„Bauern in Not“: Lokale Erzeuger finden neue Wege zum Verbraucher

Zunehmende Auflagen, hohe Energiekosten und die Macht der Einzelhändler. Einige landwirtschaftliche Betriebe suchen in der Direktvermarktung einen Ausweg. Epoch Times sprach mit zwei Landwirten über ihre Erfahrungen.
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Direktverkauf ist beliebt.Foto: iStock
Von 29. Dezember 2023

Peter Hintze führt in Niedersachsen direkt vor den Toren Hamburgs einen landwirtschaftlichen Ackerbaubetrieb mit 160 Hektar und Selbstvermarktung. Er baut hauptsächlich Kartoffeln an, die er regional und direkt an Stadtbewohner verkauft.

Epoch Times traf ihn im Rahmen des Bauern-Symposiums „BAUERN TOT – ALLE in NOT“ im Süden von Berlin im Herbst. Hintze machte seinen Unmut über die jetzige Situation der Landwirte in Deutschland deutlich.

„Wir Landwirte haben hier überall so viele Auflagen, obwohl die deutsche Landwirtschaft weltweit die umweltfreundlichste Landwirtschaft ist“, sagte er.

Im Rahmen des Mercosur-Abkommens würde man immer mehr gegängelt und die Anbauflächen würden durch Vorgaben immer weiter verkleinert. „Wir müssen jetzt auch wieder viele Ställe stilllegen, was eigentlich überhaupt nicht der Fall sein dürfte.“ Denn eigentlich müsste in Deutschland mehr produziert werden, „auch für die Weltbevölkerung, die ständig wächst“, so der Landwirt.

Das Mercosur-Abkommen ist ein Vertrag zwischen der Europäischen Union und südamerikanischen Staaten, das darauf abzielt, eine der weltweit größten Freihandelszonen zu schaffen. Allerdings ist es sowohl in Südamerika als auch in Europa umstritten.

Von einem Bekannten, der gerade aus Brasilien zurückgekommen sei, habe er erfahren, dass man dort Pflanzenschutzmittel einsetze, „die bei uns schon seit 20 Jahren verboten sind“. Diese so erzeugten Produkte kämen dann aus Brasilien ungeprüft auf den deutschen Markt.

Billiges ukrainisches Getreide drückt den Preis

Die starke Konkurrenz auf dem Weltmarkt, die aufgrund geringerer Auflagen kostengünstiger produzieren kann als in Deutschland, mache den deutschen Landwirten zu schaffen. Der heimische Markt werde immer weniger durch Einfuhrzölle geschützt.

Für problematisch hält er auch die Getreidelieferungen aus der Ukraine. Die Lieferungen sollten eigentlich nach Asien oder Nordafrika gehen. Spanien habe seinen Schweinebestand massiv aufgestockt und habe dafür nicht genug Futtermittel. „Dann gehen die ukrainischen Getreidelieferungen eben nach Spanien oder nach Deutschland.“ Das drücke den heimischen Preis.

Hintze kritisiert auch die starke Marktmacht der Lebensmittelketten und die schwache Verhandlungsposition von Produzenten wie ihn. „Der Lebensmitteleinzelhandel verdient sich mit unseren Produkten eine goldene Nase.“ Für die Landwirte selbst würden die Preise aber weit in den Keller gehen.

Hamburger haben großes Interesse an Direktvermarktung

Er ist daher froh, vor einigen Jahren in die Direktvermarktung eingestiegen zu sein. Direktvermarktung bezeichnet den direkten Verkauf von landwirtschaftlichen Produkten, insbesondere Lebensmitteln, vom Erzeuger an den Endverbraucher.

Das starke Interesse der Hamburger an dem Kauf von Hofware führt er darauf zurück, dass viele Verbraucher regionale Erzeuger fördern wollen. „Die Städter wollen die ländliche Produktionslandschaft erhalten.“

Der moderne Trend, dass man verstärkt raus aus der Stadt aufs Land ziehe und ein Eigenheim in Stadtnähe besitzen wolle, fördere die ländliche Produktion. „Denn sie wollen dort direkt einkaufen.“ Wichtig sei ihnen vor allem eine gute Qualität. „Bei uns im Hofladen wird sehr streng sortiert und dann kommt nur die Topware in unseren Verkauf.“ Am besten laufe bei ihm der Verkauf von Eiern, Kartoffeln, Honig und Zwiebeln.

Berliner Start-up verbindet Verbraucher und Erzeuger

Auch die Landwirtin Claudia Reimer aus der Nähe von Koblenz betreibt Direktvermarktung. Sie hat einen Jerseyzuchtbetrieb mit rund 40 Milchkühen und 60 Hektar Grünland samt Jungvieh. Reimer produziert Wurst und Schinken selbst und betreibt dafür eine eigene Schlachterei. Zusätzlich vermarktet sie die Butter, den Käse und die Milch direkt ab Hof.

Sie berichtet uns von ihren guten Erfahrungen bei der Vermarktung mit dem Berliner Unternehmen „Marktschwärmer“. Verbraucher melden sich bei der Onlineplattform an und als Mitglied einer lokalen „Schwärmerei“ (Abnahmestelle) können sie regionale Produkte beim Erzeuger bestellen. Das Start-up verspricht seinen über 200.000 Nutzern, dass ihr Einkauf durchschnittlich nur 40 Kilometer zurücklegt, bis er auf ihren Tellern landet.

„Der Kunde bestellt online, zahlt online und wir fahren einmal die Woche die Ware direkt an den Stadtrand aus.“ Die Kunden könnten dann an einer Stelle mit bis zu 20 Erzeugern ihren Wocheneinkauf mit frischen Produkten machen, so die Bäuerin.

Was ist der Unterschied zwischen Markt- und Direktverkauf?

Neben dem Direktverkauf über „Marktschwärmer“ bietet Reimer ihre Produkte auch auf Wochenmärkten an. „Beim Wochenmarkt stehe ich in der Regel entweder einen halben oder einen ganzen Tag, den ich als Zeitaufwand habe und muss Ware von zu Hause auf gut Glück mitnehmen.“ Denn sie weiß nie, was an dem Tag gut gekauft wird.

Dadurch würde häufig die Kühlkette unterbrochen. „Denn ich muss die Ware offen auslegen, sodass der Kunde was sieht.“

Entweder man habe zu wenig dabei oder zu viel. „Das muss man dann selbst verwerten, weil es beispielsweise nicht zurück ins Käselager kann.“ Beim „Marktschwärmer“ gebe es hingegen mehr Planungssicherheit. Durch den Onlineverkauf stehe die Abnahmemenge genau fest. „Wenn ich dann abends heimfahre, ist das Auto leer.“

Denn im Normalfall würden die Verbraucher ihre Ware direkt beim Erzeuger abholen oder zu einer zentralen Erzeuger-Abgabestelle kommen, mit einer 90- bis 120-minütigen Ausgabezeit.

„Der Kunde kann somit dem Erzeuger direkt Fragen stellen und mit ihm ins Gespräch kommen.“ Dort könne er erfragen, wie die Tiere gehalten werden, wie lange das Produkt haltbar ist „und alles, was er sonst noch wissen will“.

Kaufen mehr Menschen regionale Produkte?

Durch höhere Strom- oder Spritkosten sei der Direktverkauf im Moment leider leicht rückläufig. „Durch gute Werbung und geschicktes Marketing ist es aber bestimmt machbar, das wieder zum Positiven zu wenden“, so Reimer.

Aktuell würden die Menschen das Geld mehr festhalten und lieber für Supermarktware ausgeben, die sie etwas günstiger erwerben können. Jedoch müsse der Kunde in der ‚Marktschwärmerei‘ „nicht viel mehr zahlen, weil die Ware superfrisch und dadurch oftmals ein bis drei Tage länger haltbar ist als die Supermarktware.“

„Für stadtnahe Regionen, wo man viele Verbraucher auf relativ kleinem Raum hat, ist ‚Marktschwärmer‘ eine durchaus denkbare Variante der Direktvermarktung“, so die Landwirtin.

Sie schaut positiv in die Zukunft, selbst wenn man für den Betrieb derzeit noch keinen Hofnachfolger hat. „Wir haben mittlerweile fünf kleine Enkelkinder. Aber man weiß ja noch nicht, was das für den Hof heißt.“ Vielleicht habe einer der Enkel später Interesse. Die eigenen Kinder hätten beide ihren eigenen Beruf und gingen andere Wege.

Grundsätzlich hält sie Direktvermarktung für ein zukunftsfähiges Modell. „Da wir den Betrieb gut aufgestellt haben, haben wir aktuell keine Sorgen.“



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