Aus für Scholz‘ „Doppel-Wumms“: Neue Milliarden-Lücken befürchtet
Seitdem das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) der Regierung verboten hat, bereits fest eingeplante Gelder in Höhe von 60 Milliarden Euro aus nicht genutzten Corona-Kreditermächtigungen für den „Klima- und Transformationsfonds“ (KTF) zu verwenden, klafft in der Kasse von Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) eine riesige Finanzierungslücke. Und die wird nun wohl noch größer werden: Nach Informationen des „Handelsblatts“ fehlen im Haushalt 2024 weitere 20 Milliarden Euro.
Diese Summe hätte ursprünglich aus dem nominell 200 Milliarden Euro starken „Wirtschaftsstabilisierungsfonds“ (WSF) entnommen werden sollen. Doch nach dem Willen von Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) solle der WSF vorsichtshalber schon zum Jahresende 2023 Geschichte sein. „Entweder werde der WSF geschlossen oder es werde kein neuer Wirtschaftsplan für 2024 aufgestellt“, schreibt das „Handelsblatt“ unter Berufung auf Aussagen „mehrerer Regierungsmitglieder“.
Angst vor erneuter Verfassungswidrigkeit
Der Grund: Schuldenmachen für Sonderfonds könnte ja „potenziell verfassungswidrig“ sein, wie „T-online“ schreibt. Die Regierung halte es jedenfalls jetzt schon „für verfassungswidrig, Kreditermächtigungen aus dem Jahr 2022 auch 2023 und 2024 zu nutzen“, präzisierte das „Handelsblatt“ (Bezahlschranke).
Nach Angaben des „Bayerischen Rundfunks“ (BR) dürfen die „einzelnen Ressorts […] jetzt nur noch bereits laufende Projekte weiterfinanzieren“. Nicht von den Sperrmaßnahmen betroffen ist nach Angaben von „T-online“ beispielsweise die „Auszahlung der Energiepreisbremsen im Jahr 2023“.
Trotzdem steht die „Apel“ vor schwierigen Geldproblemen: Die 20 nun weggebrochenen WSF-Milliarden mitgerechnet, könnten somit am Ende sogar mehr als 100 Milliarden Euro fehlen, für die die Ampelregierung ursprünglich Kredite aufnehmen wollte.
Lindner: Ausgabensperre verhängt
Erst vor wenigen Tagen hatte Finanzminister Lindner den WSF zunächst für den Rest des Jahres 2023 gesperrt. Dieser Sonderfonds sollte vor allem „zur Abfederung der hohen Energiepreise“ dienen und „ursprünglich auch im nächsten Jahr gelten“, heißt es bei „T-online“. Daraus wird nun wahrscheinlich nichts mehr.
Auch aus dem ebenfalls für die „Energiewende“ zentralen „Klima- und Transformationsfonds“ (KTF) und aus beinahe dem gesamten restlichen Bundeshaushalt 2023 dürfen schon jetzt keine neuen Ausgaben mehr bezahlt werden. Das hatte Werner Gatzer (SPD), altgedienter Staatssekretär im Bundesfinanzministerium, nach Informationen von „T-online“ in einem Brief an die übrigen Ministerien klargestellt.
Darin heiße es, dass die für den WSF gedachten Kreditermächtigungen „im Jahr 2023 nach derzeitiger Rechtslage nicht mehr genutzt werden“ könnten. Auch sämtliche „im Wirtschaftsplan 2023 noch nicht in Anspruch genommenen Ausgaben sowie alle ausgebrachten und noch nicht belegten Verpflichtungsermächtigungen“ seien außerdem „ab sofort gesperrt“ und bedürften „der Einwilligung des Bundesministeriums der Finanzen“, erklärte Gatzer. Es gehe darum, „weitere Belastungen des Haushalts sowie Vorbelastungen für künftige Haushaltsjahre zu vermeiden“.
BVerfG-Urteil bringt Ampel in Geldnot
Hintergrund der ganzen Haushaltsmaßnahmen ist die schwere Krise, mit der sich die „Ampel“ nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 15. November beschäftigen muss. Das BVerfG entschied, dass es grundgesetzwidrig sei, übrig gebliebene Milliardenbeträge aus dem Corona-Sonderfonds nachträglich für klimapolitische Maßnahmen zu verwenden. Das „Zweite Nachtragshaushaltsgesetz 2021“ (2. NHG 2021) sei somit nichtig. Das höchste deutsche Gericht war damit einer Klage der Unionsfraktion im Bundestag gefolgt (Az: 2 BvF 1/22).
Informationen der „Bild“ zufolge war den Vertretern der Ampelregierung schon vor dem Urteil klar, dass der zweite Nachtragshaushalt 2021 rechtswidrig sein könnte. „Trotz der Bedenken zog die Ampel das Ding gemeinsam durch“, schreibt das Boulevardblatt.
Nach Angaben des BR prüfen derzeit „Rechtsexperten“, ob wenigstens der Bundeshaushalt für das laufende Jahr und der geplante Etat für 2024 verfassungskonform seien: Beide Planungen beinhalteten nämlich „Zuschüsse aus den umstrittenen Sonderfonds“.
Finale Haushaltsverabschiedung verschoben
Wie am 22. November aus den Reihen der Fraktionsvorsitzenden von SPD, Grünen und FDP bekannt wurde, verschob die Ampel-Koalition die Verabschiedung des Etats für 2024 kurzfristig. Ursprünglich war geplant gewesen, den Haushalt spätestens am 1. Dezember zu verabschieden. Nun solle Zeit geschaffen werden, „das Urteil sorgfältig bei der Aufstellung des Haushalts für das Jahr 2024 zu berücksichtigen“.
Ziel sei es, „den Haushalt zügig, aber mit der gebotenen Sorgfalt zu beraten, um Planungssicherheit zu schaffen“, erklärten die Fraktionsvorsitzenden der Koalition, Rolf Mützenich (SPD), Britta Haßelmann und Katharina Dröge (Grüne) und Christian Dürr (FDP). „Auf die Tagesordnung der Bundestagssitzung nächste Woche werden andere Themen gesetzt.“
Zuvor hatte der Haushaltsausschuss auf Antrag der Ampel-Parteien die für Donnerstag, 23. November, geplante abschließende Bereinigungssitzung abgesagt. Damit fehlt die Grundlage für die abschließende Beschlussfassung im Plenum des Bundestags in der kommenden Woche.
Auf kurzfristigen Antrag der Unionsfraktion waren am 21. November im Ausschuss externe Sachverständige zum BVerfG-Urteil gehört worden. Die Experten waren sich nach Informationen des „Handelsblatts“ aber uneins, ob der Bundeshaushalt schon beschlussreif sei. Der von der Union eingeladene Steuerrechtler Prof. Hanno Kube etwa sieht die Voraussetzungen nicht erfüllt. Er geht sogar davon aus, dass alle Sondervermögen des Bundes „nachgebessert“ werden müssen, um die Vorgaben des BVerfG zu erfüllen.
Der auf Einladung der SPD zugeschaltete Wirtschaftswissenschaftler Prof. Jens Südekum sieht nach Angaben des „Spiegel“ dagegen weniger Probleme: „Der Kernhaushalt ist ausverhandelt und kann vorläufig verabschiedet werden“. Er rechne allerdings mit einem Nachtragshaushalt für das Jahr 2024, der entweder mit Kürzungen oder mit einer „erweiterten Einnahmebasis“ gestemmt werden soll.
Agora Energiewende schlägt Verdopplung des CO₂-Preises vor
Wie das „Handelsblatt“ (Bezahlschranke) berichtet, käme auf der Einnahmeseite nach Auffassung des grünen „Thinktanks Agora Energiewende“ ein noch deutlich höherer Preis für jede Tonne CO₂ in Frage: Statt zum 1. Januar 2024 wie geplant „nur“ um zehn Euro auf dann 40 Euro zu erhöhen, könne man doch gleich 60 Euro verlangen. Das würde dem Bund „rund 6,6 Milliarden Euro“ verschaffen.
Der SPD-Fraktionsvize Matthias Miersch warnt allerdings davor, Milliardenlücken durch einen höheren CO₂-Preis zu stopfen. „Ein explodierender CO₂-Preis ist ein AfD-Konjunkturprogramm“, sagte Miersch der „Süddeutschen Zeitung“. „Was das für den Klimaschutz bedeutet, muss jedem klar sein.“ Finanzminister Lindner lehnt Steuererhöhungen ohnehin strikt ab.
Auch die Frage, ob die Schuldenbremse gemäß Artikel 109 des Grundgesetzes noch gehalten werden kann, scheint inzwischen wieder offen. Nachdem in den vergangenen Tagen etliche Politiker und Experten eine Lockerung oder sogar Abschaffung der Obergrenze für die Staatsverschuldung gefordert hatten, denkt die Bundesregierung nach Informationen des BR tatsächlich über eine Aussetzung der Beschränkung nach.
Nach Angaben eines Regierungsvertreters aber gehe es dabei nicht um „neue Ausgaben“. „Vielmehr würden die aus früheren Kreditermächtigungen erfolgten Ausgaben des Wirtschaftsstabilisierungsfonds auf eine sichere Grundlage gestellt“, zitiert der BR.
Der WSF – der „Doppel-Wumms“ des Olaf Scholz
Der Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) ist eines von insgesamt 29 Sondervermögen des Bundes, das zu den wichtigsten Finanzwerkzeugen der „Energiewende“ zählt.
Ursprünglich sollte der WSF zum 30. Juni 2022 auslaufen. Die Ampelregierung hatte den Fonds nach Angaben des BR aber 2022 „zur Abfederung der Energiekrise in der Folge des Ukraine-Kriegs“ doch noch mit neuen Kreditermächtigungen in Höhe von 200 Milliarden Euro ausgestattet. Diese Kreditermächtigungen seien „in einem Jahr“ aufgenommen worden, aber auch für „Auszahlungen in den Folgejahren“ gedacht gewesen. Auf diese Weise habe Christian Lindner „ab 2023 formal wieder die Schuldenbremse einhalten“ können. Allerdings habe sich die Regierung damit eines „ähnlichen Verfahrens“ bedient „wie beim Klimafonds KTF, das vom Verfassungsgericht für unzulässig erklärt worden war“, schreibt der BR.
Mit dem WSF-Geld seien seither sowohl die Kosten für die Strom- und Gaspreisbremsen als auch „Stützungsmaßnahmen für Firmen und wichtige Gasimporteure“ bezahlt worden. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) habe das Ganze deshalb als „Doppel-Wumms“ bezeichnet.
Mit Informationen aus Agenturen.
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