Beim RBB laut Gericht „sittenwidrig“ – ZDF hält an umstrittenen Ruhegeldern fest

Reizwort der öffentlich-rechtlichen Korruptionsskandale ist „Ruhegeld“, ein oft exorbitantes Zusatzsalär für ÖR-Spitzenfunktionäre nach Auslaufen ihrer Verträge. Gerade erst hat ein Berliner Gericht einen dieser RBB-Verträge als sittenwidrig und nichtig erklärt, einige ARD-Anstalten streichen zukünftig die üppige Versorgung — das ZDF aber hält daran fest.
ZDF-Intendant Norbert Himmler.
ZDF-Intendant Norbert Himmler bekommt ein Jahresgehalt von 372.000 Euro und üppiges Ruhegeld, falls er frühzeitig ausscheiden sollte.Foto: Arne Dedert/dpa
Von 11. Oktober 2023

Seit dem RBB-Korruptions-Skandal im letzten Sommer rund um die Ex-Intendantin Patricia Schlesinger stehen die Öffentlich-Rechtlichen und der Umgang mit den Gebührengeldern zunehmend im Fokus des öffentlichen Interesses: Besonders in die Kritik geraten sind die sogenannten Ruhegelder. Ruhegelder sind eine Art Übergangsgeld für „Spitzenpersonal“ in den öffentlich-rechtlichen Sendern, insbesondere Direktoren oder Intendanten. Wenn so jemand aus dem Job ausscheidet, etwa weil ein Vertrag nicht verlängert wird, kann es Ruhegeld geben, meist bis zu dem Tag, an dem die gesetzliche Rente beginnt.

Beispiel RBB: Üppige Trostpflaster auf Gebührenzahlerkosten

So zum Beispiel im krisengeschüttelten RBB, der in den nächsten Jahren fast 50 Millionen Euro einsparen muss und den Sparkurs vor allem bei Programm und Personal durchsetzen will. Die „Tagesschau“ lieferte Ende 2022 die Zahlen dazu, als sie Details aus dem Dienstvertrag des damaligen rbb-Programmdirektors Jan Schulte-Ellinghaus veröffentlichte: Bei einer Basisvergütung von 215.000 Euro sei dort geregelt, dass das Ruhegeld am Tag des eigentlichen Vertragsbeginns 45 Prozent der Basisvergütung beträgt und mit jedem weiteren vollendeten Dienstjahr um einen Prozentpunkt bis zur Höchstgrenze von 60 Prozent der letzten vertraglich vereinbarten Basisvergütung steigt.

Super Deal: 8.000 Euro für einen Tag als Direktor

Das bedeutet im Klartext: Nach nur einem Tag als Direktor kann es also schon 8.000 Euro pro Monat geben – und zwar lebenslang. Dies galt auch, wenn der RBB seinem damaligen Direktor nach Ablauf seines Vertrages keinen weiteren anbietet. Der 54-Jährige hätte dann lebenslang Anspruch auf ein jährliches, sechsstelliges Ruhegeld ab dem Tag der Trennung gehabt. Auf das verzichtete dieser aber, als er Ende Januar 2023 auf eigenen Wunsch den RBB verließ.

Er bekam aber dennoch ein üppiges Trostpflaster. Der öffentlich-rechtliche Sender zahlte dem Manager noch zwei Jahre monatlich 18.000 Euro (insgesamt fast eine halbe Million), später, ab seinem 67. Lebensjahr bekommt er eine Pension in Höhe von 9.000 Euro. Für dieses Abfindungspaket verzichtete Schulte-Kellinghaus auf das üppige Ruhegeld, das ihm ab dem Tag der Trennung zugestanden hätte.

Gericht bestätigt „sittenwidrige Verträge“

Andere RBB-Spitzenverdiener versuchten, ihr Ruhegeld durchzusetzen: Zuletzt aber erklärten zwei Richter des Berliner Arbeitsgerichts unabhängig voneinander die Dienstverträge früherer RBB-Direktoren für „sittenwidrig“ und damit für nichtig. Begründung wurde die Sittenwidrigkeit mit den vereinbarten Ruhegeldern, die den Funktionären ab dem Tag ihres Ausscheidens gezahlt werden sollten.

Unter anderem bekommt die gefeuerte Juristische Direktorin des RBB, Susann Lange, vorerst nicht die geforderten Ruhegelder in Höhe von insgesamt 1,8 Millionen Euro in den nächsten Jahren, die der RBB ihr laut ihrem Vertrag zahlen sollte. Das Berliner Arbeitsgericht erklärte den lukrativen Vertrag für „sittenwidrig“ und damit hinfällig, da ein grobes Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung bestehe.

Spitzenversorgung für öffentlich-rechtliche Spitzenkräfte

Die neue Programmdirektorin des RBB, Martina Zöllner, seit März 2023 Nachfolgerin von Jan Schulte-Kellinghaus, wird nach ihrem Ausscheiden aus dem Sender keinen Anspruch mehr auf Ruhegeld haben. Der RBB werde „bei künftigen AT-Verträgen mit Geschäftsleitungsmitgliedern kein Ruhegeld mehr vereinbaren“, hieß es dazu in der Antwort auf eine Anfrage des SPD-Abgeordneten Sven Lehmann.

Auch einige andere ARD-Sender haben das Übergangsgeld für ihr Spitzenpersonal abgeschafft, indem bei Neuverträgen kein Ruhegeld mehr vertraglich zugesichert wird – so der SWR, der Bayerische Rundfunk, Radio Bremen oder der WDR. Der Saarländische Rundfunk hat für seine Führungsspitze keine zusätzlichen Regelungen dieser Art, genauso wenig wie das Deutschlandradio.

Der NDR und auch der MDR haben nach wie vor Ruhegeld-Regelungen, um ihre Führungsebene gut zu versorgen, selbst wenn sie die Spitzenpositionen nicht mehr innehaben.

20 Millionen Euro allein für sechs ZDF-Funktionäre

Aber auch das ZDF, bislang in den Filz- und Bereicherungsskandalen der Öffentlich-Rechtlichen größtenteils unter dem medialen Radar geblieben, zahlt die umstrittenen Ruhegelder und behält diese auch in Zukunft bei Neuverträgen bei, wie „Business Insider“ berichtet.

Mit dem Zweiten kassiert man besser – hier hat sich die Führungsebene „maßlos abgesichert“, kommentiert die Junge Freiheit. Intendant Norbert Himmler (Jahresgehalt: 372.000 Euro) und alle fünf Direktoren erhalten Ruhegelder für den Fall, dass ihr Vertrag enden oder nicht verlängert werden sollte. Sie bekommen auch dann die Leistungen, und zwar lebenslang, wenn sie nicht im Rentenalter sind. Im Fall von ZDF-Intendant Himmler sind das noch circa 15 Jahre. Um allein diese sechs Funktionäre beim Ausscheiden versorgen zu können, hat das ZDF 20 Millionen Euro an Rückstellungen gebildet.

Fast zehn Prozent der Zwangsgebühr allein für ARD-Pensionen

Das alles wird bezahlt von zwangsweise erhobenen Gebühren, im Moment beträgt der Rundfunkbeitrag 18,36 Euro pro Haushalt/Monat. Davon entfallen allein auf die ARD 12,78 Euro (69,61 Prozent) pro Monat, rechnet „Bild“ vor: „Davon fließen laut dem Sender im Durchschnitt wiederum 9,31 Prozent in die ‚betriebliche Altersvorsorge ARD‘, nämlich 1,19 Euro.“

Das heißt, dass jeder Bürger rund 14,28 Euro der ihm abverlangten Rundfunkgebühren pro Jahr für die Pensionen der ARD zahlt und nicht etwa für das Programm. Zum Vergleich: Den 1,19 Euro für die Altersvorsorge der ARD stehen 25 Cent, die in die Tagesschau fließen, 34 Cent für Kultur und Wissenschaft sowie 74 Cent für Sport-Programme gegenüber.



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