Gutachten: Hamburger Amoktäter hatte wohl narzisstische Persönlichkeitsstörung

Der Amoktäter Philipp F., der in einer Hamburger Kirche der Zeugen Jehovas sieben Menschen und sich selbst erschoss, litt wohl an einer narzisstischen Persönlichkeitsstörung. Das ergibt sich laut "Zeit" aus psychiatrischen Gutachten für die Polizei.
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Blumen und Kerzen sind am 11. März 2023 vor der Kirche in Hamburg zu sehen, in der am 9. März 2023 mehrere Menschen bei einer Schießerei getötet wurden.Foto: AXEL HEIMKEN/AFP via Getty Images
Epoch Times22. März 2023

Der Amoktäter Philipp F., der in einer Hamburger Kirche der Zeugen Jehovas sieben Menschen und sich selbst erschoss, litt nach Erkenntnissen von Gutachtern mit hoher Wahrscheinlichkeit an einer narzisstischen Persönlichkeitsstörung. Das ergibt sich einem Bericht der „Zeit“ vom Mittwoch zufolge aus Analysen, die zwei Experten für Psychiatrie im Auftrag der Polizei im Zuge der Ermittlungen zur Tat zum geistigen Zustand des 35-Jährigen anfertigten.

Grundlage der Einschätzung der Gutachter war demnach ein von F. vor der Tat veröffentlichtes Buch, in dem dieser apokalyptische Weltsichten und quasi-religiöse Thesen ausbreitete. Laut einem der Experten, dessen Gutachten der „Zeit“ vorlag, litt der Täter mit hoher Wahrscheinlichkeit an einer Persönlichkeitsstörung mit überwiegend narzisstischen Anteilen. F. habe deutliche Anzeichen von Selbstüberschätzung und Größenwahn und ein übersteigertes Bedürfnis nach Anerkennung gezeigt, stellte dieser fest.

Eindeutige Hinweise auf psychotische Erkrankungen mit Wahnsymptomen fand der regelmäßig als Gutachter in Gerichtsprozessen tätige Psychiater der „Zeit“ zufolge nicht, auch keine klaren Anzeichen für andere psychische Erkrankungen oder Drogensucht. Vor der Tat war bei der Waffenbehörde ein anonymer Hinweis eingegangen, demzufolge F. an Verfolgungswahn und einer nicht diagnostizierten mutmaßlichen Schizophrenie leiden könnte. F. war Sportschütze und besaß legal eine Pistole, die er auch bei der Tat nutzte.

Philipp F. bot Beraterdienste an: Tagessatz 250.000 Euro

F. hatte vor knapp zwei Wochen während eines Gottesdiensts in einer Hamburger Gemeinde der Zeugen Jehovas sieben Menschen und anschließend sich selbst erschossen. Er hatte nach Angaben der Ermittlungsbehörden bis vor etwa eineinhalb Jahren selbst zu der Gemeinde gehört, verließ diese aber unter nicht abschließend geklärten Umständen. Neun Menschen wurden bei der Tat verletzt, die im In- und Ausland für viel Entsetzen sorgte.

Im Dezember hatte F. im Selbstverlag ein rund 300-seitiges Buch mit dem Titel „Die Wahrheit über Gott, Jesus Christus und Satan“ veröffentlicht, das er laut Medienberichten als ein neues theologisches Standardwerk von Weltrang anpries. Er betrieb darüber hinaus eine Internetseite, in denen er seine Dienste als Berater für einen Tagessatz von 250.000 Euro anbot.

Anderes Gutachten stuft F. als „religiösen Fanatiker“ ein

Bereits am Mittwoch berichtete der „Spiegel“ über ein weiteres Gutachten, das ein Experte für Extremismus und Terrorismus auf Grundlage des Buchs über F. verfasste. Demnach stufte der Fachmann F. als einen „religiösen Fanatiker“ ein, dessen plausibelstes Tatmotiv „Hass auf christliche Religionsgemeinschaften“ sei. Demnach vertrat der Täter die Auffassung, dass diese ihren Gläubigen „die Wahrheit“ vorenthielten. Hinweise auf geplante Gewalttaten enthielt das Traktat des 35-Jährigen demnach nicht.

Auch die Zeugen Jehovas, gegen die sich der Amoklauf richtete, werden in dem Buch dem Gutachter zufolge überhaupt nicht erwähnt. Es handle sich daher nicht um eine „Manifest“, wie es andere Täter vor vergleichbaren Verbrechen schon hinterlassen hätten, sagte der Experte dem „Spiegel“. Feststellungen zum psychischen Zustand enthält dessen Gutachten nicht.

Einige Wochen vor der Tat war bei der Hamburger Waffenbehörde ein anonymer Hinweis auf F. eingegangen, in dem unter anderem auch auf dessen über eine große Verkaufsplattform im Internet vertriebenes Buch verwiesen wurde. Eine Internetsuche von Beamten führte laut Behörden allerdings nicht zu dem Buch. Bei einer waffenrechtlichen Zuverlässigkeitskontrolle in Philipp F.s Wohnung wurden darüber hinaus keine nennenswerten Verstöße festgestellt. (afp/il)



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