Bayern: Freie Wähler auf Platz zwei – Schlappe für Ampel – Regierung unverändert
Bei den Landtagswahlen am Sonntag, 8.Oktober, in Bayern erzielte die CSU ihr historisch schlechtestes Ergebnis. Nachdem die Partei unter Ministerpräsident Markus Söder bereits 2018 mit 37,2 Prozent einen Minusrekord erzielt hatte, verlor sie nun weitere 0,2 Prozentpunkte (vorläufiges Ergebnis, Stand: ).
Dennoch wird Söder mit komfortabler Mehrheit weiterregieren können. Verantwortlich dafür ist das starke Abschneiden der Freien Wähler. Diese gewannen gegenüber der Wahl vor fünf Jahren 4,2 Prozentpunkte dazu und wurde mit 15,8 Prozent zur zweitstärksten Kraft. Die AfD konnte um 4,4 Prozentpunkte zulegen und landete mit 14,6 Prozent noch knapp vor den Grünen. Diese kamen nur noch auf 14,4 Prozent, was einem Minus von über drei Prozentpunkten entspricht. Die SPD kam nur noch auf 8,4 Prozent (minus 1,3). Die FDP flog mit nur noch 3,0 Prozent aus dem Maximilianeum.
FW-Erfolg in Bayern als Signal: „Keine Regierung mit Grünen“
Zur bayerischen Landtagswahl aufgerufen waren etwa 9,4 Millionen Wahlberechtigte, darunter etwa 550.000 Erstwähler. Die Wahlbeteiligung liegt offiziellen Angaben zufolge bei 73,3 Prozent. Im Jahr 2018 hatte sie mit 72,3 Prozent bereits verhältnismäßig hoch gelegen.
Wie eine Vorab-Analyse der ARD ergab, waren es vor allem bundespolitische Themen, die für die Wahlentscheidung der meisten Wähler den Ausschlag gab. Die schlechte Wirtschaftslage, Inflation, Energiepreise und die steigende Zahl an Flüchtlingen überlagerten traditionelle landespolitische Themen.
Dies machte sich nicht nur am überraschend hohen Ergebnis der AfD bemerkbar, die in den meisten Vorwahlumfragen noch hinter den Freien Wählern landete. Auch der Erfolg der Freien Wähler selbst scheint nicht nur der Reaktanz mit Blick auf die Aiwanger-Affäre geschuldet zu sein. Der große Anteil früherer CSU-Wähler, die zu Aiwangers Partei abwanderten, war auch eine eindeutige Botschaft an Söder, um keinen Preis die Grünen an einer Regierung zu beteiligen.
Ampelparteien mit historischem Desaster
Für die Parteien der Ampel geriet der Wahlsonntag zum Desaster. Alle drei Regierungsparteien im Bund kommen gemeinsam nur noch auf 25,5 Prozent. Das ist weniger, als die SPD allein im Jahr 1998 für sich verbuchen konnte – wenige Wochen vor der Wahl Gerhard Schröders zum Bundeskanzler. Wählerwanderungen fanden zum großen Teil nur noch zwischen den Koalitionspartnern selbst statt. Die einzige Ausnahme: Der SPD gelang es immerhin, 10.000 frühere Wähler anderer Parteien zu sich zu holen.
Die Grünen können zwar ähnlich wie in Hessen auch in Bayern darauf bauen, dass ihr ideologisch gefestigtes Stammwählerpotenzial mittlerweile deutlich im zweistelligen Prozentbereich liegt. Es ist der Partei jedoch nicht mehr gelungen, aus anderen politischen Lagern netto Wähler zu gewinnen.
Für die FDP gilt das Gleiche. Sie verlor 60.000 Stimmen an die CSU, die offenbar damit zu tun hatten, dass die Liberalen keinen potenziellen Nutzen als „Funktionspartei“ hatten. Es zeichnete sich bereits lange vor der Wahl ab, dass die FDP für mögliche Mehrheitsbildungen nicht gebraucht würde. Dazu kamen Verluste von 30.000 Stimmen an die FW, 40.000 an die AfD und 10.000 an die Nichtwähler.
Hier könnte neben der Bundespolitik auch das Verhalten der bayerischen Liberalen in der Aiwanger-Affäre eine Rolle gespielt haben. Diese hatten vehement den Rücktritt des Wirtschaftsministers gefordert, nachdem dessen Flugblatt-Affäre bekannt geworden war. Die Wähler scheinen dies nicht honoriert zu haben.
Strauß-Strategie gegen den rechten Rand endgültig gescheitert
Das Ergebnis des Wahlsonntages zeigt jedoch auch, dass die einst von Franz Josef Strauß formulierte Ansage, es dürfe „rechts der CSU keine demokratisch legitimierte Partei“ mehr geben, hinfällig ist. Lange Zeit war es der CSU im Freistaat gelungen, sich ihre absoluten Mehrheiten zu sichern, indem sie den rechten Rand einbinden konnte.
Mittlerweile ist das Parteienspektrum auch im Freistaat nach links und rechts ausgefranst. Die SPD konnte zwar diesmal 30.000 Stimmen von den Grünen zurückholen. Demgegenüber verlor sie 50.000 Wähler an die CSU – und ebenso viele an Freie Wähler, AfD und Nichtwähler zusammen. Von 30 Prozent, die sie 1994 noch bei der Landtagswahl holen konnte, sind nur noch knapp acht übrig geblieben.
Die CSU hatte 2018 noch an die medial stark unterstützten Grünen verloren, vor allem im jüngeren und urbanen bürgerlichen Segment. Der Realitätsschock infolge grüner Regierungspolitik scheint mittlerweile jedoch auch dort Platz gegriffen zu haben. Nicht weniger als 80.000 Stimmen gingen von dort an die Union zurück.
CSU droht bei der Bundestagswahl das Aus
Demgegenüber scheinen rechtskonservative und nationalistische Wählergruppen für die bayerische Unionspartei dauerhaft verloren zu sein. Waren es seit 2008 die Freien Wähler, die einen erheblichen Teil der Verantwortung für den Verlust der absoluten Mehrheit trugen, hat sich nun auch die AfD rechts der CSU festgesetzt.
Zwar ist die CSU nach wie vor klar die stärkste Partei im Freistaat und kann auch mit ihrem erneut schlechtesten Wahlergebnis noch einen Status als Volkspartei beanspruchen. Dies liegt auch an ihrer Überlegenheit, wenn es um die Eroberung von Direktwahlkreisen geht.
Schon bei den Bundestagswahl könnte ihr dies jedoch schon nicht mehr von Nutzen sein. Ein Stimmenanteil von weniger als 37 Prozent kann die CSU bundesweit gefährlich nahe an die Fünf-Prozent-Hürde bringen. Dem neuen Wahlrecht zufolge, das die Ampel im März verabschiedet hatte, würde die Möglichkeit wegfallen, das Verfehlen der Sperrhürde durch Direktmandate zu „heilen“. Für die Union könnte dies brandgefährlich werden.
Die wesentliche Hoffnung der CSU könnte darauf beruhen, dass die Freien Wähler bundesweit bedeutungslos bleiben. Bei der Landtagswahl am Sonntag hatten diese 100.000 Stimmen vormaliger CSU-Wähler geholt. Noch vor den 90.000 Stimmen, die aus den Reihen der Söder-Partei zur AfD gingen, war dies die größte Wählerwanderung des Jahres. Die Union müsste nun darauf hoffen, dass zumindest einige davon bei der Bundestagswahl aus taktischen Erwägungen zu ihr zurückkehren.
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