Baerbock: Westbalkanstaaten kraftvoll unterstützen
Außenministerin Annalena Baerbock hat angesichts russischer Einflussversuche eine kraftvolle Unterstützung der Westbalkanstaaten auf deren Weg in die EU gefordert. „Wir können uns in Europa nirgendwo Grauzonen erlauben und müssen gemeinsam alles dafür tun, Flanken zu schließen, die Russland für seine Politik der Destabilisierung, Desinformation und Unterwanderung nutzen kann“, forderte die Grünen-Politikerin vor der Abreise nach Montenegro und Bosnien-Herzegowina.
„Dazu gehört, die Länder des Westlichen Balkans dabei zu unterstützen, ihre demokratischen Institutionen zu stärken, ihre Widerstandsfähigkeit zu verbessern und den Menschen eine wirtschaftliche Perspektive zu bieten“, ergänzte sie.
Montenegro und Bosnien-Herzegowina gehören zu den Westbalkanländern. Dazu werden auch Albanien, Serbien, Nordmazedonien und das Kosovo gezählt. Die EU fordert von den Ländern entschlossene Reformen.
In Brüssel wird Montenegro als am weitesten im Beitrittsprozess gesehen. Mit einer EU-Erweiterung wird frühestens gegen Ende des Jahrzehnts gerechnet. Mit Montenegro führt die EU seit 2012 Beitrittsverhandlungen. Bosnien-Herzegowina hat den Status eines Beitrittskandidaten, ist aber bisher nicht in Verhandlungen.
EU soll Hausaufgaben zur Erweiterung machen
„Dass wir den sechs Staaten der Region auf ihrem Weg in die Europäische Union mit aller Kraft unter die Arme greifen, ist spätestens angesichts Russlands brutalem Imperialismus zur geopolitischen Notwendigkeit geworden“, erklärte Baerbock. Als EU habe man dabei „die gemeinsame Hausaufgabe, uns selbst zukunftsfest aufzustellen, während wir mehr Stühle an den europäischen Tisch stellen“.
In der Nato sei Montenegro seit Jahren Verbündeter, sagte die Bundesaußenministerin. Im EU-Beitrittsprozess habe sich das Land eine ambitionierte Agenda gegeben und gehe diese nun wieder beherzt an.
Bei ihren Gesprächen in der Hauptstadt Podgorica werde es auch darum gehen, wie Montenegro bei Rechtsstaatsreformen und im Kampf gegen Korruption und organisiertes Verbrechen noch besser vorankommen könne. Baerbock wollte in Podgorica mit Ministerpräsident Milojko Spajic, Außenminister Filip Ivanovic und Präsident Jakov Milatovic Gespräche führen.
Auch in Bosnien-Herzegowina EU-Perspektive im Fokus
In Sarajevo, der Hauptstadt von Bosnien-Herzegowina, war am Abend ein Treffen mit dem Staatspräsidium geplant. Es besteht aus jeweils einem Vertreter der bosniakischen, serbischen und kroatischen Volksgruppe: Denis Becirovic (bosniakisch), Zeljka Cvijanovic (serbisch) und Zeljko Komsic (kroatisch).
Der Vorsitz rotiert alle acht Monate. Die Bundesaußenministerin wollte auch mit dem Hohen Repräsentanten der internationalen Gemeinschaft in Bosnien-Herzegowina sprechen, dem Deutschen Christian Schmidt.
Russischer und serbischer Einfluss auf Montenegro
In Montenegro regieren mit Ministerpräsident Spajic und Präsident Milatovic seit 2023 zwei erklärte Proeuropäer – wie schon deren Vorgänger. Spajic konnte nur mit Unterstützung prorussischer und proserbischer Kleinparteien gewählt werden.
Montenegro hat sich bei China enorm verschuldet. Hintergrund ist der Bau einer Autobahn, die die Chinesen bis 2030 von der Adria bis zur serbischen Grenze bauen wollen. Seit Baubeginn 2009 sind von den rund 167 geplanten Kilometern erst etwa 40 fertig.
Es heißt, die Montenegriner seien über den Tisch gezogen worden – zuletzt war von 2,7 Milliarden Euro Gesamtkosten die Rede. Als möglich gilt, dass auch Korruption im Spiel war.
Gespaltenes Bosnien-Herzegowina
Bosnien-Herzegowina ist gespalten in die Entitäten namens Föderation Bosnien-Herzegowina (abgekürzt FBiH) und den ethnisch-serbischen Teil Republika Srpska (RS).
Präsident der RS ist der serbische Nationalist Milorad Dodik, der eine Abspaltung anstrebt. Dodik muss sich in Sarajevo vor Gericht verantworten, weil er veranlasst hat, dass Entscheidungen des Repräsentanten der internationalen Gemeinschaft, des Deutschen Christian Schmidt, nicht mehr im Amtsblatt der RS veröffentlicht werden.
Erst kürzlich hat Dodik den belarussischen Langzeitherrscher Alexander Lukaschenko besucht und den russischen Präsidenten Wladimir Putin, der ihm den prestigeträchtigen russischen Newski-Orden verliehen hat. (dpa/red)
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