Besucherstimmen über den Ehrengast China auf der Buchmesse

Titelbild
Michael Obenauf (Christine Gäckler/The Epoch Times)
Von 19. Oktober 2009

Die Frankfurter Buchmesse, die weltgrößte Buchmesse, war in diesem Jahr stark geprägt von der Debatte über den Ehrengast China.

Im zentralen Forum der Buchmesse war eine rund 2.500 m² große Ausstellung zu sehen, die die Elemente der chinesischen Papierherstellung, Druckkunst, sowie die Entwicklung des chinesischen Publikationswesens zeigte. In der 1.200 m² großen Halle 6.0 ließ der Ehrengast Druckerzeugnisse präsentieren, die den Anforderungen der Medienzensur Chinas gerecht wurden. Eine Etage höher quetschten sich die Besucher im Forum Dialog dicht zusammen, wenn Regimekritiker bei einer Veranstaltung der Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) zu Wort kamen, genauso wie bei der „Verbotenen Lesung“ von der International Campaign for Tibet Deutschland e.V.

In den Messehallen waren Stände von amnesty international, dem unabhängigen chinesischen Schriftstellerverband P.E.N., der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM) und der Epoch Times vertreten. Auf dem AGORA-Freigelände veranstaltete der Ehrengast einige chinesische Kulturaktivitäten, jedoch fanden die regimekritischen Exil-Chinesen ihr Heimatland nicht würdig vertreten. Der offiziellen China-Delegation dürfte es auch mehr als nur ein Dorn im Auge gewesen sein, dass nebenan Stände der Tibet Initiative Deutschland e.V. und der Falun Gong-Bewegung präsent waren – mit reger Unterstützung von den Besuchern, die sich auf den Unterschriftslisten gegen die Menschenrechtsverletzungen eintrugen. Wer also „das andere China“ erleben wollte, der musste dennoch Augen und Ohren in all dem Menschen-Trubel und unter 7.300 Ausstellern gut offen halten.

Die Epoch Times befragte am Wochenende einige Besucher, wie sie es betrachten, dass China Ehrengast war und wie sie die china-thematischen Veranstaltungen wahrgenommen hatten.

„Man sollte nur Länder zu Ehrengästen machen, in denen die Meinungs- und Pressefreiheit respektiert wird“, sagte Matthias Langner aus Vaihingen an der Enz. Er besuchte auf der Buchmesse das Interview mit dem chinesischen Dissidenten-Autor Bei Ling, um sich von der chinesischen Zensurbehörde ein tiefer gehendes Bild zu machen.

Michael Obenauf (Christine Gäckler/The Epoch Times)
Michael Obenauf (Christine Gäckler/The Epoch Times)

Michael Obenauf aus Seußling in Oberfranken, der zum ersten Mal die Buchmesse besuchte, schätzt Chinas Geschichte mit seiner alten reichhaltigen Kultur sehr. Allerdings hatte er die Ausstellung des Ehrengastes im Forum nicht gefunden und das Zelt im Freigelände mit den chinesischen Händlern bewertete er als „chinesischen Ramsch“. „Ich finde es schade, dass so etwas überhaupt da steht. Eine Schande für die Buchmesse“, sagte er. Gerne hätte er auch an regimekritischen Gesprächsforen teilgenommen, doch dazu war seine Zeit zu knapp bemessen.

Obenauf sprach die Probleme der chinesischen Bevölkerung an: „Ein großer Teil der Chinesen lebt ganz schön rückständig und in großer Armut. China präsentiert sich nach außen gut, mit diesen großen Städten wie Peking und Shanghai und der typische Tourist merkt davon auch gar nicht so viel.“ Aber wenn man sich damit mal auseinandersetze, dann erfahre man mehr über das Hinterland, beispielsweise von den Problemen der Wanderarbeiter. „Für wenig Geld schuften sie das ganze Jahr über, an sieben Tagen der Woche, und nur einmal an diesem Neujahrsfest dürfen sie für zehn Tage nach Hause. Und dann bekommen sie noch nicht einmal ihren Lohn“, sagte er. Im Weiteren nahm Michael Obenauf großen Anstoß an den „über 3.000 Hinrichtungen im Jahr, die sie still und heimlich machen, wo die Mediziner im Hintergrund schon darauf warten den Leichnam auszuschlachten“ und fuhr fort: „Was ja auch staatlich organisiert ist und womit Geld verdient wird.“

Michaela Schütz (Christine Gäckler/The Epoch Times)
Michaela Schütz (Christine Gäckler/The Epoch Times)

Michaela Schütz aus Fulda sah es als sehr zweischneidig an, dass China Gastland auf der Buchmesse war. „Man mag einerseits die Dissidenten und das Land unterstützen, auf der anderen Seite ist es kontraproduktiv, wenn sich China so präsentiert und dann geladene Gäste wieder ausgeladen werden, weil es dem Regime nicht passt. Es ist wie mit Olympia auch, man macht so eine Diktatur irgendwo hoffähig.“ Michaela Schütz konnte auf der Messe auch Protestaktionen wahrnehmen, wie beispielsweise eine nachgestellte Gefängnisszene von Menschenrechtlern.

Sehr neugierig auf die Ausstellung und Darbietungen Chinas war Siegrun Hirth aus Neustadt, da sie auch schon einmal  das Land bereist hatte. „Ich dachte allerdings, es müsste viel interessanter sein. Und wenn man sieht ´Tibet ist China‘, dann sieht man, dass es eine Diktatur ist.“

Angelika Löffert (Christine Gäckler/The Epoch Times)
Angelika Löffert (Christine Gäckler/The Epoch Times)

Angelika Löffert aus Rüsselsheim, eine leidenschaftliche Leserin, machte um die Ausstellung und Veranstaltungen, die von dem Gastland China eingebracht wurden, einen Bogen. „Mir missfiel, dass von China aus viele Autoren gar nicht hierher durften. Die haben ja im Vorfeld schon ihre Vorauswahl getroffen, wer ihnen genehm und nicht genehm ist. Und deshalb muss ich das hier auch nicht unbedingt sehen.“

Dimitri Jeske (Christine Gäckler/The Epoch Times)
Dimitri Jeske (Christine Gäckler/The Epoch Times)

„Ich freue mich für China, dass es Gast ist. Mir persönlich fehlt jedoch der Faden zur chinesischen Literatur“, sagte Dimitri Jeske, Auszubildender aus Mainz, und hatte deshalb die china-thematischen Veranstaltungen nicht besucht. Doch über die kommunistischen Strukturen wußte der junge Mann durch seine Verwandten Bescheid und zog einen Vergleich zwischen China und Russland: „In China ist ja der Kommunismus immer noch die Staatsform, neben dieser wirtschaftlichen Öffnung, und ich glaube da ist der kommunistische Gedanke noch sehr viel tiefer verwurzelt als in Russland. Aber in Russland ist er selbst bei den Älteren schon ein bisschen weg. Und auch die Verblendetsten in Russland haben gesehen, wenn das System so gut gewesen wäre, dann hätte es nicht zu so einer Kriminalisierung führen dürfen.“

Einen Vergleich zum Ehrengast Indien, das vor drei Jahren auf der Buchmesse vertreten war, zog Maria Geiger aus Ravensburg. „Ich war etwas enttäuscht. Im Vergleich zu Indien war es zu wenig.“ Sie hätte sich von der riesigen Kultur Chinas einfach mehr erwartet als das, was sie an den Ausstellungen auf der Buchmesse zu sehen bekam.

Birgit Rehmann (Christine Gäckler/The Epoch Times)
Birgit Rehmann (Christine Gäckler/The Epoch Times)

Die Besucherin Birgit Rehmann aus Tübingen stellte sich schon vor ihrem Messebesuch die Frage, wie das mit dem Gastland China im Hinblick auf die Menschenrechtslage einhergehen könne. „Als das mit China entschieden war, konnte man verfolgen, dass es da durchaus Auseinandersetzungen gab – mit Schriftstellern, die da nicht kommen durften. Dieses Hin und Her. Wie geht man damit um? Aber ich finde, dass man das auf der Messe selbst nicht so wahrnimmt“, sagte sie, denn Demonstrationen hatte sie auf der Messe nicht gesehen. Sie hatte das Forum besucht, wo sich das Gastland vorstellte und meinte dazu: „Das war alles sehr nüchtern und elegant. So wie sich China selbst eben sehen möchte. Ja, es ist dieses Gesicht, das China nach Außen hin zeigt.“ Zeitlich schaffte sie es zu ihrem Bedauern nicht, an regimekritischen Foren teilzunehmen. „Und dass die Taschen der Besucher kontrolliert werden, ich denke, das hat was mit dem Gastland China zu tun, dass man befürchtet, da könnte was passieren.“

 

 



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