Berlins Generalstaatsanwältin fürchtet AfD-Justizminister und fordert die Abschaffung des Weisungsrechts
Berlins Generalstaatsanwältin Margarete Koppers hat die Abschaffung des Weisungsrechts durch Justizminister von Bund und Ländern gefordert. Das Weisungsrecht sieht vor, dass der Bundesjustizminister oder die jeweiligen Justizminister der Länder Staatsanwaltschaften vorschreiben dürfen, welche Schwerpunkte sie bei Ermittlungen setzen sollen.
Koppers fürchtet Missbrauch des Weisungsrechts durch AfD
Auf die Behandlung von Rechtsstreitigkeiten können die Minister ebenfalls Einfluss ausüben. Sie dürfen jedoch nicht direkt in Ermittlungen eingreifen oder sie gar unterbinden. Dennoch gibt es immer wieder Kritik am Weisungsrecht, so etwa 2019 vom Europäischen Gerichtshof (EuGH).
Darauf beruft sich auch Generalstaatsanwältin Koppers. Der EuGH mahne das schon länger an. Auch gebe es in vielen europäischen Ländern ein Durchgriffsrecht auf konkrete Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaften nicht.
Koppers verwies dabei auch auf die politische Entwicklung und sagte mit Blick auf den hohen Zuspruch für die AfD bei Umfragen in einigen Bundesländern: „Wenn ein AfD-Politiker den Justizminister stellte, dann möchte ich mir nicht vorstellen, wie die Strafverfolgung aussähe – vor allem im Bereich des Rechtsextremismus.“
Die AfD nutze derzeit die Justiz, um vermeintliche Verletzungen eigener Rechte geltend zu machen. Die Partei erwecke so den Anschein, ihre politischen Gegner hielten sich nicht an Recht und Gesetz. So riefen sie relativ häufig das Bundesverfassungsgericht an. „Wenn sie die Macht hätten, würde es allerdings nicht mehr mit rechtsstaatlichen Mitteln zugehen“, ist Koppers überzeugt.
Strafverfolgungsbehörden entpolitisieren
„Deutschland ist in diesem Punkt nicht vorbildlich aufgestellt“, zitiert die „Tagesschau“ Koppers auf ihrer Internetseite. Die Justizminister und -ministerinnen erklärten zwar immer wieder, sie würden das Weisungsrecht tatsächlich nicht ausüben. Das finde sie aber nicht glaubhaft, „denn dann könnten sie es auch abschaffen“.
Die Abschaffung des Weisungsrechts gehe mit einer „Entpolitisierung der Strafverfolgungsbehörden“ einher, sagte die Generalstaatsanwältin. Sie sei aus ihrer Sicht wichtig für das Ansehen und die Glaubwürdigkeit der Staatsanwaltschaften. Gleichzeit werde mit einer Abschaffung der Richterberuf gleichgestellt. Bei diesem gelte das Prinzip der Unabhängigkeit. Niemand könne Richtern oder Richterinnen vorschreiben, wie sie zu entscheiden hätten.
Die Unterscheidung sei vielen jungen Juristen nicht verständlich. Koppers sieht darin auch ein Hemmnis bei der Gewinnung von Nachwuchs für die Staatsanwaltschaft. „Sie durchlaufen dieselbe Ausbildung, legen auf dasselbe Grundgesetz den Amtseid ab“, erläutert sie. „Sie haben dieselben Pflichten – warum sollen sie nicht die gleichen Rechte haben?“
Auch Richterbund fordert eine Abschaffung
Der Deutsche Richterbund (DRB) hatte erst kürzlich erneut die Justizminister von Bund und Ländern aufgefordert, das Weisungsrecht abzuschaffen. „Allein der böse Anschein, dass Minister Ermittlungen aus dem Hintergrund in die eine oder andere Richtung lenken könnten und Staatsanwälte am Gängelband der Politik laufen, erschüttert das Vertrauen in eine objektive Strafverfolgung“, heißt es vonseiten des Interessenverbandes der Richter und Staatsanwälte.
Die FDP, die mit Marco Buschmann den Bundesjustizminister stellt, hatte sich in der zurückliegenden Wahlperiode für eine solche Reform eingesetzt, heißt es bei der „Tagesschau“ weiter. Im Koalitionsvertrag der Ampel heißt es: „Entsprechend den Anforderungen des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) passen wir das externe ministerielle Einzelfallweisungsrecht gegenüber den Staatsanwaltschaften an.“
Die FDP regte seinerzeit an, das sogenannte externe Weisungsrecht des Justizministers in Einzelfällen abzuschaffen. Die Staatsanwaltschaft sollte weiter einer Dienstaufsicht unterliegen, die jedoch nicht das Weisungsrecht von Justizverwaltungen in Bezug auf Einzelfälle umfassen sollte. Aus dem Bundesjustizministerium hieß es im November 2023, dass das weitere Vorgehen geprüft werde.
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