Berlin: Wahlprüfungsausschuss empfiehlt Teilwiederholung der Bundestagswahl

Der Wahlprüfungsausschuss spricht sich für die Wiederholung der Bundestagswahl in 431 Stimmbezirken von Berlin aus. Mängel machten dies erforderlich.
Wählerinnen und Wähler stehen kurz vor der Schließung der Wahllokale vor einem Wahllokal in Berlin.
Wähler stehen kurz vor der Schließung der Wahllokale vor einem Wahllokal in Berlin.Foto: Sebastian Gollnow/dpa/Archiv
Von 8. November 2022

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Der Wahlprüfungsausschuss des Bundestages hat am Montag (7.11.) seine Beschlussempfehlung zur Frage einer Teilwiederholung der Bundestagswahl in Berlin getroffen. Wie von den Vertretern der Ampel vorgeschlagen, will der Ausschuss die Wahl in 431 von rund 2300 Abstimmungsbezirken für ungültig erklären.

In den betroffenen Stimmkreisen sollen Erst- und Zweitstimme noch einmal abgegeben werden. Voraussichtlich am Freitag wird das Bundestagsplenum über die Beschlussempfehlung abstimmen. Grund für den Schritt sind eine Reihe von Pannen bei den Wahlen in Berlin im September 2021.

Betroffen sind sowohl die Bundestagswahl als auch die zeitgleich abgehaltenen Urnengänge zum Abgeordnetenhaus und den Bezirksverordnetenversammlungen (BVV). Der Bundestag kann jedoch nur über die Gültigkeit der Bundestagswahl befinden. Wann die Wiederholungswahl stattfindet, ist offen. Gegen den Bundestagsbeschluss kann noch das Bundesverfassungsgericht angerufen werden.

Linke kann aufatmen – ihre Direktmandate sind nicht gefährdet

Gravierende Auswirkungen auf die Mehrheitsverhältnisse im Bundestag sind von der Wiederholungswahl nicht zu erwarten. An der strukturellen linken Mehrheit in der Stadt ändert sich auch jüngsten Umfragen zufolge nichts. Allenfalls könnte sogar die CDU ein Direktmandat einbüßen: In Reinickendorf, das in hohem Maße von der Wiederholungswahl betroffen wäre, lag Monika Grütters nur um 1,4 Prozentpunkte voran. Allerdings wäre sie als Listenerste auch für diesen Fall abgesichert.

Aufatmen kann auch die Linkspartei. Sie hatte auf Bundesebene die Fünf-Prozent-Hürde verfehlt und konnte nur dank dreier Direktmandate ihren Einzug in Fraktionsstärke retten. Zwei der drei Stimmkreismandate hat sie in Berlin erzielt. Jenes von Gregor Gysi in Treptow-Köpenick ist solide abgesichert, knapper sind die Mehrheitsverhältnisse in Lichtenberg, wo Gesine Lötzsch mit 25,8 Prozent den Einzug schaffte.

Allerdings hatte es in beiden Stimmkreisen nur wenige Wahlfehler gegeben, weshalb die Wiederholungswahl dort auch nur in einzelnen Stimmbezirken stattfindet. Signifikante Auswirkungen auf das Erststimmenergebnis sind dadurch nicht zu erwarten.

In Pankow könnte jedoch ein grünes Direktmandat in Gefahr sein. Dort sollen die Wahlberechtigten in 142 von 175 Wahllokalen noch einmal abstimmen. Stefan Gelbhaar liegt dort derzeit etwa vier Prozentpunkte vor dem SPD-Kandidaten Klaus Mindrup. Der „Tagesschau“ zufolge könnten zwei über die Liste gewählte Abgeordnete wieder aus dem Parlament fliegen, wenn die Partei zwei Direktmandate holt.

Abgeordnetenhaus wird möglicherweise in ganz Berlin neu gewählt

Über die Wiederholung der Wahl zum Abgeordnetenhaus will das Verfassungsgericht des Landes am 16. November entscheiden. Die Ampelkoalition im Bund hatte dazu eine Wiederholungswahl in etwa 300 Wahlkreisen mit Zweitstimme empfohlen. Die Verfassungsrichter hatten sich jedoch in einer Anhörung im Oktober deutlich kritischer über die Bedeutung der Unregelmäßigkeiten geäußert.

Sie ließen einhellig ein hohes Maß an Bereitschaft erkennen, eine Komplettwiederholung der Wahl zu favorisieren. In diesem Fall müssten sowohl die Wahlen zum Abgeordnetenhaus als auch jene zu den BVVs wiederholt werden.

Sollte das Landesverfassungsgericht in diesem Sinne entscheiden, müsste die Wiederholungswahl bis Mitte Februar 2023 über die Bühne gegangen sein. Die Rechtsordnung des Landes spricht von maximal 90 Tagen ab dem Tag der Verkündung des Urteils.

Die Präsidentin des Landesverfassungsgerichts, Ludgera Selting, sprach von einer „Vielzahl schwerer Wahlfehler“ bei der Vorbereitung und Durchführung der Wahl. Zu diesen gehörten unter anderem fehlende Stimmzettel, lange Warteschlangen bis nach Verkündung erster Hochrechnungen oder zwischenzeitlich geschlossene Wahllokale.

(Mit Material von AFP)



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