Berlin fürchtet keinen starken Widerstand gegen Stationierung von US-Langstreckenwaffen

Droht ein Rüstungswettlauf zwischen der NATO und Russland? Auf die Absicht der Allianz, aufzurüsten, antwortet Moskau mit Warnungen. Olaf Scholz erwartet Verständnis der Menschen in Deutschland.
Eine Flagge mit der Friedenstaube ist auf dem traditionellen Ostermarsch in Berlin zu sehen.
Eine Flagge mit der Friedenstaube auf dem traditionellen Ostermarsch in Berlin 2024.Foto: Fabian Sommer/dpa
Epoch Times12. Juli 2024

Die Regierung von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) erwartet Verständnis der Menschen bei der Aufrüstung mit weitreichenden US-Waffen in Deutschland. Auch Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) und Vize-Kanzler Robert Habeck (Grüne) vertrauen auf die Einsicht, dass von Russland eine ernste Bedrohung ausgehe und darauf reagiert werden müsse.

Am Rande des NATO-Gipfels in Washington war bekannt geworden, dass die USA von 2026 an in Deutschland wieder Waffensysteme stationieren wollen, die weit bis nach Russland reichen.

Darunter sollen Marschflugkörper vom Typ Tomahawk mit einer Reichweite von bis zu 2.500 Kilometern sein, die technisch gesehen auch nuklear bestückt sein können, sowie Luftabwehrraketen vom Typ SM-6 und neu entwickelte Hyperschallwaffen. Russland und China reagierten erbost auf die Ankündigung. Moskau ist etwa 1.600 Kilometer Luftlinie von Berlin entfernt.

Scholz: Unglaubliche Aufrüstung in Russland

„Wir wissen, dass es eine unglaubliche Aufrüstung in Russland gegeben hat, mit Waffen, die europäisches Territorium bedrohen“, sagte Scholz am Rande des Gipfels in Washington.

Zur Frage, ob er mit größerem Widerstand gegen die Rückkehr solcher weitreichenden Waffen auch aus seiner eigenen Partei rechne, sagte Scholz: „Diese Entscheidung ist lange vorbereitet und für alle, die sich mit Sicherheits- und Friedenspolitik beschäftigen, keine wirkliche Überraschung.“

Die Entscheidung lässt Erinnerungen an den Kalten Krieg wach werden. Scholz hatte Anfang der 80er Jahre selbst als junger Sozialdemokrat gegen den NATO-Doppelbeschluss protestiert, der unter anderem die Stationierung von Mittelstrecken-Raketen vom Typ Pershing II vorsah, die nach dem Ende des Kalten Krieges bis 1991 wieder abgezogen wurden.

Pistorius: Das sei kein neues Wettrüsten

In den ARD-„Tagesthemen“ sagte Pistorius, von einem neuen Wettrüsten könne keine Rede sein. „Russland hat diese Waffensysteme schon seit längerem unter anderem – wie wir vermuten – in Kaliningrad stationiert, das heißt in absoluter Reichweite zu Deutschland und anderen europäischen Nationen, so Pistorius. Er würde bei den kritischen Stimmen nicht von einer Mehrheit der Bevölkerung sprechen.

Der Chef der Münchner Sicherheitskonferenz, Christoph Heusgen, kritisiert den Großteil der Bundesregierung von Kanzler Scholz für ihre Kommunikation zum Ukraine-Krieg. „In Deutschland redet der Verteidigungsminister Tacheles und spricht davon, dass wir kriegstüchtig werden müssen“. Dessen Kabinettskollegen unterschätzten aber immer noch den Ernst der Lage.

Habeck: Naivität verbietet sich

Habeck betonte: „Wir müssen die Wehrhaftigkeit steigern, weil wir in einer sehr bedrohlichen Zeit leben, die anders ist als in den 80er Jahren. Deshalb verbietet sich Naivität.“

Bei den Demonstrationen gegen die NATO-Doppelbeschlüsse 1981 habe Kalter Krieg geherrscht. „Jetzt erleben wir in der Ukraine einen heißen Krieg, weil dort geschossen und gestorben wird“, sagte der Vizekanzler der „Neue Westfälischen“.

Kreml warnt vor neuem Kalten Krieg und überarbeitet Atomdoktrin

Russland reagierte mit Warnungen auf die geplante Stationierung in Deutschland. „Wir sind auf dem besten Weg zu einem Kalten Krieg. Das alles gab es schon einmal“, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow dem russischen Staatsfernsehen.

Er warf Deutschland, den USA, Frankreich und Großbritannien vor, direkt in den Konflikt um die Ukraine verwickelt zu sein. „Und alle Merkmale des Kalten Krieges kehren zurück – mit Konfrontation, mit direkter Auseinandersetzung zwischen Gegnern.“

„Das alles wird mit dem Ziel unternommen, unser Land zu unterminieren. Das wird alles getan, um unsere strategische Niederlage auf dem Schlachtfeld zu garantieren“, betonte Peskow. Russland müsse das alles in den Blick nehmen.

Die Entscheidung, die Ukraine früher oder später in die Allianz aufzunehmen, verdeutliche das Hauptziel des Bündnisses, Russland kleinzuhalten, sagte Peskow. Er bestätigte, dass an Veränderungen der Atomdoktrin gearbeitet werde. Das bisherige Leitprinzip lautet, dass Russland Atomwaffen nur als Reaktion auf einen Atomangriff oder eine existenzielle Gefahr für das Land bei einem konventionellen Angriff einsetzen darf.

Die russische Sicherheit werde durch die US-Waffen beeinträchtigt, sagte Vizeaußenminister Sergej Rjabkow der staatlichen Nachrichtenagentur Tass zufolge. Es handle sich um „ein Kettenglied im Eskalationskurs“ der NATO und der USA gegenüber Russland. (dpa/red)



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