Bewältigung der Migrationskrise: 16 Länderchefs wollen „Ordnung, Steuerung und Reduzierung“
Bei ihrem zweitägigen Jahrestreffen in Leipzig haben sich die Ministerpräsidenten der 16 Bundesländer auf das weitere Vorgehen für eine erfolgreichere Migrationspolitik verständigt.
„Wir müssen zu Ordnung und Steuerung kommen, wir müssen auch zur Reduzierung kommen“, erklärte der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU), der Gastgeber der Ministerpräsidentenkonferenz, bei der Abschluss-Pressekonferenz am frühen Freitagnachmittag, 25. Oktober 2024. Dafür habe die Ministerpräsidentenrunde nun einen „Diskursraum“ geschaffen, „auch gegenüber der Bundesregierung, gegenüber der Öffentlichkeit“.
Hoffen auf europäische Lösung
Der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) skizzierte kurz darauf die Eckpunkte der gemeinsam getroffenen Beschlüsse.
So habe sich die Runde der Länderchefs zunächst einmal klar dazu bekannt gegeben, Binnengrenzkontrollen weiter zu unterstützen. Außerdem wolle man sich noch einmal ansehen, bei welchen Verfahren, die Deutschland selbst beeinflussen könne, das Land besser werden könne.
Vor allem aber wollten sich die Ministerpräsidenten nun geschlossen dafür einsetzen, dass das Dublin III-Abkommen wieder „revitalisiert“ werde. Es gelte, zu dem zurückzukehren, „um was es wirklich geht“, sagte Weil. Große Hoffnung setze man deshalb auch auf das künftige Gemeinsame Europäische Asylsystem (GEAS). All das sei „der richtige Zugang“ zu dem Thema, „nicht die Diskussion über die Zurückweisung“.
Bund soll „Dublin III“-Überstellungen selbst vornehmen
„Wir glauben, dass es richtig wäre, wenn der Bund die Überstellung nach der Dublin III-Verordnung selbst vornehmen würde“, ergänzte Weil in der anschließenden Fragerunde. Es werde aber wohl „schwer“ werden, die Bundesregierung von dieser „berechtigten Forderung zu überzeugen“.
Das Dublin III-Verfahren (PDF) regelt die Zuständigkeit für Asylgesuche und die jeweilige Antragsbearbeitung innerhalb der Grenzen der EU, der Schweiz, Norwegens, Liechtensteins und Islands. Grundsätzlich ist demnach jenes Land zuständig, dessen Boden ein Schutzsuchender zuerst betritt.
Weil erklärte, er gehe davon aus, dass es noch im November 2024 auch zu einer Diskussion der Bundesregierungsvorschläge zur Umsetzung des europäischen Asylkompromisses kommen werde. „Dann wird es um die eigentliche Perspektive gehen.“ Und weiter: „Es sind keine Allheilmittel zu finden, um das ganz klar zu sagen. Und deswegen möchten wir sehr gerne dazu beitragen, dass wir eben auch da keine falschen Erwartungen aufkommen lassen.“
Anfang Dezember werde sich die Runde noch einmal mit dem Bundeskanzler und dem Kabinett treffen, um über die Zukunft der Migrationspolitik zu reden. „Ich verbinde damit die Hoffnung, dass wir dann darunter eben auch einen Strich ziehen können“, erklärte Weil.
„Visahebel“ gegen unkooperative Herkunftsländer nutzen
Weil nannte noch weitere Ideen, zu den sich die 16 Länderchefs entschlossen hätten. So wollten sie künftig beim Familiennachzug von subsidiär Schutzberechtigten den Ansatz favorisieren, sich künftig auf Härtefälle zu konzentrieren. Diese gebe es „sicherlich in reichlicher Zahl“.
Bemühungen der Ampel zum Abschluss weiterer Migrationsabkommen stehe die Ministerpräsidentenrunde grundsätzlich unterstützend gegenüber. „Wir sagen aber auch: Da, wo Herkunftsländer wirklich nicht gut ansprechbar sind, da muss man auch über den sogenannten ‚Visahebel‘ nachdenken“, forderte Weil. Es stelle sich die Frage, ob die Bundesrepublik „wirtschaftliche Vorteile aus dem Kontakt zwischen den Ländern“ andernfalls „so weiter zulassen“ könne.
„Wir reden weiter intensiv über die Beschleunigung von Asylverfahren“, fuhr Weil mit der Aufzählung der Eckpunkte fort. Schon vor einem Jahr habe man sich darauf geeinigt, „alles, was unter fünf Prozent Anerkennungsquote ist, das müssen wir deutlich beschleunigen“. Vom Bund werde man nun eine entsprechende gesetzliche Regelung einfordern.
Weil lobt das Erreichte und rät zu Geduld
Manch jemand werde nun sicher fragen, ob die Beschlüsse wirklich einen „großen Durchbruch“ bedeuten würden, gab Weil zu bedenken – und reichte seine Antwort gleich nach:
Vielleicht nicht! Aber es sind weitere Bausteine dafür, dass wir zielstrebig fortsetzen, einen Kurs, der dazu geführt hat, dass wir schon jetzt in diesem Jahr einen spürbaren Rückgang bei den Zugangszahlen zu verzeichnen haben.“
Seiner „sicheren Einschätzung“ nach dürfte dieser Trend in den nächsten Jahren weitergehen: „Weil wir vieles, was erst in diesem Jahr im Bundesgesetzblatt tatsächlich geschehen ist, erst dann seine ganze Wirkung entfalten wird.“
Vor beinahe genau einem Jahr hatte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in einem „Spiegel“-Interview gefordert, „endlich im großen Stil“ diejenigen abzuschieben, die „kein Recht haben, in Deutschland zu bleiben“. Nicht erst seitdem reißt die Debatte um eine Begrenzung des Zustroms an häufig illegalen Asylbewerbern nicht ab.
Schulterschluss für Weil entscheidend
Weil beschwor immer wieder den Zusammenhalt: „Wir müssen als Ministerpräsidentenkonferenz das allergrößte Interesse daran haben, sehr sachlich an dem zu arbeiten, was geht, dann allerdings auch gemeinsam diese Positionen zu vertreten.“
Er verwies darauf, dass die Ministerpräsidentenkonferenz seit rund anderthalb Jahren immer wieder „gerade im Migrationsthema Vorstöße gesetzt“ und dadurch „auch Fortschritte auf der Bundesebene erzielt“ habe. So etwas funktioniere aber nur dann, „wenn man sich immer wieder auf einen gemeinsamen Kern“ zurückziehe.
Die abschließende Pressekonferenz des Ministerpräsidententreffens vom 24. und 25. Oktober 2024 ist auf YouTube zu sehen.
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