Bekommt der WHO-Chef ein Pandemie-Weisungsrecht? (Teil 2)
Uwe Kranz, ehemaliger Präsident des Landeskriminalamtes in Thüringen, und Marianne Grimmenstein-Balas, die 2016 mit einer Verfassungsbeschwerde gegen das CETA-Handelsabkommen Bekanntheit erlangte, haben Mitglieder der Bundesregierung und andere Bundespolitiker wegen des Verdachts des versuchten Hochverrats und weiterer möglicher Straftatbestände im Sommer 2023 beim Generalbundesanwalt angezeigt.
Kranz und Grimmenstein-Balas sehen im Rahmen von politischen Entscheidungen zur Beteiligung der Bundesrepublik am WHO-Pandemievertrag mehrere staatstragende Verfassungsgrundsätze und Gesetze zum Schutz der deutschen Bürger verletzt.
Während im Teil 1 zu diesem Thema die ablehnende Reaktion der Generalbundesanwaltschaft im Mittelpunkt stand, so geht es jetzt um die kritischen Punkte, die die beiden Menschenrechtler in den WHO-Instrumenten, dem WHO-Pandemievertrag und den Änderungen der Internationalen Gesundheitsvorschriften (IHR) sehen.
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Die Ausarbeitung des WHO-Pandemievertrages wurde am 1. Dezember 2021 mitten in der Corona-Krise durch die WHO-Mitgliedstaaten zur „Stärkung der Pandemieprävention, -vorsorge und –reaktion“ beschlossen. Gleichzeitig einigte man sich darauf, die IHR ändern zu wollen.
Ziel sei es, so erklärte das Bundesgesundheitsministerium gegenüber Epoch Times, sich auf gemeinsame Regeln „zur Vorbeugung von, Vorsorge für und Reaktion auf Gesundheitskrisen zu einigen und diese in völkerrechtlichen Vereinbarungen festzuschreiben.“
Die Entwürfe zu beiden gesundheitspolitischen Instrumenten sollten bis 27. Januar 2024 unterschriftsreif, den WHO-Mitgliedstaaten vorgelegt und bei der 77. Sitzung der WHO-Versammlung am 27. Mai 2024 verabschiedet werden. Ob sie rechtzeitig vorgelegt wurden, ist unklar. Das Ministerium beantworte die Frage der Epoch Times dazu nicht.
„Da die Inhalte des internationalen Pandemieabkommens derzeit noch zwischen den Mitgliedstaaten der WHO ausgehandelt werden, können über die endgültige Ausgestaltung des Abkommens noch keine Aussagen getroffen werden“ hieß es am 5. März in einer Antwort-E-Mail lediglich.
Und weiter: Für die Mitgliedstaaten der Europäischen Union verhandele die EU-Kommission und stimme sich eng mit den Mitgliedstaaten ab. Die EU und ihre Mitgliedstaaten hätten sich umfangreich zu den ersten Entwürfen des Abkommens positioniert und weitere Vorschläge eingebracht.
Wenn sie nicht zum 27. Januar vorgelegt wurden, sieht Kranz einen weiteren Rechtsbruch, dieses Mal seitens der WHO. Denn in den aktuell gültigen Internationalen Gesundheitsvorschriften (2005) heißt es: „Der Wortlaut jeder vorgeschlagenen Änderung soll allen Vertragsstaaten durch den Generaldirektor mindestens vier Monate vor der zur Beratung vorgesehenen Gesundheitsversammlung, vorgelegt werden.“
In den Augen von Kranz und Grimmenstein-Balas hätten die von den Regierungen umgesetzten WHO-Empfehlungen der letzten Jahre häufig Schaden angerichtet.
Nach Inkrafttreten des WHO-Pandemievertrages und der neuen Gesundheitsvorschriften könnte sich diese Situation noch verschärfen. Die Empfehlungen der WHO wären dann wie „Befehle“.
Allerdings bestritt ein Gesundheitsministeriumsvertreter im September 2023 während einer öffentlichen Sitzung des Petitionsausschusses des Bundestages, dass Entscheidungen der WHO verbindlich von der Bundesregierung umgesetzt werden müssen.
WHO-Direktor soll erweiterte Befugnisse bekommen
Die Menschenrechtler sehen in den letzten Entwürfen des WHO-Pandemievertrages laut ihrer Anzeige kritische Punkte. So verpflichten sich die Unterzeichnerstaaten laut der vorläufigen Fassung des Pandemievertrages Folgendes umzusetzen:
– Stärkung der zentralen Rolle der WHO als leitende und koordinierende Behörde (Art.3)
– Anreize (Geld) für Pharmafirmen zur Entwicklung, Produktion, Verteilung und Bevorratung ihrer Produkte (Art. 9)
– Erleichterung des raschen Zugangs der WHO zu Ausbruchsgebieten, unter anderem durch die Entsendung von Expertenteams zur Bewertung und Unterstützung der Reaktion auf neu auftretende Ausbrüche, (Art. 15)
– Bereitstellung von Vorräten, Rohstoffen und anderen notwendigen Inputs für die nachhaltige Produktion von Pandemieprodukten (insbesondere pharmazeutische Wirkstoffe), auch für die Bevorratung (Art. 6)
– Zusammenarbeit mit dem Privatsektor (wie Pharmakonzerne) und der Zivilgesellschaft (wie Stiftungen) in allen möglichen Varianten (Art. 11)
– Entschädigung für Impfstoffgeschädigte nur in einem begrenzten Zeitraum (Art. 10)
– „Infodemien“ über geeignete Kanäle, einschließlich der sozialen Medien, managen, Falsch- und Desinformation entgegenwirken (Art. 17).“
Als besonders bedenklich sehen die Kläger die Möglichkeit, dass der WHO-Generaldirektor regionale oder globale Gesundheitsnotlagen ohne Zustimmung der betroffenen Regierungen ausrufen könnte.
„Recognizing the central role of WHO as the directing and coordinating authority on international health work, and mindful of the need for coordination with regional organizations, entities in the United Nations system and other intergovernmental organizations, the WHO Director-General shall, in accordance with terms set out herein, declare pandemics,“ laut der vorläufigen vom Fassung des Pandemievertrages.
Die Frage der Epoch Times zu diesem Punkt blieb in der Antwort des Gesundheitsministeriums unbeantwortet.
Staatssekretärin Sabine Dittmar (SPD) sagte jedoch während der Petitionsausschusssitzung im September, dass es derzeit noch diskutiert werde, ob der Generaldirektor eine solche Befugnis erhalten werde. Aktuell könne jener allerdings eine „gesundheitliche Notlage internationaler Tragweite“ ausrufen, was an sehr strenge Kriterien gebunden sei. Selbst wenn aber eine Pandemie ausgerufen werde, liege es in der Entscheidung der einzelnen Länder, „wie mit der Problematik umgegangen wird“, so die SPD-Politikerin weiter. Ein Eingriff in die Souveränität der Staaten sei aus Sicht der Staatssekretärin mit dem WHO-Vertrag nicht verbunden.
One-Health-Ansatz der UNO
Kranz und Grimmenstein-Balas kritisieren auch, dass mit dem WHO-Pandemievertrag der One-Health-Ansatz völkerrechtlich verankert würde, der dann auch für die Nutz-, Wild- und Haustiere, für die gesamte Pflanzenwelt und das Klima gelte. Das bedeutet in den Augen der UN-Organisation mögliche mRNA-Zwangsimpfungen in Stall, Gehege oder auf der Weide, „ansonsten die Keulung von Hunderttausenden Tieren“, so Kranz.
Der One-Health-Ansatz basiert laut Bundesregierung auf dem Verständnis, dass die Gesundheit von Mensch, Tier, Klima und Umwelt eng miteinander zusammenhängt. Er soll der Vorbeugung dienen und die interdisziplinäre Zusammenarbeit, insbesondere zwischen Humanmedizin, Veterinärmedizin und Umweltwissenschaften fördern.
Im aktuellen Entwurf für den Pandemievertrag heißt es, dass „die meisten auftretenden Infektionskrankheiten von Tieren, einschließlich Wildtieren und domestizierten Tieren, ausgehen und dann auf den Menschen übergreifen“. (Art. 18)
Die Annahme des Internationalen WHO-Pandemievertrages durchläuft drei Stufen und folgt dem Opt-in-Prinzip. Zuerst muss eine Zweidrittelmehrheit der Delegierten in der WHO-Versammlung ihm zustimmen. Danach müssen Bundestag und Bundesrat mit einfacher Mehrheit den Vertrag ratifizieren. Nachdem mindestens 30 Staaten von den 194 WHO-Mitgliedstaaten den WHO-Pandemievertrag ratifiziert haben, ist er völkerrechtlich verbindlich.
Aktuell ist der Vertrag noch in der Ausarbeitungsphase. Die vorläufige, letzte Version finden Sie hier.
Achtung der Würde, Menschenrechte und Grundfreiheiten wurden gestrichen
Neben dem WHO-Pandemievertrag halten Kranz und Grimmenstein-Balas den letzten Entwurf für die Internationalen Gesundheitsvorschriften (IHR) für problematisch:
– Achtung der Würde, Menschenrechte und Grundfreiheiten von Personen wurden gestrichen (Art. 3)
– Streichung der Formulierung „nicht-bindend“ bei den Empfehlungen der WHO (Art. 1, 42)
– Regierungen sollen die Einhaltung der WHO-Bestimmungen (bisher nur unverbindliche Empfehlungen) durch nicht staatliche Akteure sicherstellen (Neuer Artikel 13A)
– verbindliche Überprüfungen der Einhaltung von Empfehlungen/Bestimmungen durch den Dringlichkeitsausschuss der WHO (Art. 48)
– Ausweitung des Anwendungsbereiches der IHR auf „alle Risiken, die sich auf die öffentliche Gesundheit auswirken können“ (Art. 2)
– Ausdehnung der IHR auf alle potenziellen, regionalen und temporären Ziele und sonstige Erkrankungen, deren Verbreitung von Mensch zu Mensch nicht ausgeschlossen werden kann (Art. 12)
– Gesundheitsdokumente können Informationen über Labortests enthalten, auch ohne Gesundheitsnotlage (Art. 23, Anhang 6)
– Der WHO-Generaldirektor kann ohne Zustimmung betroffener Regierungen regionale oder globale „Gesundheitsnotstände“ ausrufen (Art. 12)
– Nach Ausrufung eines „internationalen Gesundheitsnotstandes“ sind Kontaktverfolgung, Grenzschließung, Reisebeschränkungen, Lockdowns, Zwangsquarantäne, Einreiseverbot, Flugverbot, Zwangsimpfung, Impfnachweis/-ID, Zwangsmedikation möglich (Art. 18, 23, Anhang 6).“
Die Änderungen der Internationalen Gesundheitsvorschriften (IHR) können mit einfacher Mehrheit von den Delegierten der WHO-Mitgliedstaaten – ohne Mitwirkungen des deutschen Parlaments – beschlossen werden. Sie treten nach einer zehnmonatigen Konsultationsperiode in Kraft. Eine Mitwirkung und eine Ratifizierung durch den Bundestag ist nicht notwendig (Opt-out-Prinzip). Danach sind sie für alle WHO-Mitgliedstaaten völkerrechtlich verbindlich.
Kranz weist daraufhin, dass die Entscheidungen der WHO keine demokratische Legitimation habe, intransparent sei und nicht juristisch angefochten werden könne. „Es gibt keine Rechtsmittel gegen die WHO – außer den Austritt.“
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