Autos immer schwerer zu knacken – auch für Ermittler

Baden-Württembergs Justizministerin fordert eine Änderung der Strafprozessordnung. Autohersteller sollen verpflichtet werden, Schlüsselcodes oder Zweitschlüssel bereitzustellen, um Abhörmaßnahmen zu erleichtern. Der Vorstoß wird auf der bevorstehenden Justizministerkonferenz diskutiert.
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Je neuer die Fahrzeuge, umso sicherer die Alarmsysteme. Das macht es auch Ermittlern schwerer.Foto: Andy Rain/epa/dpa/dpa
Von 24. November 2024

Baden-Württembergs Justizministerin Marion Gentges möchte Autohersteller künftig für die Strafverfolgung in die Pflicht nehmen. Wie die „Legal Tribune Online“ berichtet, hat die CDU-Politikerin bereits eine Beschlussvorlage erarbeitet.

Diese zielt auf eine Änderung der Strafprozessordnung (StPO) ab und soll auf der bevorstehenden Justizministerkonferenz vorgelegt werden.

Alarmsysteme immer schwerer zu überwinden – für Diebe und Ermittler

Konkret will man die Autohersteller künftig dazu verpflichten, auf Anforderung von Ermittlern diesen Schlüsselcodes oder Zweitschlüssel zur Verfügung zu stellen.

Die zunehmende Perfektionierung von Diebstahlssicherungen macht es Ermittlern offenbar zu schwer, Abhörvorrichtungen in Autos von Personen zu platzieren, die schwerer Straftaten dringend verdächtig sind.

Immer sensiblere Alarmsysteme machen es Ermittlern mittlerweile fast unmöglich, sich unbemerkt Zutritt ins Fahrzeuginnere zu verschaffen. Am Unterboden oder der Radaufhängung Abhörgeräte anzubringen, ist offenbar nicht immer wirksam. Ebenso wenig ist ein Einsatz verkabelter verdeckter Ermittler oder von Richtmikrofonen in jeder Konstellation gangbar.

Etwa ein Drittel aller Fahrzeuge, mit steigender Tendenz, ist der Vorlage zufolge mit Alarm- oder Warnfunktionen ausgerüstet: „Die Mitwirkung der Hersteller bei der Überwindung von Diebstahlalarmanlagen oder anderweitiger Warnfunktionen durch Herausgabe der Schließcodes bzw. von Zweitschlüsseln ist daher unabdingbar.“

Bereits am 5. September hatte Gentges der Vorsitzenden der 95. Justizministerkonferenz, Kathrin Wahlmann, die Vorlage übermittelt.

StPO kennt derzeit keine Grundlage für Herausgabe

Die Voraussetzungen von Observationen außerhalb von Wohnräumen sind in den Paragrafen 100f und 100h der StPO geregelt. Gentges zufolge würden Fahrzeughersteller jedoch häufig die Herausgabe von Schlüsselcodes oder die Anfertigung von Zweitschlüsseln verweigern. Eine gesetzliche Verpflichtung dazu treffe sie nicht. Auch sei die Praxis oft beim gleichen Hersteller von Bundesland zu Bundesland verschieden.

Dies soll sich durch eine Ergänzung der gesetzlichen Grundlagen nun ändern. Es sei, so Gentges, „nicht hinnehmbar, bei derart elementaren Ermittlungsinstrumenten auf das Wohlwollen und die Kooperationsbereitschaft der Kfz-Hersteller angewiesen zu sein“.

Bis dato, so äußert Gentges, seien Mitwirkungspflichten privater Dienstanbieter nur bei der Telekommunikationsüberwachung und bei der Erhebung von Verkehrs- und Nutzungsdaten vorgesehen. Auf Fahrzeughersteller lasse sich dies nach derzeitiger Gesetzeslage jedoch nicht.

Welche Alternativen stehen Ermittlern zur Verfügung?

Umgehungen seien ebenfalls nicht möglich. Die Vorschrift des Paragrafen 95 StPO über die Herausgabepflicht von Gegenständen zur Beweissicherung greife nicht, weil Schlüsselcodes und Zweitschlüssel dieser als solche nicht dienten. Vielmehr sollen diese eine mögliche Gewinnung beweiserheblicher Gegenstände erst ermöglichen.

Auch im Rahmen einer Vernehmung von Mitarbeitern der Fahrzeughersteller als Zeugen oder Sachverständige sei eine Veranlassung des Zugangs zu Pkws nicht statthaft. Immerhin gebe es dafür keine Eingriffsgrundlage.

Trotz der verbesserten Diebstahlssicherungen können polizeiliche Ermittler bei Vorliegen eines hinreichenden Tatverdachts und mit richterlicher Genehmigung derzeit eine Reihe anderer Maßnahmen setzen. So können sie über die Anbringung von GPS-Trackern an der Außenseite von Pkws oder durch eine sogenannte Silent SMS aufs Handy Erkenntnisse über den Aufenthaltsort von Verdächtigen erlangen.

Weitere Möglichkeiten, Aufenthaltsorte aufzuspüren oder Gespräche mitzuverfolgen, bieten auch sogenannte IMSI-Catcher oder das Hacken mit dem Internet verbundener Fahrzeuge. Diese ermöglichen auch potenziell den Zugriff auf Kameras. Allerdings ist in diesen Fällen der Aufwand erheblich.

Am Donnerstag wird über mögliche Änderung der StPO abgestimmt

Als mögliche Gegenmaßnahmen gelten unter anderem Car-Screening-Programme. Kostspielig und nicht immer legal ist auch der Einbau von Störsendern oder die Installation von Abhörschutz-Systemen.

Die Problematik des Abhörens oder Trackings von Fahrzeug ist kein Thema, das exklusiv auf den Bereich der Strafverfolgung beschränkt wäre.

Im Alltag besteht unter anderem bei Außendienstmitarbeitern oder Geschäftsführern von Unternehmen die Gefahr, dass Konkurrenten deren Bewegungen und Gespräche belauschen. Dies ist insbesondere dort der Fall, wo es um Geschäfte mit hoher Auftragssumme geht.

Am kommenden Donnerstag, dem 28. November, soll im Justizausschuss über den Vorstoß aus Baden-Württemberg zur Änderung der StPO beraten und abgestimmt werden. Sollte es eine Mehrheit geben, ist es ungewiss, ob es vor den Neuwahlen des Bundestages noch eine Regelungsvorlage von Bundesjustizminister Volker Wissing geben wird.



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