Baden-Württemberg setzt auf die digitale Strafakte
Staatsanwälte, Richter und Polizisten im Südwesten proben den Abschied von der Papierakte: Mit einem Pilotprojekt in Ulm setzen Justiz- und Innenministerium künftig auf eine elektronische Strafakte.
Die Zusammenarbeit in diesem Umfang sei bundesweit einmalig, sagte Justizministerin Marion Gentges (CDU) bei der Vorstellung des Projekts am Dienstag in Ulm.
In einem ersten Schritt setzen das Polizeipräsidium, die Staatsanwaltschaft sowie das Amtsgericht in Ulm die elektronische Strafakte ein, wie Innenminister Thomas Strobl (CDU) sagte. Bis Jahresende soll die digitale Strafakte in Ulm umfassend genutzt werden. Landesweit soll dies laut Strobl 2025 der Fall sein.
Über verschlüsselte Autobahn
Der Austausch der elektronischen Akten zwischen den Behörden erfolgt über eine verschlüsselte Datenautobahn. Polizei und Justiz sollen so künftig zur gleichen Zeit und von unterschiedlichen Orten auf die elektronischen Akten zugreifen können. Das werde auch große Mengen an Papier einsparen, sagte Strobl. Allein am Polizeipräsidium Ulm würden bislang laut einer Hochrechnung täglich rund 50 000 Blatt Papier in der Poststelle registriert.
Justizministerin Gentges bezeichnete die Einführung in Ulm als „Meilenstein für die Digitalisierung der Justiz“. Der Vorbereitungen für den digitalen Austausch liefen bereits seit 2018. Die digitale Strafakte soll die Aktenberge aus Papier vor Gericht gänzlich verschwinden lassen. Auf die eAkte sollen dazu künftig etwa auch Verteidiger oder Nebenklagevertreter zugreifen können. Zudem soll die Akteneinsicht über ein Internetportal der Justiz für ganz Deutschland möglich werden.
Kosten bis zu 10 Millionen Euro jährlich
Die Kosten für das Projekt bezifferte Gentges zu Beginn mit 1,5 Millionen Euro. Bis zur landesweit geplanten Nutzung im Jahr 2025 würden pro Jahr 10 Millionen Euro an Kosten hinzukommen.
Der Landesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Gundram Lottmann, begrüßte zur Vorstellung der eStrafakte, dass damit die Vereinbarkeit von Beruf und Familie weiter gefördert werden könne. Die elektronisch Strafakte biete die Möglichkeit, Homeoffice und mobiles Arbeiten weiter auszubauen. Zugleich kritisierte Lottmann die verwendete Software noch als fehlerhaft. Der Austausch funktioniere bislang nicht reibungslos, es bestünden noch zahlreiche „Kinderkrankheiten“, bemängelte er.
Innenminister Strobl sagte am Dienstag, die Beteiligten hätten seit dem ersten Testbetrieb im Januar dieses Jahres bereits mehrere Fehler gefunden und behoben. Bislang arbeiten demnach rund 15 Staatsanwälte und Staatsanwältinnen sowie Richterinnen und Richter am Amtsgericht und 18 Beschäftigte des Ulmer Polizeipräsidiums mit der digitalen Strafakte. Mit den Erkenntnissen aus Ulm soll bis 2025 Schritt für Schritt die Einführung im ganzen Land gelingen. (dpa/red)
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