Bergfest im Kabinett: Pensionsansprüche im Fall des Ampel-Aus gesichert
Am 8. Dezember 2023 jährt sich die Vereidigung des Regierungskabinetts Olaf Scholz zum zweiten Mal. Wie der Bundeskanzler und seine Minister ihr „Bergfest“ feiern werden, steht bislang nicht fest. Klar ist aber schon jetzt, dass 14 von insgesamt 16 Ressortchefs mit dem Stichtag automatisch erweiterte Ansprüche aus dem „Gesetz über die Rechtsverhältnisse der Mitglieder der Bundesregierung“ (Bundesministergesetz/BMinG) entstehen werden. Und zwar beim Ruhegehalt.
Grundsätzlich entsteht ein Anspruch auf eine im Alter auszuzahlende Pension für ein Mitglied der Bundesregierung zwar erst, wenn es „mindestens vier Jahre“ ununterbrochen Teil der Regierung war. Diese Frist wird gemäß Paragraf 15.1 BMinG aber mithilfe einer „rechtlichen Fiktion“ auf zwei Jahre verkürzt, falls:
- der Bundestag dem Kanzler gemäß Artikel 67 des Grundgesetzes das Misstrauen ausspricht
- eine wie auch immer geartete „Erledigung des Amtes des Bundeskanzlers“ eintritt
- der Bundestag aufgelöst wird
Im Klartext: Wenn es nach dem 8. Dezember 2023 zu einem erfolgreichen Misstrauensvotum, einem Kanzlerrücktritt oder zu Neuwahlen kommen sollte, hätten jene amtierenden 14 Minister, die schon bei Regierungsantritt 2021 vereidigt worden waren, ihre BMinG-Ruhestandsgehälter fürs Alter im Trockenen. Und das, obwohl sie keine vier Jahre im Amt gewesen wären und auch selbst nichts zurückgelegt hätten.
Auszahlung schon mit 60 möglich
Ausgezahlt wird das Ruhegehalt allerdings erst bei Erreichen der Regelaltersgrenze für Beamte, die spätestens mit 67 Jahren erreicht ist, oder auf Antrag schon mit Vollendung des 60. Lebensjahrs – dann allerdings mit Abschlägen von bis zu 14,4 Prozent.
Nicht in den Genuss einer Pension als Bundesministerin wird die frühere Familienministerin Anne Spiegel (Grüne) kommen: Sie war schon im Frühjahr 2022 zurückgetreten, nachdem sie viel Kritik wegen ihres Verhaltens während der Überflutungskatastrophe im Ahrtal hatte einstecken müssen. Auch Christine Lambrecht (SPD) hatte ihr Amt als Verteidigungsministerin schon vor der Zeit aufgegeben: Im vergangenen Januar machte sie Platz für Boris Pistorius (SPD).
FDP bemängelt Höhe des Ruhegehalts
Die Höhe der Ruhebezüge hängt davon ab, wie hoch die „Amtsbezüge“ als Minister oder Kanzler waren. Nach Informationen des Bundes der Steuerzahler liegen die Amtsbezüge pro Minister und Monat derzeit bei 16.815 €, die des Kanzlers bei 20.702 Euro. Nach Paragraf 15.3 BMinG (PDF-Datei) beträgt das Ruhegehalt mindestens 27,74 Prozent der Summe aus Amtsgehalt und Ortszuschlag und kann je nach Anzahl der Dienstjahre auf bis zu 71,75 Prozent ansteigen.
Der Steuerzahlerbund errechnete daraus ein Ruhegehalt von mindestens rund 4.660 €, die je nach Anzahl der Dienstjahre eines Ex-Bundesministers auf höchstens 12.060 € pro Monat anwachsen könnten. Denn jedes Dienstjahr, das über vier Jahre hinausgehe, schlage mit zusätzlichen 400 € Pension pro Monat zu Buche.
Nach Angaben der „Süddeutschen Zeitung“ (SZ) findet die FDP die Altersversorgung der Regierungsmitglieder „allzu üppig“ und damit „unverhältnismäßig“. Ginge es nach den Liberalen im Bundestag, dann solle die „rechtliche Fiktion“ aus Paragraf 15 BMinG weichen, sodass ein Minister, der nur zwei Jahre im Amt war, auch nur die Hälfte eines Ministers bekommt, der die volle Legislatur dabei war. Außerdem setze sich die FDP für höhere Abschläge bei Ministern ein, die ihr Ruhegehalt bereits mit 60 Jahren ausgezahlt haben wollten.
Auch die Linke macht sich nach SZ-Angaben für Kürzungen stark: Noch-Fraktionschef Dietmar Bartsch habe bereits 2019 gefordert, dass auch Berufspolitiker „in die gesetzliche Rente einzahlen“ sollten: „Wir müssen wegkommen von diesen Extra-Systemen für Abgeordnete und Minister“.
Zum Vergleich: Nach dem aktuellen „Rentenatlas 2023“ (PDF-Datei) der Deutschen Rentenversicherung lag der durchschnittliche, noch zu versteuernde Bruttobetrag der monatlichen Altersrenten nach mindestens 35 Versicherungsjahren in Deutschland Ende 2022 bei 1.550 Euro. Männer hätten demnach im bundesweiten Schnitt Ansprüche von 1.728 Euro, Frauen Ansprüche von 1.316 Euro angesammelt.
Mindestens sechs Monate Übergangsgeld
Nach Paragraf 14, Absatz 1 BMinG steht jedem Mitglied der Bundesregierung schon vom ersten Tag seiner Tätigkeit an auch ein befristetes Übergangsgeld zu, sobald seine Amtsbezüge nicht mehr fließen. In den ersten drei Monaten würde das Übergangsgeld aus dem bisherigen Amtsgehalt plus Ortszuschlag bestehen. In den Monaten danach aus der Hälfte dieser Summe.
Das gilt auch für den Fall, dass das Amtsverhältnis eines Ministers mitten in der Legislatur zu einem Ende gelangte. Nach Paragraf 14, Absatz 2 BMinG wird dieses „Übergangsgeld“ genauso lange gewährt, wie der Minister im Amt war, mindestens aber sechs Monate und höchstens 24 Monate. Wirtschaftsminister und Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) beispielsweise, in der „Ampel“ von Anfang an dabei, könnte nach einem Ausscheiden volle 24 Monate Übergangsgeld kassieren. Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius hätte sich zum 8. Dezember erst zwölf Monate Übergangsgeld verdient.
Je früher ein Ex-Minister wieder eine Erwerbstätigkeit aufnimmt, desto schneller schrumpft aber auch sein Übergangsgeld: Nach Paragraf 14, Absatz 6 BMinG werden „alle Erwerbseinkünfte aus einer privaten Berufstätigkeit angerechnet“, sobald der zweite Monat Übergangsgeld anbricht.
Die Bundestagswahl 2021
Der aktuelle, nunmehr 20. Deutsche Bundestag wurde am 26. September 2021 gewählt. Nach Angaben der offiziellen Website versammelten sich genau einen Monat später 724 Abgeordnete aus damals sechs Fraktionen zu ihrer konstituierenden Sitzung im Plenum. Die Spitzenvertreter der SPD, der Grünen und der FDP benötigten einen weiteren Monat, um sich auf ein gemeinsames Regierungsbündnis zu einigen. Am 25. November präsentierten sie unter dem Motto „Mehr Fortschritt wagen“ ihren Koalitionsvertrag.
Am 8. Dezember 2021 wurde der Sozialdemokrat Olaf Scholz mit 395 von 707 abgegebenen Stimmen in geheimer Wahl zum Bundeskanzler gewählt. Noch am selben Tag nahm Bundestagspräsidentin Bärbel Bas den neuen Ministerinnen und Ministern ihren Amtseid ab.
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