Staatsanwaltschaft lehnt Einstellung ab – Ballweg-Anwalt sieht Einmischung des Justizministeriums

Der Gerichtsprozess um den Querdenken-Gründer Michael Ballweg endete doch nicht vorzeitig am 27. Verhandlungstag. Der Vorschlag vom Landgericht Stuttgart, das Verfahren wegen Geringfügigkeit (Paragraf 153 StPO) einzustellen, wurde am Montag, 17. März, von der Staatsanwaltschaft Stuttgart abgelehnt. Die Verteidigung und der Angeklagte zeigten sich hingegen offen für die Verfahrenseinstellung.
Nach 26 Verhandlungstagen über gut fünf Monate seien zahlreiche Zeugen vernommen, viele Urkunden verlesen und die Beweisaufnahme vorangeschritten, sodass das Gericht eine Prognose hinsichtlich des Verfahrens treffen könne, so der Gerichtssprecher.
Zusammenfassend kam das Gericht zu dem Schluss, dass hinsichtlich des Tatvorwurfs des versuchten Betrugs in 9.450 Fällen nach der bisherigen Beweisaufnahme der Tatnachweis voraussichtlich nicht zu erbringen sein werde.
Hinsichtlich des Vorwurfs der versuchten und der vollendeten Steuerhinterziehung könne ein Tatnachweis möglicherweise nur im Hinblick auf einen kleineren Restbetrag erbracht werden, der zwischen 6 und 2.000 Euro liegen könne, so der Sprecher weiter.
Steuerunterlagen waren teilweise bereits freigegeben
Da Ballweg seinen Steuerberater nicht von der Schweigepflicht entbunden habe, könne nicht aufgeklärt werden, warum letztlich der Steuerberater die Steuerunterlagen nicht beim Finanzamt eingereicht habe.
Sie seien teilweise von Ballweg zur Abgabe beim Finanzamt bereits freigegeben gewesen, während dieser sich in U-Haft befunden habe, erklärte der Gerichtssprecher. Durch die U-Haft sei die Kommunikation zwischen beiden eingeschränkt gewesen. Somit fehle der Nachweis eines Vorsatzes zum Hinterziehen von Steuern.
Rund 570.000 Euro seien für private Zwecke verwendet worden, hieß es. Bei rund 380.000 Euro von dieser Gesamtsumme sei im Wesentlichen nicht nachweisbar, was mit dem Geld passiert sei.
Teilweise seien die Gelder auf Kryptokonten gegangen, so der Sprecher. „Ob sie die dann für die Querdenkenbewegung verwendet worden seien oder anderweitig, das lässt sich nicht feststellen.“
Nach Auffassung des Gerichts bestehe auch wenig Aussicht, dass sich der Betrugsvorwurf im Laufe der Verhandlung noch erhärten lasse. Hinsichtlich des restlichen Betrags gebe es hingegen Anhaltspunkte dafür, dass Ballweg tatsächlich Geld für die Querdenkenbewegung ausgegeben habe.
Staatsanwaltschaft lehnt Vorschlag ab
Während die drei Verteidiger von Ballweg ihre Zustimmung zum Vorschlag signalisierten, lehnte die Staatsanwaltschaft eine Verfahrenseinstellung wegen Geringfügigkeit ab.
Für die Staatsanwaltschaft sei noch nicht alles abschließend ermittelt und die Beweisaufnahme noch lange nicht abgeschlossen.

Ballweg-Prozess vor dem Landgericht Stuttgart. Ballweg mit seinen Verteidigern. Foto: Epoch Times
Verteidiger sieht Einmischung durch Justizministerium
Ballwegs Verteidiger Ralf Ludwig sagte, er sei von der Ablehnung des Vorschlags durch die Staatsanwaltschaft überrascht, denn diese sei viel länger als das Gericht mit dem Fall betraut gewesen.
„Die Staatsanwaltschaft hat schon im Vorfeld ermittelt, Besprechungen gehabt, Ermittlungsaufträge an verschiedene Behörden verteilt“, so Ludwig gegenüber der Epoch Times.
Zudem habe es eine Hausdurchsuchung bei Ballweg gegeben und er sei neun Monate in Haft genommen worden. In der Zeit seien alle Unterlagen durchwühlt worden. Nun wären Zeugen angehört worden.
„Woraus die Staatsanwaltschaft jetzt noch irgendwie eine Verurteilungswahrscheinlichkeit sehen will, ist mir völlig schleierhaft“, so Ludwig.
Während Ballwegs Pflichtverteidiger, der CDU-Landtagsabgeordneter Reinhard Löffler, eine Einmischung durch das baden-württembergische Justizministerium auf die Staatsanwaltschaft für unwahrscheinlich hält, ist für Ludwig klar, dass die Staatsanwaltschaft auf Weisung dieses Ministeriums den Vorschlag des Gerichts eine Absage erteilte.
Denn in dieser Situation hätte man nur aus politischen Gründen zu einer anderen Bewertung kommen können als das Gericht, so Ludwig gegenüber der Epoch Times.
Staatsanwaltschaft bringt Befangenheitsantrag ein
Schließlich brachte die Staatsanwaltschaft einen Befangenheitsantrag gegen die Vorsitzende Richterin und die zwei weiteren Berufsrichter der Strafkammer ein, die am Rechtsgespräch vom 12. März teilnahmen.
Begründet wurde dieser damit, dass man zu ausführlich die heute anwesende Presse über den Inhalt des „vertraulichen“ Gespräches informiert habe und die Ausführungen des Gerichts darauf hindeuteten, dass das Gericht schon eine Festlegung getroffen habe, das Verfahren gegen Ballweg einstellen zu wollen. So habe man bereits über eine Entschädigung nach Paragraf 3 bei Einstellung nach Ermessensvorschrift nach Strafverfolgungsmaßnahmen gesprochen.

Ballweg-Prozess vor dem Landgericht Stuttgart am 18. März 2025. Foto: Matthias Kehrein/Epoch Times
Ballwegs Verteidiger erklärten vor Gericht, dass sie den Befangenheitsantrag sowohl für unzulässig als auch unbegründet halten. Unzulässig, weil er nicht unmittelbar nach dem Rechtsgespräch eingereicht worden sei.
Unbegründet sei er in den Augen der Verteidiger, weil das Gericht immer wieder im Gespräch betont habe, dass der Vorschlag eine vorläufige Entscheidung und alles im Konjunktiv formuliert gewesen sei. Daher habe das Gericht keine Festlegung getroffen. Sie sahen eine versuchte Richterschelte in dem Befangenheitsantrag.
„Gesamtes Anklagekonstrukt ist in sich zusammengefallen“
Löffler ging noch einen Schritt weiter. Er sah in den Ausführungen des Gerichts zu der bisher nicht vorhandenen Beweislast gegen Ballweg eine Ohrfeige für die Staatsanwaltschaft. „Ihr gesamtes Anklagekonstrukt ist in sich zusammengefallen“, so Löffler gegenüber der Epoch Times.
Die Staatsanwaltschaft sei beleidigt und der Antrag soll das Gericht unter Druck setzen und eine gewisse Unsicherheit schaffen. „Denn die letzten 26 Verhandlungstage liefen gut für die Verteidigung“, so der CDU-Politiker.
Er spekuliert, dass es zu einem Freispruch für seinen Mandanten kommen werde.
Das Gericht erklärte wie es nun weitergeht. „Nach Abgabe von dienstlichen Stellungnahmen der abgelehnten Richter wird das übrige Mitglied der betroffenen Kammer sowie die Mitglieder der Vertretungskammer binnen zwei Wochen über den Befangenheitsantrag entscheiden. Die Hauptverhandlung wird in der Zwischenzeit wie geplant fortgesetzt werden“, so der Gerichtssprecher.
Der Querdenken-Gründer Michael Ballweg steht seit Anfang Oktober 2024 vor dem Landgericht Stuttgart wegen Steuerhinterziehung, versuchter Steuerhinterziehung und versuchten Betrugs vor Gericht. Der ursprüngliche Vorwurf der Geldwäsche wurde bereits vor Verhandlungsbeginn fallen gelassen.
Die Beweisaufnahme samt Zeugenbefragung wird nun fortgesetzt. Es lasse sich derzeit auch nicht absehen, wie lange dieses Verfahren weitergehen werde, so der Gerichtssprecher. Angesetzt sind noch rund 40 Verhandlungstage.
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