Betrugsverdacht in Hessen: Staatsanwaltschaft lässt Büros der AWO durchsuchen
Die Staatsanwaltschaft in Frankfurt am Main hat am Dienstag 14 Wohnungen und Geschäftsräume der Arbeiterwohlfahrt (AWO) in Hessen und Berlin durchsuchen lassen. Hintergrund sind Ermittlungen gegen Verantwortliche der AWO-Kreisverbände in Frankfurt und Wiesbaden, wie die Frankfurter Staatsanwaltschaft mitteilte. Ihnen werden Betrug und Untreue vorgeworfen.
Zwei Frauen und vier Männer sollen die Stadt Frankfurt im Zusammenhang mit dem Betrieb von zwei Flüchtlingsunterkünften betrogen haben. Dabei seien Personalkosten im hohen sechsstelligen Bereich falsch abgerechnet worden.
Zum anderen sollen die Verantwortlichen die AWO betrogen haben, indem sie ungerechtfertigte Honorare vereinbart und entgegengenommen haben sollen. Dabei soll eine überhöhte Dienstwagenpauschale gewährt worden sein.
Die Ermittlungen wurden nach einer anonymen Anzeige eingeleitet. Die Verantwortlichen seien bei der AWO in Frankfurt und Wiesbaden zum Teil ehrenamtlich in leitenden Funktionen tätig gewesen. Teils hätten sie in beiden Kreisverbänden gleichzeitig gearbeitet.
Im Zusammenhang mit den Ermittlungen geriet auch Frankfurts Oberbürgermeister Peter Feldmann (SPD) in Erklärungsnot. Im November wurde der Vorwurf laut, dass Feldmanns Ehefrau als Leiterin einer Kita der AWO zu viel verdient habe.
Einem Bericht des Hessischen Rundfunks zufolge soll sie rund zwei Jahre nach ihrer Beförderung zur Leiterin der Kita im Jahr 2015 den höchstmöglichen Lohn in ihrer Tarifgruppe erhalten haben. Normalerweise daure es 17 Jahre, um diese Stufe zu erreichen. Zudem soll die AWO ihr im September 2017 einen Dienstwagen zur Verfügung gestellt haben.
Im Zuge der Ermittlungen kam es in den miteinander verflochtenen Kreisverbänden Frankfurt und Wiesbaden zu zahlreichen Rücktritten innerhalb der Geschäftsführung und des Präsidiums. Eine Änderung von Feldmanns Eingruppierung wurde auf den Weg gebracht. Feldmann werde zudem zu viel gezahltes Geld zurückzahlen, erklärte der Frankfurter Kreisverband im Januar.
Der AWO-Bundesverband begrüßte die Ermittlungen am Dienstag. „Die Handlungen der Staatsanwaltschaft machen die Tragweite der Vorwürfe in Frankfurt am Main und Wiesbaden deutlich“, erklärte der AWO-Vorstandsvorsitzende Wolfgang Stadler. Nur eine vollständige Aufklärung und eine Begleichung der finanziellen Schäden ermöglichten einen „radikalen und glaubwürdigen Neuanfang“, ergänzte er.
Der Bundesverband werde die Staatsanwaltschaft bei Bedarf unterstützen. „Wir fordern auch von den Verantwortlichen vor Ort, uneingeschränkten Aufklärungswillen zu zeigen“, hieß es.
Die Stadt Frankfurt stellte Strafanzeige gegen den örtlichen AWO-Kreisverband gestellt. Anlass dafür seien die Durchsuchungen sowie Äußerungen der Staatsanwaltschaft, nach denen der Stadt durch falsche Abrechnungen ein Schaden im hohen schsstelligen Bereich entstanden sein könnte, teilte die Stadt am Dienstag mit.
Sozialdezernentin Daniela Birkenfeld (CDU) habe die Anzeige veranlasst. „Da wir bislang noch keine Akteneinsicht erhalten und keine näheren Kenntnisse über Umfang des voraussichtlichen Schadens und beteiligte Personen haben, stellen wir vorsorglich Strafanzeige und Strafantrag aus allen rechtlichen in Betracht kommenden Gründen“, erklärte Birkenfeld. (afp)
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