Bauernproteste in Berlin: Weniger Teilnehmer, dafür mehr Sorgen
Während im vergangenen Jahr zu dieser Zeit noch tausende Landwirte und ihre Unterstützer mit Traktoren und Sattelschleppern sich den Weg nach Berlin bahnten, ist jetzt die Anzahl an Großfahrzeugen überschaubar.
Die vom bayerischen Landwirt Franz Huber und seinem Team vom Vereinen „Hand in Hand für unser Land“ organisierte Großdemo des Mittelstands am 23. November in Berlin fiel deutlich kleiner aus als geplant. Die Polizei spricht von einer mittleren dreistelligen Anzahl an Fahrzeugen, wozu in der Masse auch Kleintransporter und Pkws zählen.
Auslöser für die Traktorfahrten Ende 2023 nach Berlin waren die durch die Regierung beschlossenen Streichungen von Steuervergünstigungen für Landwirte. Heute treiben die Teilnehmer vielfältige Themen um.
Bereits am Mittwoch setzten sich teilweise schon Kolonnen von Landwirten und Mittelständlern aus Bayern in Richtung Berlin in Bewegung. Sie reisten unter anderem mit folgenden Forderungen an:
- Wiederherstellung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit und Wohlstand für die Bevölkerung
- Energiesicherheit, Steuersenkungen, Bürokratieabbau, tragbare Energiekosten und bezahlbarer Wohnraum
- mehr nationale Selbstbestimmung sowie Werte und Traditionen
- sicherere Rahmenbedingungen zur Eigenversorgung der Bevölkerung mit wichtigen Produkten
- Sicherstellung unabhängiger Energieversorgung
- verantwortungsvolle, verlässliche Politik
- Mandatsträger müssen Qualifikation und Praxiserfahrung nachweisen
- persönliche Haftung für Politiker, Vorstände und Aufsichtsräte
- vorrangige Investitionen im eigenen Land
- permanenter Aus- und Aufbau der Infrastruktur
- keine weiteren Schulden und Ausgaben für ausländische Projekte
- konsequente und zügige Durchsetzung geltenden Asylrechts
- Frieden nach innen und außen wahren
- sofortiger Lieferstopp von Waffen für Kriegsgebiete
- verlässliche Deeskalationspolitik mit dem Ziel von Friedensverhandlungen.
Verein will verbinden
Der Verein sieht sich als ein Brückenglied zwischen den „tragenden Stützen unserer Gesellschaft“, den Unternehmern aus Handwerk, Industrie; Handel, Logistik, Landwirten und allen weiteren Arbeitnehmern und Rentnern sowie den Angestellten des öffentlichen Dienstes.
Gemeinsam müssten die Interessen vor der Politik vertreten und sich mit kreativen Methoden Gehör verschafft werden, um tragfähige Lösungen durchzusetzen, heißt es auf der Website des Vereins.
Für Milchbauer Franz Huber als Veranstalter ist auffällig, dass die vorliegenden Probleme in unserem Land in der breiten Bevölkerung nur noch mit Kopfschütteln kommentiert werden.
Als Beispiel nennt er gegenüber Epoch Times den Ampel-Streit: „Sie streiten sich, sie zerfällt und man führt einen offenen Krieg vor den Medien.“
Normalerweise müsse man von Berufspolitikern verlangen können, dass sie „in die Öffentlichkeit gehen und sagen: Es hat nicht gemeinsam funktioniert. Wir brauchen neue Lösungsansätze.“ Stattdessen ließen sie sich jedoch erneut als Spitzenkandidaten aufstellen.
Ziel: Probleme der Bevölkerung in Bundestag tragen
Deshalb wolle man die Probleme der Bevölkerung mit Fachwissen auf demokratischem Wege in den Plenarsaal des Deutschen Bundestages tragen. „Unser Kernanliegen ist, dass die Leute wieder miteinander reden. Ich schließe hier die Politiker auch mit ein.“
Dazu gehöre für ihn, dass man nicht mit dem Finger auf andere zeige, sondern mit Demut bei sich selbst schaue, was man verändern könne. Der Verein habe alle Bundestagsabgeordnete angeschrieben und sie zur Veranstaltung eingeladen. Doch Rückmeldungen gab es nicht, berichtet er weiter.
Huber erklärt sich die geringe Beteiligung durch ein „Framing“ der Medien gegenüber dem Verein und durch die ablehnende Haltung verschiedener Verbände. Mit der Presse habe man ganz konstruktiv gesprochen. „Sie sollten sich über uns ein eigenes Bild machen.“ Aber das habe letztlich nicht interessiert.
Der Verein lässt sich jedoch nicht beirren. Es sei ein Verein, der sich neu gebildet habe und sich nicht von außen beeinflussen lasse. „Wir gehen unseren eigenen Weg. Damit ecken wir bei manch anderen größeren Vereinen natürlich an.“
Berufskraftfahrer: „Überall herrscht Unmut“
Daniel aus dem Spreewald nimmt als Berufskraftfahrer an dem Protest am 24. November teil. Ihn treibt die aktuelle Politik auf die Straße. „Wo will man da anfangen?“ Die Kosten für fast alles seien gestiegen. Überall herrsche Unmut, egal wo er in Deutschland unterwegs sei, berichtet er Epoch Times.
Ihm sei egal, welche Partei an der Macht sei: „Hauptsache, sie macht eine gute Politik für den Bürger.“
Beruflich trifft ihn besonders die CO₂-Mauterhöhung, die Ende vergangenen Jahres eingeführt wurde und seiner Branche zu schaffen mache.
„Letztendlich kommt die Erhöhung beim Bürger als Preisanstieg an. Der Bürger zahlt für die Butter und die Milch mehr, weil alles über die Straße angeliefert werden muss.“
Die deutschen Speditionen könnten so auch nicht mit den Preisen der osteuropäischen Speditionen mithalten, die zudem teilweise Filipinos als Fahrer einsetzen, die für wenig Geld arbeiten.
Eine Frau aus Werder (Brandenburg), tätig als Industriekauffrau, ist zur Demo gekommen, um die Bauern und den Mittelstand zu unterstützen. „Damit sich endlich mal was bewegt“, erklärt sie gegenüber Epoch Times. In ihren Augen werden die Bauern ganz schön über den Tisch gezogen und müssten um ihre Existenz fürchten.
Mecklenburger warnt vor „Dominoeffekt“
Kfz-Mechaniker Ingo aus Boizenburg (Mecklenburg-Vorpommern) treibt um, warum Leute teilweise eine genau um 180 Grad gedrehte Realität wahrnehmen als er selbst.
„Ob da nun Männer auch Frauen sein können, aber auch energie- und wirtschaftspolitisch sind politische Entscheidungen teilweise so gaga, dass ich mich frage, ob ich selber irgendwas nicht verstanden habe.“
Er macht sich Sorgen über Deutschlands Zukunft: „Wenn eine große Firma abwandert, ob die nun Waschmaschinen oder Motorsägen herstellt, dann fehlen der Region beispielsweise nicht nur die 3.000 Arbeitsplätze im Werk.“ Diese Menschen würden auch als Kunden für den regionalen Einzelhandel fehlen.
„Vielleicht verkaufen sie auch ihr Haus, weil sie den Kredit nicht mehr abbezahlen können.“ Wenn das mehrere machen würden, falle durch das Überangebot an Häusern der Kaufwert für die Häuser in der Gegend. „Das hat einen Dominoeffekt.“ Irgendwann würden es alle zu spüren bekommen.
Momentan könne er nicht klagen. „Das ist für mich lange kein Grund zu sagen, ich lege die Füße hoch. Ich bleibe auf dem Sofa und warte, bis es mir selber wehtut, sondern ich wehre den Anfängen“, sagt er zu Epoch Times.
Landwirt: „Ich brauche kein argentinisches Rindfleisch“
Ein Landwirt aus Braunschweig kritisiert die massive Beobachtung und Kontrolle, unter denen die Bauern in Deutschland stehen würden, obwohl man eigentlich die „gesündesten und besten Lebensmittel der Welt“ produziere. Das werde durch die Politik gerade kaputt gemacht. „Dann kommen die Lebensmittel aus Brasilien.“
Bei Lebensmitteln aus dem Ausland sei jedoch möglicherweise die Herkunft und Produktionskette nicht mehr genau nachvollziehbar. In manchen Ländern nutze man Pflanzenschutzmittel, „die hier schon seit 30, 40 Jahren verboten sind“.
„Ich brauche auch kein argentinisches Rindfleisch, weil das Tier da irgendwelche tollen Gräser gefressen hat. Wir haben in Deutschland genug Rinder, die geschlachtet werden. Und wir haben gute Sachen hier“, schildert der Braunschweiger.
Warnung vor wachsender Bürokratie
Für Frank Wolfgang Hirdes, Sprecher von „Hand in Hand“, sticht besonders die wachsende Bürokratie in Deutschland heraus: „Warum muss der Mensch hier oder sämtliche Selbstständige mit einem Bürokratismus überzogen werden, der seinesgleichen in der Welt sucht?“
Das sei mittlerweile ein großes Handicap, erklärt er gegenüber Epoch Times. „Nehmen Sie allein Herrn Huber. Der hatte früher drei Ordner zu Hause stehen. Das war seine Bürokratie. Heute hat er eine ganze Schrankwand voll – für ein Jahr.“ Das müsse sich ganz schnell ändern, so Hirdes.
Bildung frei von „Ideologie und Idiotie“
Auch in der Bildungspolitik müsse sich was ändern, hebt er hervor: „Deutschland ist im Prinzip ein rohstoffarmes Land. Umso mehr gilt es, dass wir die Thematik Bildung wieder in den Vordergrund stellen und unseren Kindern damit eine Perspektive bieten.“
Dem Nachwuchs müsse man wieder eine wirkliche und umfängliche Allgemeinbildung ermöglichen, „frei von Ideologie und Idiotie“, so Hirdes.
Pamela Fritz, (50) Jahre aus Mecklenburg-Vorpommern, ist im öffentlichen Dienst tätig. Dort merkt sie, dass immer weniger Personal immer mehr Arbeit auferlegt bekommt. „Aber hauptsächlich kämpfe ich für unsere [vier] Kinder.“
Viele Gelder würden aus Töpfen, die für Rente, Schulbildung, Kindergärten gedacht sind, genommen und in andere Länder gesteckt. „Nicht alles ist schlecht“, sagt sie. Doch es würden damit auch Kriege unterstützt. „Das ist nicht meins. Wir möchten in Frieden leben.“
Zwischen 1.000 und 5.000 Teilnehmer
Die Veranstaltung endet vorzeitig am frühen Abend aufgrund des kalten Wetters und einer immer kleiner werdenden Versammlungsmenge, wie es von der Bühne heißt.
Laut Polizei haben in der Spitze bis zu 1.000 Menschen an der Veranstaltung teilgenommen. Redner auf der Bühne sprachen von insgesamt 5.000 Teilnehmern, die Menschen in und um die bis zur Siegessäule aufgereihten Fahrzeugen mitgerechnet.
Die Veranstaltung lief ohne Vorkommnisse, heißt es von der Berliner Polizei. 600 Polizisten waren zur Absicherung der Versammlung im Einsatz. Der Verein hatte mit mindestens 10.000 Teilnehmern gerechnet.
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