Regierung zieht positive Bilanz zum Stand der deutschen Einheit
Die Bundesregierung zieht fast 30 Jahre nach der deutschen Einheit eine überwiegend positive Bilanz. „Die insgesamt positive wirtschaftliche Entwicklung lässt sich heute am Niveau der Wirtschaftsleistung, am spürbaren und deutlichen Rückgang der Arbeitslosigkeit wie auch an einer breit aufgestellten Unternehmens- und Forschungslandschaft ablesen, die in vielen Bereichen technologische Exzellenz aufweist“, zitierte das Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) am Freitag in einer Vorabmitteilung aus dem Jahresbericht zum Stand der deutschen Einheit.
Die durchschnittliche Wirtschaftskraft der neuen Bundesländer erreichte demnach gemessen am Bruttoinlandsprodukt je Einwohner 2019 ein Niveau von knapp 73 Prozent, mit Berlin seien es sogar 79,1 Prozent des gesamtdeutschen Durchschnitts. „Die neuen Bundesländer mit und ohne Berlin verkürzen den Abstand ihrer Wirtschaftsleistung gegenüber dem bundesdeutschen Durchschnitt stetig weiter, wenn auch in kleinen Schritten“, hieß es im Bericht.
Bei einer Bewertung sei das niedrige Ausgangsniveau im Jahr 1990 von 37 Prozent relevant. Seit der Wiedervereinigung habe sich das Bruttoinlandsprodukt je Einwohner in den neuen Ländern ohne Berlin nämlich vervierfacht. Das sei „eine beachtliche Entwicklung“.
Ostdeutsche Wirtschaft hinkt hinterher
Allerdings räumt der Bericht laut RND ein, dass die ostdeutsche Wirtschaftskraft immer noch „erheblich unter dem gesamtdeutschen Niveau und dem der hochentwickelten europäischen Regionen“ liege. „Auch 30 Jahre nach dem Fall der Mauer hat noch kein Flächenland der neuen Bundesländer das Niveau des westdeutschen Landes mit der niedrigsten Wirtschaftskraft erreicht“, schreiben die Autoren demnach. „Selbst Berlin erreicht 2019 noch nicht die Wirtschaftskraft der westdeutschen Länder.“
Dafür sei eine Reihe vor allem struktureller Faktoren verantwortlich. Hierzu zählten die geringere Siedlungsdichte in den neuen Ländern und die „Kleinteiligkeit“ der ostdeutschen Wirtschaft, also das Fehlen von Konzernzentralen und von großen Mittelständlern. Zur Bilanz nach 30 Jahren gehöre ferner, „dass trotz dieser Erfolge nicht alle Bürgerinnen und Bürger gleichermaßen zufrieden sind und der Zuspruch zur Demokratie und den Institutionen in Deutschland in den neuen Ländern heute geringer ist“.
„Die politischen Wertüberzeugungen in den neuen und den alten Ländern sind eines der wenigen Felder, in denen man noch ein unterschiedliches Bild findet“, heißt es demnach weiter. Kennzeichnend dafür sei eine „in den neuen Ländern durchgängig skeptischere und auch kritischer ausgeprägte Grundeinstellung gegenüber Politik“. Eine Unzufriedenheit nennenswerter Teile der Bevölkerung, die überall in Deutschland nachweisbar sei, „ist in den neuen Ländern nochmals stärker ausgeprägt“. Aber auch diese Unterschiede seien „heute gradueller und nicht grundlegender Natur“.
Der Bericht, der erstmals unter der Federführung des neuen Ostbeauftragten Marco Wanderwitz (CDU) erstellt wurde, wurde laut RND am Freitag vom Bundeswirtschaftsministerium an die anderen Ministerien übermittelt. Er soll demnach am 16. September vom Kabinett gebilligt werden. (afp/sua)
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