Berlin: AfD-Kandidatin in U-Haft legt zu – SPD und FDP stürzen ab

Bei der Wiederholungswahl zum Bundestag 2021 in 455 Wahlbezirken von Berlin gab es leichte Verluste für die Ampel-Parteien. CDU und AfD konnten sich verbessern. Aufgrund der geringen Wahlbeteiligung verloren vier über die Landeslisten gewählte Abgeordnete ihre Mandate.
Zur Stimmabgabe aufgerufen sind 549.549 Berlinerinnen und Berliner statt zuletzt 2,47 Millionen.
Zur Stimmabgabe aufgerufen waren 549.549 Berliner – statt zuletzt 2,47 Millionen.Foto: Hauke-Christian Dittrich/dpa
Von 12. Februar 2024

Am Sonntag, 11. Februar, wurde in 455 von 2.256 Wahlbezirken in Berlin die Bundestagswahl von 2021 wiederholt. Ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu den Pannen am Wahltag hatte dies erforderlich gemacht. Insgesamt waren die Verschiebungen im Berliner Landesergebnis nicht mehr drastisch. In den Wiederholungsgebieten selbst zeigte sich jedoch ein klarer Trend.

Grüne profitieren von deutlich niedrigerer Wahlbeteiligung

Den Zahlen des Landeswahlleiters zufolge bleiben die Grünen dort, wo erneut gewählt wurde, mit Abstand die stärkste Partei. Mit 27,6 Prozent konnte sie als einzige Formation gegenüber 2021 noch zulegen – wenn auch der Hauptgrund dafür die Entwicklung der Wahlbeteiligung war.

Für die grüne Kernklientel geriet die neuerliche Abstimmung zum Zählappell. Insgesamt sank die Wahlbeteiligung in den Wiederholungsbezirken von 76,7 auf 50,6 Prozent. Das grüne Plus von 0,5 Prozentpunkten ist entsprechend die Konsequenz daraus, dass es der Partei regelmäßig am besten gelingt, ihre überzeugte Wählerschaft zu mobilisieren.

Bereits im Vorfeld der Wahl hatten Umfragen deutlich gemacht, dass Anhänger der Grünen am ehesten mit der Regierungspolitik der Ampel zufrieden sind. Zudem bestätigt sich einmal mehr der Trend vergangener Wahlen, dass die Bereitschaft, zur Wahl zu gehen, in wohlhabenden bürgerlichen Bezirken am höchsten ist. Wähler in sozialen Brennpunkten bleiben demgegenüber in überdurchschnittlichem Maße Wahlen fern.

Besonders hohe Verluste bei Wiederholungswahl für SPD und FDP

Gleiches lässt sich von Anhängern von SPD und FDP nicht behaupten, und auch das wirkte sich in den betroffenen Gebieten aus. Die SPD stürzte um 7,8 Prozentpunkte auf 14,6 Prozent ab. Die Liberalen verloren 5,7 Prozentpunkte und landeten bei nur noch 3,3 Prozent. Im Gesamtergebnis fallen sie damit hinter die AfD zurück, die um 5,6 Prozentpunkte auf 12,6 Prozent zulegte.

Die CDU gewann mit 20,6 Prozent (plus 6,9) noch stärker hinzu. Im Gesamtergebnis blieb sie jedoch mit 17,2 Prozent (plus 1,3) deutlich hinter SPD (22,2 Prozent; minus 1,2) und Grünen (22,0; minus 0,3) zurück.

Eine hinreichend starke Mobilisierung gelang auch der Linkspartei. Sie legte in den von der Wiederholung betroffenen Stimmbezirken um 0,7 Prozentpunkte auf 12,6 Prozent zu. Im Berliner Gesamtergebnis bleibt sie mit 11,5 Prozent (plus 0,1) gegenüber 2021 stabil.

Kaum Auswirkungen auf Endergebnis im Bund

Die Verluste der FDP hatten zur Folge, dass ein Ausgleichsmandat in der Gesamtrechnung nicht mehr an sie vergeben werden musste. Damit verliert der über die Landesliste eingezogene Lars Lindemann sein Mandat ersatzlos. Der Bundestag insgesamt verfügt künftig nur noch über 735 Abgeordnete.

Die Mandate von Nina Stahr (Grüne), Ana-Maria Trăsnea (SPD) und Pascal Meiser (Die Linke) wanderten in andere Bundesländer ab. Künftig üben stattdessen Franziska Krumwiede-Steiner (Nordrhein-Westfalen), Angela Hohmann (Niedersachsen) und Christine Buchholz (Hessen) Ausgleichsmandate aus.

Für das Bundestagswahlergebnis insgesamt ergeben sich nur wenige Änderungen. Die SPD bleibt bei 25,7 Prozent der Zweitstimmen. Die CDU wird im amtlichen Endergebnis nunmehr mit 19,0 Prozent ausgewiesen (plus 0,1). Die CSU bleibt bei 5,2 Prozent. Die Grünen büßen mit 14,7 Prozent ebenso 0,1 Prozentpunkte ein wie die FDP mit nunmehr 11,4 Prozent der Zweitstimmen. Die AfD verbessert ihr Zweitstimmenergebnis bei der Bundestagswahl auf 10,4 Prozent, die Linkspartei bleibt bei 4,9 Prozent.

Aufgrund der geringen Wahlbeteiligung haben sich auch die Hoffnungen des „Teams Todenhöfer“ zerschlagen, in den Genuss von Wahlkampfkostenrückerstattung zu gelangen. Dies wäre der Fall gewesen, hätten Berliner Stimmen die Partei noch über 0,5 Prozent der Zweitstimmen gebracht. Am Ende reichte es nur für 1,0 Prozent (minus 0,1) gegenüber 2021 in Berlin und bundesweit für 0,45 Prozent.

Inhaftierte AfD-Kandidatin legt bei Wiederholungswahl an Stimmen zu

Was die Gesamtstimmenzahl anbelangt, hat von allen im Bundestag vertretenen Parteien lediglich die AfD gegenüber 2021 absolut an Zweitstimmen zugelegt, auch wenn sie weiterhin deutlich unter dem Ergebnis von 2017 bleibt.

Trotz der gegen sie gerichteten Massendemonstrationen, von denen auch am Wahltag bundesweit mehrere stattfanden, konnte sie bei der Wiederholungswahl um etwas mehr als 5.000 Zweitstimmen zulegen. Die übrigen Parteien büßten zwischen 552 (CDU) und 53.878 Zweitstimmen (SPD) ein.

Sogar die wegen des Vorwurfs der Mitgliedschaft und Unterstützung einer terroristischen Vereinigung in Untersuchungshaft sitzende Ex-Abgeordnete Birgit Malsack-Winkemann konnte ihr Erststimmenergebnis steigern. Statt 9.221 Stimmen (5,3 Prozent) entfallen auf sie nach der Wiederholungswahl im Bezirk Steglitz-Zehlendorf 9.277 Stimmen (5,5 Prozent). Da es sich um eine Wiederholungswahl handelte, mussten identische Stimmzettel und Kandidaten aufgeboten werden.

Der Politikerin wird vorgeworfen, der „Patriotischen Union“ angehört zu haben. Diese Gruppe ist den sogenannten Reichsbürgern und der „QAnon“-Bewegung zuzuordnen. Sie stand unter der Leitung von Heinrich XIII. Prinz Reuß und soll einen Staatsstreich geplant haben. Der Generalbundesanwalt hat am 11. Dezember 2023 gegen 27 Personen Anklage erhoben. Malsack-Winkemann ist teilgeständig, bestreitet jedoch eine terroristische Absicht.



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