Bald teure Zeiten für „Stadtpanzer“? Deutsche Umwelthilfe fordert SUV-freie Städte

In Paris müssen SUV-Fahrer ab September dreimal mehr Parkgebühren zahlen als andere Autofahrer. Wenn es nach der Deutschen Umwelthilfe geht, sollen zahlreiche deutsche Städte bald folgen. Bereits in 324 Städten hat der Verein Anträge gestellt und sammelt weiter Stimmen für die Aktion „Monster-SUV raus aus meiner Stadt!“.
Was ist denn hier passiert? Ein SUV steckt scheinbar im Boden vor dem Brandenburger Tor, aus dem Heckbereich steigt Qualm. Nein, dieses Auto ist nicht vom Himmel gefallen. Es ist eine Aktion der Umweltschutz-Aktivisten von Greenpeace.
In einer Greenpeace-Installation steckt ein SUV scheinbar im Boden vor dem Brandenburger Tor am 22. März 2023 in Berlin.Foto: Paul Zinken/dpa
Von 8. August 2024

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Paris gibt Gas bei der Verteuerung von SUVs: Die französische Hauptstadt wird die Parkgebühren für die schweren Autos nach einem Bürgerentscheid ab dem 1. September drastisch erhöhen.

In der französischen Hauptstadt müssen dann Besucher künftig für einstündiges Parken ihrer SUVs in der Innenstadt 18 statt bisher sechs Euro bezahlen. Wer sechs Stunden parkt, muss sogar mit 225 Euro rechnen – bisher waren es 75 Euro.

Unter SUVs (Sport Utility Vehicles) versteht man Fahrzeuge, die in ihrem Aufbau und ihren Ausmaßen einem Geländewagen ähnlich sehen, aber nicht unbedingt für das Fahren jenseits der Straße geeignet sind. Ein Geländewagen hingegen ist via EU-Richtlinie gesetzlich festgelegt: Als solcher gilt ein Fahrzeug, wenn es bestimmte technische Vorgaben zum Fahren im Gelände erfüllt.

Auch in Deutschland wird Parken für SUVs teurer

Höhere Parkgebühren und Parkbeschränkungen für SUVs stehen auch in Deutschland in immer mehr Städten auf der Tagesordnung.

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) sammelt derzeit Stimmen für die Aktion „Monster-SUV raus aus meiner Stadt“, um eine Verteuerung der Parkgebühren für große Autos in deutschen Innenstädten voranzutreiben.

Mithilfe von Rechtsgutachten will der Verein Anträge auf Maßnahmen gegen die Megakarren stellen, nachdem er bereits im Juni in 150 Städten entsprechende Anträge gestellt hatte. Nach Angaben der DUH haben bisher mehr als 21.000 Bürger den Verein gebeten, in ihren Städten Anträge zu stellen. Insgesamt habe die Organisation bisher in 324 Städten Anträge gestellt.

Die DUH formuliert ihre Forderung nach einem Verbot der im Volksmund auch „Stadtpanzer“ genannten Automobile so: „Monster-SUV verstopfen unsere Innenstädte, gefährden alle weiteren Verkehrsteilnehmenden und auch sie verpesten mit ihren Abgasen unsere Luft zum Atmen. Monster-SUV, die Stadtgeländewagen ‚für das Ego‘, Pickups und andere übergroße Fahrzeuge, die rechtswidrig in den Straßenraum hinein oder auf Geh- und Radwegen parken, da sie in die innerstädtischen Norm-Parkplätze mit ihrer Länge und Breite schlicht nicht reinpassen.“

DUH: Mehreinnahmen für ÖNVP

In den Anträgen fordert die DUH die Städte zu einer konsequenten Ahndung von Falschparken und Überschreitung der Parkmarkierungen zu einer Erhöhung der Anwohnerparkgebühren auf mindestens 360 Euro im Jahr und zu einer „linear an der Fahrzeuggröße orientierten Preisgestaltung auf“.

Besonders große Fahrzeuge von mehr als fünf Metern Länge sollen nicht mehr in den dicht bebauten Innenstädten parken dürfen und Verstöße wie die Blockade von Rad- und Fußwegen sollen mit Ordnungsgeldern oder Abschleppen bestraft werden.

Die Mehreinnahmen aus höheren Parkgebühren sollen in den Bus und Bahnverkehr, Rad- und Gehwege sowie in Ausgleichslösungen für einkommensschwache Haushalte fließen, so der Verein.

In Tübingen gibt es bereits seit Januar 2022 einen „SUV-Aufschlag“, allerdings bislang nur für Bewohnerparkausweise. Keinen Bestand hatten dagegen an die Fahrzeuglänge gekoppelte Gebühren in Freiburg. Das Bundesverwaltungsgericht hat Mitte Juni nach der Klage eines Anwohners entschieden, dass diese unwirksam sind. Die Stadt Hannover lässt gerade durch ein Rechtsgutachten prüfen, ob und wie Halter größerer Fahrzeuge stärker zur Kasse gebeten werden können.

Umweltsünder SUV

Betrachtet man SUVs und Geländewagen als eine Klasse, stoßen sie mehr CO₂ aus als normale Pkw. Der durchschnittliche CO₂-Ausstoß von in Deutschland neu zugelassenen Pkws im Jahr 2018 betrug 130 Gramm je Kilometer. Mit 144 Gramm lagen SUVs und Geländewagen deutlich höher, prangerte im Jahr 2019 die Organisation Greenpeace die spritdurstigen Autos wegen ihrer Umweltbilanz an – unter dem Motto: „Ein dickes Problem. Wie SUVs und Geländewagen das Klima und unsere Städte ruinieren.“

Nicht nur die Umwelt werde mehr belastet, SUVs seien auch ein Sicherheitsproblem. Das Risiko, bei einem Zusammenstoß mit einem SUV schwer oder tödlich verletzt zu werden, sei für die Fahrer kleinerer Autos viermal höher als für die Fahrer von SUVs oder Geländewagen.

Ferner würden Insassen des anderen Pkw mehr als doppelt so oft schwer verletzt werden. „Mit rund zwei Tonnen sind viele SUV oder Geländewagen etwa doppelt so schwer wie ein Opel Corsa. Prallen zwei Fahrzeuge mit unterschiedlichem Gewicht aufeinander, fängt das leichtere Fahrzeug den Großteil der Energie des Zusammenpralls auf. “

Greenpeace zieht das Fazit: „Zu groß, zu schwer, zu klimaschädlich: SUVs und Geländewagen stehen im Widerspruch zum Pariser Klimaschutzabkommen. In Zeiten der Klimakrise und in lebenswerten Städten haben sie keinen Platz.“

ADAC: Safety first

Der ADAC hielt ein Verbot von SUVs im Jahr 2019 weder für umsetzbar noch für sinnvoll. „Entscheidend für die Sicherheit von Fußgängern und Radfahrern ist vielmehr das verantwortungsvolle Führen von Kraftfahrzeugen“, teilte ein ADAC-Sprecher mit. Das gelte vorwiegend für die Faktoren angepasste Geschwindigkeit, Alkohol und Ablenkung. „Insofern lässt sich Unfallvermeidung nicht mit dem Verbot einer Fahrzeugklasse lösen, sondern durch mehr Rücksichtnahme.“

Allerdings bezweifeln einige Experten wie Wesley Marshall, Professor für Bauingenieurwesen der University of Colorado Denver in den USA, dass menschliches Verhalten die Hauptunfallursache darstellt.

Im vergangenen Jahr ist die Zulassung von SUVs an allen Neuzulassungen laut Kraftfahrt-Bundesamt auf 30,1 Prozent gestiegen. Das entspricht laut dem Statistikportal „Statista“ einem Plus von 0,8 Prozentpunkten. Im Jahr 2023 wurden insgesamt 855.678 Exemplare dieses Autotyps in Deutschland erstmals zugelassen. Zum Vergleich: Das sind etwas mehr als die Kompakt-, Mittel- und Oberklasse zusammen mit 851.141 Fahrzeugen.



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