Auswandern: „Es macht Spaß, Schlupflöcher zu finden“

Aufenthaltsgenehmigung, Steuern, Pass – was gibt es beim Ausstieg aus Deutschland zu beachten? Wo sind interessante Ziele?
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Der Auswandererexperte ist derzeit in Brasilien unterwegs.Foto: Christoph Heuermann
Von 14. Dezember 2021
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Christoph Heuermann hat mit erst 31 Jahren geschafft, wovon viele ein Leben lang träumen. Er hat 200 Länder bereist, um dort die Gegebenheiten für Auswanderer, Unternehmer und Investoren auszuloten. Sich selbst bezeichnet er „perpetual traveller“, also Dauerreisender.

„Ich bin komplett finanziell frei und erkunde lieber die Welt als den ganzen Tag vor dem Laptop zu sitzen“, sagt er stolz. Der angenehme Nebeneffekt: Seit sieben Jahren hat er keine Einkommensteuern gezahlt – obwohl er nach eigenen Angaben 50.000 Euro im Monat verdient. Seinen Mandanten sind seine individuellen Beratungen ab 2000 Euro wert.

Sie wissen, dass Heuermann aus eigener Erfahrung spricht, wenn es um Steuervermeidung und Auswanderung geht. „Ich lebe jeden Tag, was ich berate und bin wohl deshalb sehr glaubwürdig“, bringt es der Dauerreisende auf den Punkt, „Hunderte Menschen haben bereits allein durch die Lektüre meines Blogs, meiner Bücher, Kurse und Videos den Weg in die Freiheit gefunden.“

Knapp eine Million Deutsche haben laut Statista im vergangenen Jahr ihr Land verlassen. Künftig könnten diese Zahl deutlich steigen: Immer mehr Bundesbürger wollen der Republik wegen der rigiden Corona-Politik dauerhaft den Rücken kehren. Das Interview führte Christian Euler.

ET: Wo erreichen wir Sie gerade?

Christoph Heuermann: Ich bin mit meiner Freundin im Amazonas-Regenwald Brasiliens. In meinen Augen ist Brasilien eines der interessantesten Auswanderungsziele für coronamüde Deutsche, insbesondere der stark deutsch geprägte, konservativ regierte Bundesstaat Santa Catarina.

Brasilien wird oft mit Kriminalität und Armut gleichgesetzt, hat in den richtigen Regionen aber eine wohlhabende Gesellschaft ohne die typischen Probleme europäischer Wohlfahrtsstaaten. Für mich selbst ist das Land eine der „Flaggen“ für die Zukunft – wenn nicht ein zu erwartender Politik-Wechsel Richtung Kommunismus zahlreiche Errungenschaften der letzten Jahre unter Bolsonaro wieder zerstört.

ET: Besitzen Sie noch einen deutschen Pass?

Christoph Heuermann: Ja, und ich sehe auch keinen Grund ihn abzugeben, solange es keine greifbaren Nachteile wie Reisebeschränkungen oder Besteuerung nach Staatsbürgerschaft gibt. Nicht mehr Pass-Deutscher zu sein ist aber durchaus eine Option für mich, da man die uns gegebene Reisefreiheit sehr leicht mit anderen greifbaren Staatsbürgerschaften replizieren kann. An meiner deutschen Identität ändert ein Stück Papier ohnehin nichts. 

ET: Ist es legal, wohnsitzlos zu sein?

Christoph Heuermann: Es ist zumindest nicht illegal, weil es nicht näher geregelt ist. Im deutschsprachigen Raum haben wir den großen Vorteil eines zentralen Meldesystems, bei der die Steuerpflicht vom Stichtag der An- oder Abmeldung abhängt.

In den meisten anderen Ländern weltweit ist dies nicht der Fall. Dort wird man erst aus der alten Steuerpflicht entlassen, wenn man eine Ansässigkeitsbescheinigung eines neuen Steuerwohnsitzes nachweist.

Ich habe viele internationale Kunden, die aus diesem Grund bewusst für kurze Zeit nach Deutschland oder Österreich ziehen um sich dann von hier abzumelden. Ihre Ursprungsländer wittern bei solchen Steuerhöllen schließlich auch keinen Verdacht. 

ET: Kritiker werfen Ihnen vor, dass sie mit Ihrem Studium zwar Leistungen des deutschen Systems in Anspruch genommen haben, dieses aber nun wegen Ihrer Steuervermeidungstaktik nicht mehr mitfinanzieren. 

Christoph Heuermann: Es ist nicht richtig, dass ich keine Steuern zahle. Ich zahle erhebliche Summen an Umsatzsteuer auf in Deutschland verkaufte eBooks und Kurse und wenn ich vor Ort bin entsprechende Konsumsteuern.

ET: Wie schätzen Sie die neue Regierung ein?

Christoph Heuermann: Die systemischen Risiken werden die nächsten Jahre sicher zunehmen. Bei der gescheiterten Energiepolitik sind länger anhaltende Blackouts nur noch eine Frage der Zeit. Und wenn die schrankenlose Zuwanderungspolitik anhält, gleichzeitig dem hochverschuldeten Staat aber immer mehr das Geld ausgeht, sind brennende Fußgängerzonen kein Ding der Unmöglichkeit mehr. Die FDP ist dabei ganz sicher kein Korrektiv. 

ET: Wohin könnten Auswanderungswillige reisen, die dem Impfzwang entgehen wollen? Gerade die klassischen Einwanderungsländer wie Australien, Neuseeland und Kanada verfolgen zumeist scharfe Corona-Maßnahmen.

Christoph Heuermann: Ich rechne damit, dass innerhalb der kommenden zwei Jahre in praktisch jedem entwickelten Land der Welt ein direkter oder indirekter Impfzwang eingeführt wird. Der politische und wirtschaftliche Druck von außen, das Sehnen der Bevölkerung nach Sicherheit und Normalität von innen und notfalls „Bestechungsgelder“ werden auch noch ausscherende Staaten auf Linie bringen.

Mittelfristig sehe ich nur Entwicklungsländer auf dem afrikanischen Kontinent außen vor, da diese ohnehin bereits eine Herden- bzw. Kreuzimmunität aus anderen Viren-Krankheiten haben. Corona findet dort meistens nur noch im Auslandteil der Zeitungen statt. Langfristig halte ich ländliche Gegenden in Südamerika und Sub-Sahara-Afrika für am attraktivsten, wenn man ohne Impfzwänge leben will.

ET: Das sind nicht unbedingt die Ziele, von denen viele Deutsche träumen.

Christoph Heuermann: Natürlich sind das keine attraktiven Länder zum Leben. In Europa bieten aktuell die Balkan-Staaten noch Grund zur Hoffnung. In Kroatien und Montenegro verbrachte ich etwa selbst große Teile des Jahres 2020 relativ unbeeindruckt.

In Lateinamerika zählen Mexiko, Nicaragua, Paraguay und trotz hoher Impfquote auch Brasilien dazu, zumindest, solange Bolsonaro noch im Amt bleibt. Besonders von der Pandemie profitiert hat auch Dubai, das im Gegensatz zu Abu Dhabi eine strikte, aber entspannte Pandemiepolitik verfolgt. 

ET: Eine Garantie, dass diese Länder mittel- bis langfristig politisch stabil und rechtssicher bleiben, gibt es aber auch dort nicht. Was, wenn dort durch einen Regierungswechsel ein ähnlich rigides System wie in Deutschland oder Österreich entsteht? 

Christoph Heuermann: Genau deshalb lautet meine Hauptempfehlung, mobil zu bleiben. „Auswandern ohne Einwandern“, wie ich immer sage. Das kann durchaus mehrere Aufenthaltsgenehmigungen bedeuten, aber keine zu starke Bindung an nur ein Land durch substanzielles Investment.

Im Grunde reichen ja bereits zwei Standorte und eine Woche Urlaub in einem Drittland aus, um mein „wohnsitzloses“ Modell zu nutzen. Das können auch Mallorca und Berlin sein. Aus vielen direkten Zwängen ist man dann erst mal raus. Es macht Spaß, Schlupflöcher zu finden.

ET: Wie kommt man im Ausland an eine Aufenthaltsgenehmigung – und mit welchem finanziellen Aufwand sollte man rechnen? 

Christoph Heuermann: Das ist extrem unterschiedlich und hängt auch von der Art der Aufenthaltsgenehmigung ab. Rentner zum Beispiel haben es oft sehr einfach: Ein Großteil der Welt vergibt Rentner-Visa ab Rentenhöhen, die in Deutschland als unterdurchschnittlich gelten. Angestellte werden in der Regel gesponsert, sobald sie einen Job mit gewissem Mindestgehalt finden.

Bei meinen Kunden erfolgt eine Einwanderung meist über eine Selbstständigkeit oder eine Investition. In Paraguay reichen für eine dauerhafte Aufenthaltsgenehmigung etwa schon 4.000 Euro Einlage auf einem Konto bei der Nationalbank aus. Im Nachbarland Brasilien muss man dafür hingegen mindestens 130.000 Euro in eine Immobilie investieren. 

Eine befristete Aufenthaltsgenehmigung gibt es in vielen Ländern recht einfach. Sie bedingt in der Regel aber 183 Tage Aufenthalt und damit lokale Steuerpflicht. Mit einer dauerhaften Aufenthaltsgenehmigung ist man flexibler.

Asiatische Länder vergeben überwiegend nur zeitlich beschränkte Visa – besonders hervorzuheben ist hier Dubai, wo man sich über eine Firmengründung für knapp 4.000 Euro pro Jahr bereits ein Wohnsitzvisum sponsern lassen kann. Auch Georgien ist ein aktuell attraktives Land, in der ein Mindestumsatz von knapp 12.000 Euro pro Jahr in einer lokalen Firma für die Aufenthaltserlaubnis sorgt. Die Besteuerung eines Einzelunternehmens liegt dort bei einem Prozent. 

ET: Wo ist das Umfeld für Familien am besten?

Christoph Heuermann: Auch wenn es weiterhin viele Vorbehalte gibt: Ich halte einen Stadtstaat wie Dubai aktuell als ideal für die meisten Familien auf der Flucht. Dort lebt es sich trotz Islam und wie in deutschen Medien zu lesen ist „Diktatur“ wesentlich freier als in Deutschland. Vor allem kann man in Dubai aktuell so einfach wie nie und völlig unbürokratisch einwandern – und muss für ein Leben vor Ort längst nicht so reich sein, wie manche einem das glauben machen wollen.

Aber selbst ein Wechsel in nahe europäische Länder mit Niederlassungsfreiheit kann ein guter erster Schritt sein. Schweden, das deutsch-polnische Grenzgebiet oder die kroatische Küste bieten aktuell wesentlich mehr Freiheiten und sind den meisten Deutschen familiär genug. Oder auch Randregionen wie die portugiesischen Azoren, die wahrscheinlich einer meiner Lebensmittelpunkte in Zukunft sein werden.

ET: Sie beraten Menschen bei der Firmengründung im Ausland mit besonderem Fokus auf Länder, die Steuerfreiheit oder besonders niedrige Steuern verlangen. Welche Länder bieten heute überhaupt noch Steuerfreiheit?

Christoph Heuermann: Über 80 Länder auf der Welt sind richtig strukturiert komplett steuerfrei. Selbst in der EU kann man ganz legal praktisch steuerfrei leben – etwa in Zypern, Malta, Irland, Portugal und Spanien. Geht es nur um Kapitalerträge, sind es noch einige mehr – auch das bei Corona-Kritikern beliebte Schweden.

Keinerlei direkte Steuern haben dabei nur etwa 20 Länder. Dubai (VAE) und andere Golfstaaten sind am bekanntesten, aber auch Karibik-Inseln wie die Bahamas und Bermuda oder europäische Zwergstaaten wie Monaco, das keinesfalls nur Superreichen vorbehalten ist. Es gibt Modelle, mit nur 150.000 Euro Vermögen einen Steuerwohnsitz in Monaco zu begründen – wenn man sich für mindestens 3.000 Euro eine Mini-Wohnung im Monat leisten kann.

Christoph Heuermann ist dauerreisender Unternehmer, Investor und Autor. Seine Mission besteht darin, Menschen aus aller Welt durch geschickte Strategien der Gesetzesarbitrage zu mehr Freiheit und Vermögen zu helfen. Dies tut er auf Deutsch (staatenlos.ch), Englisch (tax-free.today), Spanisch (librestado.com), Französisch (libredetat.com), Portugiesisch (Settee.com.br) und Russisch (Svoboda.global). Heuermann studierte nach einem Freiwilligen Sozialen Jahr in Neuseeland Politik- und Verwaltungswissenschaften und machte sich 2015 nach Praktika im Berliner Bundestag und Think-Tanks in Wien und Brüssel und seinem Bachelor-Abschluss selbstständig. 



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