Bericht: Von 155 afghanischen Passagieren waren fünf als Ortskräfte für die Bundeswehr tätig
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Deutschland hat wieder gefährdete Menschen aus Afghanistan aufgenommen. Das berichten Agenturen. Am Dienstag landete ein Charterflugzeug aus Pakistan mit 155 Afghaninnen und Afghanen in Berlin, wie das Bundesinnenministerium auf Anfrage mitteilte. Mehr als die Hälfte von ihnen komme über das Bundesaufnahmeprogramm für besonders gefährdete Personen aus Afghanistan in die Bundesrepublik, erklärte ein Sprecher.
Bisher 25 Millionen Euro Kosten
Die übrigen Passagiere seien über andere Aufnahmeprogramme nach Deutschland eingereist, hieß es weiter. Dazu gehörten das Ortskräfteverfahren, die Menschenrechtsliste und das Überbrückungsprogramm. „Alle Personen an Bord des Flugzeugs haben das Aufnahme- und Visumverfahren, inklusive der Sicherheitsinterviews und -überprüfung durch die deutschen Sicherheitsbehörden, erfolgreich durchlaufen und besitzen gültige Passdokumente sowie ein gültiges Visum“, hieß es dazu aus dem Auswärtigen Amt.
80 der Aufgenommenen seien Frauen und Mädchen, darunter eine frühere afghanische Polizistin. 60 seien minderjährig, darunter 40 Kinder unter zehn Jahren. Wie die „Bild“ aus Regierungskreisen erfahren haben will, waren unter den Passagieren lediglich fünf ehemalige Ortskräfte. Gegen drei weitere Personen sei Strafanzeige gestellt worden. Sie waren mit sogenannten „Proxy-Pässen“ eingereist. Diese würden von den Taliban „willkürlich“ vergeben und werden in Deutschland nicht anerkannt.
Im Rahmen der Aufnahmeverfahren befinden sich derzeit noch weitere besonders gefährdete Personen aus Afghanistan in Pakistan, die bereits über eine rechtlich verbindliche Aufnahmezusage verfügen, hieß es vonseiten des Auswärtigen Amts weiter. Die Behörde wies darauf hin, dass sich die Flugdaten für geplante Charterflüge aus unterschiedlichen Gründen stets kurzfristig ändern könnten.
Das Bundesinnenministerium teilte auf Anfrage von Epoch Times mit, dass sich die Kosten für das Bundesaufnahmeprogramm für besonders gefährdete Personen aus Afghanistan bisher auf etwa 25 Millionen Euro belaufen. Ein wesentlicher Kostenfaktor sei die Unterstützung der Personen im Ausreiseverfahren. Künftige Kosten hängen daher insbesondere von der Dauer des Ausreiseverfahrens ab. Diese sei vom jeweiligen Einzelfall abhängig.
Sicherheitsinterviews vor der Ausreise
Die Sicherheit habe bei allen Verfahren „oberste Priorität“, heißt es aus dem Innenministerium weiter. „Die Erklärung einer Aufnahme und die Einreise dieser Personen setzen voraus, dass die strengen Aufnahme- und Sicherheitskriterien erfüllt werden“, erläutert ein Sprecher. So stünden alle Aufnahmezusagen unter dem Vorbehalt, „dass sich im weiteren Verfahren keine sicherheitsrelevanten Erkenntnisse ergeben und das Visumverfahren erfolgreich durchlaufen wird“.
Das Ausreiseverfahren werde grundsätzlich in Pakistan durchgeführt, wo Visumverfahren und Sicherheitsüberprüfungen vor der Einreise erfolgen. Am Ausreiseverfahren seien die Sicherheitsbehörden beteiligt und führten sogenannte Sicherheitsinterviews. Diese Überprüfungen dienten dazu, „Personen von einer Aufnahme und Einreise auszuschließen, bei denen Sicherheitsbedenken bestehen oder sonstige Ausschlussgründe vorliegen“.
Wann weitere Flüge geplant sind, war nicht in Erfahrung zu bringen. Das Ministerium kündige „grundsätzlich keine Flüge an“.
Wie Agenturen weiter mitteilen, kam aus der Union Kritik an der Aufnahme. Unionsparlamentsgeschäftsführer Thorsten Frei (CDU) sagte, Deutschland müsse eher Afghanen in ihre Heimat abschieben, anstatt sie nach Deutschland zu holen. Sachsens Innenminister Armin Schuster (CDU) erinnerte daran, dass „wir Länder ein ums andere Mal den sofortigen Stopp der Aufnahmeprogramme gefordert haben.“
Nouripour: Kritik an Aufnahme ist unanständig
SPD-Fraktionsvize Dirk Wiese verteidigte die Wiederaufnahme der Charterflüge für Afghanen nach Deutschland. Viele der nun eingereisten Afghanen wären für Deutschland im Einsatz gewesen. „Die haben für unsere Truppe in Afghanistan gearbeitet“, sagte er. „Wir haben eine Verantwortung für diejenigen, die für die Bundeswehr vor Ort gearbeitet haben.“ Diese Ortskräfte im Stich zu lassen, halte er für den falschen Weg.
Der frühere Grünen-Vorsitzende Omid Nouripour nannte die Kritik an den Aufnahmen „unanständig“. Er warf der Union vor, gefährdete Ortskräfte der Bundeswehr nicht schon vor der Machtübernahme der Taliban in Sicherheit gebracht zu haben. „Wir reden über Leute, die der Bundeswehr geholfen haben, den Deutschen in Afghanistan unter widrigsten Umständen geholfen haben als Lokale und deshalb gefährdet sind“, sagte Nouripour.
Insgesamt hat Deutschland nach dem Fall Afghanistans an die Taliban im August 2021 mehr als 48.000 Afghanen aufgenommen, darunter knapp 36.000 Menschen, die von der Bundesregierung als „besonders gefährdet“ eingestuft wurden. In den Wochen vor der Bundestagswahl hatte das Bundesinnenministerium (BMI) zwei Charterflüge kurzfristig abgesagt – offiziell aufgrund von logistischen Problemen. Dabei war der Verdacht laut geworden, dies könne mit der bevorstehenden Wahl zu tun gehabt haben.
Der Sprecher des Innenministeriums wies am Dienstag darauf hin, dass es für solche Verschiebungen viele Gründe geben könne. Dazu gehörten etwa Kapazitäten am Flughafen in Islamabad ebenso wie den Verkehrsflughäfen in Deutschland, Kapazitäten zur Zwischenunterbringung vor der Verteilung auf die Bundesländer oder auch die Bereitstellung von Charterflugzeugen. Ähnlich äußerte sich auch das Auswärtige Amt, auf dessen Initiative laut Innenministerium die aktuelle Terminverschiebung erfolgte.
Wie das Magazin „Focus“ berichtet, sind die 155 Flüchtlinge zunächst für eine bis zwei Wochen in zentralen Aufnahmelagern untergebracht. Dann werden sie nach dem Königsteiner Schlüssel auf die Bundesländer verteilt. Dabei ist die Zahl der aufzunehmenden Flüchtlinge abhängig von der Einwohnerzahl der jeweiligen Länder.
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