Berlin: SPD schließt Gang in Opposition nicht aus – CDU dient sich Grünen an
Nach der Wiederholungswahl in Berlin gibt es drei Möglichkeiten für eine künftige Koalitionsbildung. Eine davon ist die Fortsetzung des Linksbündnisses unter Führung der Regierenden Bürgermeisterin Franziska Giffey. Der hauchdünne Vorsprung der SPD auf die drittplatzierten Grünen würde den Sozialdemokraten den Führungsanspruch erhalten. Für die CDU würden der erste Platz und das Plus von 10,6 Prozent den sprichwörtlichen Gewinn der „Goldenen Ananas“ versinnbildlichen.
Daneben gibt es noch die Option, eine Große Koalition zu bilden, wie sie schon von 1954 bis 1963, von 1990 bis 2001 und von 2011 bis 2016 bestanden hatte. Die CDU unter Kai Wegner würde aufgrund des Wahlergebnisses den Anspruch auf den Posten des Regierenden Bürgermeisters erheben.
Die dritte Möglichkeit wäre eine schwarz-grüne Koalition. Während die Grünen eine solche im Wahlkampf unter Verweis auf erhebliche Differenzen ausgeschlossen hatten, äußerte Wegner jüngst in der „Berliner Zeitung“:
… in der Tat könnte viel dafür sprechen, Schwarz-Grün zu probieren.“
Wegner will Bürgerpräferenz für Schwarz-Rot respektieren
Wie Wegner die erheblichen Unterschiede zu den in Berlin besonders weit links angesiedelten Grünen überbrücken will, lässt er offen. Im Wahlkampf hatte er unter anderem gefordert, die Vornamen der mutmaßlichen Beteiligten an den Silvesterkrawallen offenzulegen. Auch sprach er sich gegen die Enteignung von Wohnbaugenossenschaften oder die autofreie Stadt aus.
Die Grünen würden nichts weniger als eine vollständige Kehrtwende in diesen Bereichen als Preis für ein Bündnis akzeptieren. Immerhin macht Wegner auch deutlich, dass er den Wunsch der Berliner Bürger respektieren wolle. Diese würden einer jüngst veröffentlichten Umfrage zufolge Schwarz-Rot bevorzugen.
Chebli und Nagel unter den Oppositionsbefürwortern in der SPD
Diese Konstellation könnte jedoch an Widerständen aus der SPD scheitern. Dort werden zunehmend Stimmen laut, die eine Regeneration in der Opposition einer möglichen weiteren Abnutzung in der Regierung bevorzugen würden.
Zu den bekannten Berliner SPD-Politikern, auf die das zutrifft, gehören die frühere Staatssekretärin Sawsan Chebli, der direkt gewählte Abgeordnete Orkan Özdemir und Ex-Bausenator Wolfgang Nagel. Auch Landeschef Raed Saleh will diese Option nicht von vornherein ausschließen.
Der Verlust von drei Prozentpunkten gegenüber 2021 am Wahlabend ist zwar deutlich geringer als jene, die die SPD in den 1990ern oder im Jahr 2016 verkraften musste. Allerdings ist sie mittlerweile bei 18,4 Prozent der Zweitstimmen angelangt. Im Westberlin der 1960er-Jahre waren noch absolute Mehrheiten die Regel.
SPD müsste in der Opposition auch auf Giffey verzichten
Was die SPD am Ende dennoch vom Schritt in die Opposition abhalten könnte, ist der Umstand, dass Franziska Giffey für diese Rolle nicht mehr zur Verfügung stünde. Gleichzeitig ist ein potenzieller Nachfolger mit ausreichendem Bekanntheitsgrad und der Fähigkeit, die Partei zu einen, nicht in Sicht.
Für ein Bündnis mit der CDU spräche auch der Pragmatismus, den Giffey in Fragen wie dem Ausbau der A100 oder dem Umgang mit der Wohnungsproblematik an den Tag legt. Zuletzt hatten die Linksaußen-Koalitionspartner gerade in diesen Bereichen die Regierende Bürgermeisterin eher als Teils des Problems als der Lösung betrachtet.
An der Basis mag die Große Koalition keine beliebte Option sein. Allerdings könnte sich das mit einem angemessenen Ergebnis des Verhandlungsprozesses auch ändern.
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