholen.
Dann können sie – wie alle anderen PS-Junkies, die mit ihrem Ersatz-Penis protzen wollen – ins Rennen gehen mit der gleichgültigen Gewissheit: Eine wirklich harte Strafe habe ich nicht zu erwarten, also was soll’s. Der Adrenalin-Kick ist es wert. Die paar Jahre im Knast – hoffentlich in der JVA Tegel – kriege ich locker rum. Meine Freunde draußen werden mich mit Handy, Drogen und allem anderen, was ich brauche, versorgen.
Keine Gnade für einen 96-Jährigen
Aber in der deutschen Justiz gibt es durchaus auch eine andere Seite, Richter die Härte zeigen – vor allem dann, wenn es um die letzten Überlebenden geht, die im Zweiten Weltkrieg in Hitlers Armee gedient haben. Der ehemalige SS-Unterscharführer Oskar Gröning wurde im Alter von 96 Jahren für seine Tätigkeit in der Standortverwaltung im KZ Auschwitz wegen „Beihilfe zum Mord“ zu vier Jahren Haft – also vermutlich lebenslänglich – verurteilt.
„Eine aktive Tatbeteiligung konnte ihm nicht nachgewiesen werden.“
Wenn überhaupt, dann nur indirekt durch seine Verwaltungstätigkeit, über die Gröning aber offensichtlich alles andere als glücklich war. Warum sonst hätte er drei Gesuche einreichen sollen, um schließlich aus dem für ihn sicheren Lager an die Front versetzt zu werden? Aber bei dem alten Mann kannte das Gericht keine Gnade.
Der eine Raser von Berlin hat einen Menschen getötet, der andere hat aktive Beihilfe geleistet und der BGH zerrt alle juristischen Winkelzüge herbei, damit die Täter mit Samthandschuhen angefasst werden. So viel zu Recht und Gerechtigkeit vor deutschen Gerichten. Gröning hat jetzt beim niedersächsischen Justizministerium ein Gnadengesuch eingereicht. Mann darf gespannt sein, ob in diesem Fall „Gnade vor Recht“ ergehen kann.
Dieser Beitrag ist zuerst erschienen bei Anderweltonline.com.
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