Autoindustrie warnt: Deutsche Brücken zu kaputt für schwere Elektro-Lkw

Batterien sind schwerer als Motoren. Für die 4.000 sanierungsbedürftigen Brücken im Land ist das heikel. Sollte der Straßenbau dann mit Klima-Argumenten verhindert werden?
Titelbild
Warten auf die Fähre neben der Baustelle des neuen Fehmarnbelt-Tunnels bei Puttgarden, Deutschland. Werden die Fahrzeuge durch Batterien schwerer, sind neben dem Straßennetz auch die Fähren betroffen.Foto: Gregor Fischer/Getty Images
Von 15. Februar 2023

Deutsche Brücken könnten die Erfüllung der Klimaziele behindern, warnt die deutsche Autoindustrie. „Straßenbau mit Klima-Argumenten zu verhindern, ist gerade falsch“, sagt Hildegard Müller, Präsidentin des Verbandes der Automobilindustrie.

„Ein Beispiel: Batterien sind schwerer als Motoren. Nun ist es für das Verkehrsministerium schwierig, besonders lange Lkw ab 44 Tonnen Gewicht zuzulassen. Der Grund: In Deutschland gibt es rund 4.000 sanierungsbedürftige Brücken, die durch das hohe Gewicht dann noch mehr gefährdet wären.“

Die Versuche, weiteren Straßenbau zu verhindern, sind daher kontraproduktiv. So werde Infrastruktur verhindert, die man brauche, um Mobilität CO₂-neutral zu gestalten. Müller rief die Ampelkoalition dazu auf, den Streit um die Planungsbeschleunigung beim Autobahnausbau beizulegen.

„Produkte technisch zu entwickeln, ist eine Sache“, erklärt die Verbandspräsidentin. „Die andere ist, Fabriken dafür umzubauen und Genehmigungen dafür zu erhalten.“

Vorschlag der digitalen Temposteuerung

Zum Tempolimit auf den deutschen Autobahnen schlägt Müller eine digitale Temposteuerung vor, die je nach Verkehrsdichte und Wetter das Tempo regele.

Eine pauschale Begrenzung auf Tempo 130 lehnt Müller ab. „Schon heute sind 96 Prozent aller Straßen in Deutschland durch Tempolimits reguliert“, sagte die VDA-Chefin. Zudem hätten viele Menschen zuletzt in Folge der Energiekrise ihr Fahrverhalten geändert, äußerte sie gegenüber den Zeitungen der Funke-Mediengruppe.

Scharf ins Gericht ging die Autopräsidentin mit dem europäischen Ausbau der Ladesäuleninfrastruktur für Elektroautos. „In Deutschland muss sich das Tempo beim Ausbau der Ladeinfrastruktur mehr als vervierfachen, um das gesetzte Ziel von einer Million Ladepunkten bis 2030 zu erreichen. In anderen Ländern sieht es noch viel schlimmer aus. Die Stadt Hamburg hat fast doppelt so viele öffentliche Ladepunkte wie Griechenland.“ Aber auch Deutschland hinke beim Stromnetzausbau weit hinterher.

Ladepunkte für Lkw sind Mangelware

Aral und bp haben Ende Januar den ersten Ladekorridor für E-Lkw in Europa eröffnet. Damit sind Ladestationen zwischen dem Rhein und den Alpen an Tankstellen von Aral gemeint. Entlang der 600-Kilometer-Strecke, einer der häufigsten genutzten Routen in Europa, können täglich mehr als 20 E-Lkw die gesetzlich vorgeschriebene Ruhezeit auch dazu nutzen, ihren Truck aufzuladen. Der Strom reicht bei 60 Minuten Ladezeit für eine Lkw-Reichweite von bis zu 200 Kilometern.

In einer Pressemitteilung von Aral heißt es, dass der Ladekorridor sechs an die Maße von Lkw angepasste, gut beleuchtete und sichere 300 kW-Ladestationen umfasst. Handelsübliche Wallboxen liefern eine Leistung von 11 bis 22 kW. Die Hochleistungsladestationen befinden sich an Aral-Autohöfen in Schwegenheim, Bensheim, Rüsselsheim, Rheinböllen, Düsseldorf und Dortmund. Je eine weitere Ladestation in Bad Honnef an der A3 und in Köln sind im Bau. Pkw können diese Ladesäulen ebenfalls benutzen.

Alexander Junge, Aral-Vorstand für Elektro-Mobilität, erklärt anlässlich der Eröffnung: „Die Diskussion rund um die E-Mobilität fokussiert sich aktuell sehr stark auf den Pkw-Bereich.“ Doch auch der „Mittel- und Schwerlastverkehr“ stehe an einem Wendepunkt. Ihre Strategie sei, diese Nachfrage entsprechend zu bedienen. „Der erste europäische Ladekorridor ist ein wichtiger Meilenstein auf diesem Weg, denn damit ermöglichen wir das Aufladen von E-Lkw, die derzeit meist in ihr Heimat-Depot zum Laden zurückkehren müssen.“

Elektrische Lkw werden unter anderem von Daimler Truck, einem der weltweit größten Nutzfahrzeughersteller mit Sitz in Deutschland, entwickelt und angeboten. Seit 2021 ist das Unternehmen mit dem batterie-elektrischen Mercedes-Benz eActros für den schweren Verteilerverkehr im Markt. 2024 soll der eActros LongHaul für den Fernverkehr serienreif sein.

Das Unternehmen arbeitet eng mit Aral zusammen. Im südpfälzischen Mercedes-Benz Lkw-Werk in Wörth am Rhein sind bereits elektrische Lkw im Einsatz und profitieren von den Ladestationen. Laut Daimler Truck soll der Lieferverkehr in das größte Lkw-Montagewerk bis Ende 2026 zu 100 Prozent elektrifiziert werden.

(Mit Material der Agenturen)



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