Bayern und Hessen: AfD erobert letzte Landtage – was erwartet die Parlamente?

Nach den Landtagswahlen in Bayern und Hessen wird die AfD aller Voraussicht nach in allen Landesparlamenten in Deutschland sitzen. Der Vergleich zeigt: AfD ist nicht gleich AfD. Daher lässt sich nur schwer absehen, was die Parlamente in München und Wiesbaden erwartet.
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Der bayrische Landtag in München.Foto: Sean Gallup/Getty Images
Epoch Times12. September 2018

Nach den Landtagswahlen in Bayern und Hessen wird die AfD aller Voraussicht nach in allen Landesparlamenten in Deutschland sitzen. Doch was kommt da auf die anderen Abgeordneten und Bürger zu? Wie könnten sich die Politik und der Stil ändern? Ein Blick in die 14 anderen Volksvertretungen, in denen die AfD vertreten ist:

In der Mehrzahl der Landesparlamente ist die AfD-Fraktion nicht mehr das, was sie beim Einzug ins Parlament war. Während in Brandenburg bloß der Wechsel von AfD-Chef Alexander Gauland in den Bundestag für die Veränderung verantwortlich war, schmiss die Hamburger Fraktion den immer wieder durch rechtspopulistische Ausfälle aufgefallenen Ludwig Flocken raus. In der Hansestadt war die AfD 2015 zum ersten Mal in ein westdeutsches Parlament eingezogen. In Mecklenburg-Vorpommern trennte sich die Fraktion von einem Mitglied wegen gewaltverherrlichender Aussagen in einem Internet-Chat.

Dort sowie in Bremen, Sachsen-Anhalt, Sachsen und Nordrhein-Westfalen verließen Abgeordnete zudem freiwillig die AfD-Fraktion, wechselten zu anderen Parteien, gründeten neue Gruppierungen oder nehmen seither fraktionslos am parlamentarischen Geschehen bei. Prominentestes Beispiel ist wohl die einstige AfD-Bundeschefin Frauke Petry, die mit vier Mitstreitern nun als „Blaue Gruppe“ in Sachsen Politik macht.

Heftiger eskalierte ein interner Streit in Baden-Württemberg: Kein halbes Jahr nach der Wahl zerbrach die AfD-Fraktion am Konflikt über den Umgang mit einem Abgeordneten wegen antisemitischer Äußerungen. Der damalige Fraktions- und heutige Bundeschef Jörg Meuthen verlangte den Ausschluss des Mannes, fand dafür aber keine Mehrheit und gründete eine eigene Fraktion. Der umstrittene Politiker trat schließlich aus der Rest-Fraktion aus, die beiden Fraktionen vereinten sich wieder.

Inhaltlich geht es bei der AfD in den Landtagen oft um die Themen Flüchtlinge/Migration und Innere Sicherheit – aber nicht nur. AfD-Abgeordnete etwa in Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein treten vergleichsweise moderat und gemäßigt auf und versuchen, sich mit Sacharbeit einzubringen, und fallen vor allem durch zahlreiche Anfragen auf. Die Kollegen in Berlin erarbeiteten umfassende Konzepte für Verkehr und Bildung. Nach der Hochphase der Flüchtlingskrise geht es bei Anträgen der sächsischen AfD inhaltlich querbeet. Der Schutz ungeborenen Lebens war genauso Thema wie Fachkräfte- und Lehrermangel. Auch in Schwerin bedient die AfD ein breites Spektrum: von Agrar-, über Klima- bis zur Gesundheitspolitik. Einige Anträge scheinen dabei stark angelehnt an frühere Vorlagen der Linken.

Doch laufen Anträge der AfD in manchem Landtag oft auf das Thema Migration und Flüchtlinge hinaus, auch wenn es vordergründig um etwa anderes geht. So wollte die niedersächsische Fraktion das Schächten verbieten, weil es Tierquälerei sei. In der Fraktion in Thüringen gibt es einige Sach- und Fachpolitiker; für Aufregung und hitzige Parlamentsdebatten sorgt aber oft Fraktionschef Björn Höcke.

Dann geht es zum Beispiel um das „Versagen der Altparteien“. Generell ist der Ton in vielen Parlamenten seit dem Einzug der AfD schärfer geworden. So gehören zum Rede-Repertoire des einzig verbliebenen AfDlers in der Bremischen Bürgerschaft, Alexander Tassis, harsche Worte wie „lügnerisches Merkelantentum“ und „verbrecherische Eliten“. Nach den Vorfällen in Chemnitz sprach der schleswig-holsteinische Fraktionschef Jörg Nobis von „Lügenpresse“. Die AfD-Abgeordneten in Stuttgart fallen durch scharfe Rhetorik auf, etwa gegen die erste türkischstämmige Landtagspräsidentin Deutschlands.

Der rheinland-pfälzische AfD-Landeschef Uwe Junge verschärfte im Mai offiziell die Gangart gegenüber den übrigen vier Landtagsparteien: „Ihr werdet Euren lächerlichen Kampf gegen Rechts verlieren, weil die Realität immer schon rechts war.“ Und im Landtag von Düsseldorf doziert ein promovierter Mathematiker oft und gerne, dass „linksgrüne Umwelt-Ideologen“ es mit vermeintlichem Klimawandel und Diesel-Verschmutzung total übertreiben würden. Kritik gibt es vielerorts darüber hinaus an Kontakten von AfD-Abgeordneten in die rechte Szene.

Verglichen mit der NPD ist der Ton der AfD in Mecklenburg-Vorpommern zwar nicht so aggressiv. Doch reizen die Redner oft die Grenzen des parlamentarisch Zulässigen aus. In Sachsen dagegen provozieren die AfD-Abgeordneten im Parlament zwar nicht – anders als damals die NPD. Es gibt aber einen krassen Gegensatz zwischen Äußerungen im Landtag und den für die Öffentlichkeit bestimmten Pressemitteilungen der Partei, die im Stil jenen der NPD gleichen. So will die AfD sich offenkundig von etablierten Parteien nach außen abgrenzen.

Apropos politische Konkurrenz: Die tut sich offensichtlich schwer mit den Neulingen in den Parlamenten – oder macht es sich einfach und ignoriert die AfD. Während diese wie in Niedersachsen betont, zur Zusammenarbeit bereit zu sein, verweigern andere Parteien oft die Kooperation. Anträge und Gesetzentwürfe der AfD werden abgelehnt. Die AfD wiederum stimmt je nach Interessenlage mit den anderen oder auch dagegen. Vertreter der Regierungsfraktionen im Saarland kritisieren gelegentlich mangelnde Mitarbeit der AfD in den Ausschüssen.

Bei manchen Themen wie der Flüchtlings- und Sicherheitspolitik sind sich CDU und AfD zum Beispiel in Rheinland-Pfalz inhaltlich ähnlich. Dass beide für ein Thema stimmen, kommt vor, aber selten – etwa bei der Forderung nach schneller Abschiebung straffälliger Flüchtlinge.

Ein vermeintlicher Interessenskonflikt endet manchmal recht laut: Als die CDU in Potsdam vor kurzem einem AfD-Antrag zur Stärkung des ländlichen Raums zustimmte, löste sie damit scharfe Kritik der anderen Fraktionen aus. Für bundesweites Aufsehen und sogar einen Rüffel von CDU-Bundeschefin Angela Merkel sorgten ihre Parteikollegen in Sachsen-Anhalt voriges Jahr, als große Teile der CDU-Fraktion gegen ihre Koalitionspartner SPD und Grüne, dafür mit der AfD für eine Einsetzung einer Enquete-Kommission Linksextremismus stimmten.

Der Vergleich zeigt: AfD ist nicht gleich AfD. Daher lässt sich nur schwer absehen, was die Parlamente in München und Wiesbaden erwartet. (dpa)



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