Aufnahmestopp für Flüchtlinge aus Syrien und Afghanistan – Debatte spitzt sich zu

Nach dem Messerangriff in Solingen entflammt die Debatte über Flüchtlinge aus Syrien und Afghanistan. Merz' Aufruf zum Aufnahmestopp spaltet die Politik. Spahn (CDU) und Söder (CSU) fordern Grenzschließungen, während Kühnert (SPD) auf die Rechtslage pocht.
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Flüchtlinge an einer Aufnahmestelle.Foto: via dts Nachrichtenagentur
Epoch Times26. August 2024

Schon kurz nach dem Anschlag setzte ein Streit über die zu ziehenden Konsequenzen aus dem Messerangriff ein. Eine Woche vor den Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen forderte CDU-Chef Friedrich Merz einen Aufnahmestopp für Flüchtlinge aus Syrien und Afghanistan in Deutschland.

In seinem E-Mail-Newsletter „MerzMail“ schrieb er: „Nach dem Terrorakt von Solingen dürfte nun endgültig klar sein: Nicht die Messer sind das Problem, sondern die Personen, die damit herumlaufen. In der Mehrzahl der Fälle sind dies Flüchtlinge, in der Mehrzahl der Taten stehen islamistische Motive dahinter.“

Friedrich Merz (CDU) und Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) planen, sich am Dienstag dieser Woche zu treffen. Das berichtet das „Handelsblatt“ (Dienstagsausgabe) unter Berufung auf CDU-Kreise. Das für den Morgen angesetzte Treffen im Kanzleramt sei seit längerem anberaumt gewesen. Merz habe zu einigen Themen „Informationsbedarf“ gehabt, hieß es. Nun aber werde es vor allen Dingen um den Terroranschlag von Solingen gehen und um einen Kurswechsel in der Migrationspolitik.

Jens Spahn für Grenzschließungen für irreguläre Migranten

Unions-Fraktionsvize Jens Spahn (CDU) sprach sich für Grenzschließungen für irreguläre Migranten aus. Der „Rheinischen Post“ (Montag) sagte er: „Es kommen seit Jahren jeden Tag hunderte junge Männer aus Syrien und Afghanistan nach Deutschland und Europa. Das muss endlich enden.“

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) sagte in der ARD, Straftäter müssten sofort in Arrest genommen werden und das Land verlassen, insbesondere in Richtung Syrien und Afghanistan. Der Polizei müssten mehr Möglichkeiten für Kontrollen gegeben werden.

Kanzler Scholz hatte bereits im Juni nach dem tödlichen Messerangriff von Mannheim angekündigt, die Abschiebung von Schwerstkriminellen und terroristischen Gefährdern nach Afghanistan und Syrien wieder zu ermöglichen.

SPD-Generalsekretär Kühnert: Aufnahmestopp rechtlich nicht möglich

SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert wies die Merz-Forderung nach einem generellen Aufnahmestopp für Flüchtlinge aus Syrien und Afghanistan zurück. Dem stehe das Grundgesetz entgegen, beispielsweise das individuelle Recht auf Asyl, sagte er im ARD-„Morgenmagazin“.

„Die Antwort kann doch nicht sein, dass wir Menschen, die selber vor Islamisten fliehen, weil sie von denen für ihre Lebensweise verfolgt werden, jetzt die Tür vor der Nase zuschlagen“, sagte Kühnert. Man müsse sich jetzt anschauen, warum die Rückführung des mutmaßlichen Täters nach Bulgarien nicht geklappt habe.

Kühnert betonte, die Ampel arbeite bereits an Lösungen für die Abschiebung von Intensivstraftätern auch nach Syrien und Afghanistan. Sie komme auch beim Waffenrecht und bei Messerverboten voran. Jetzt müsse es verstärkt um das Problemfeld der Radikalisierung von Einzeltätern gehen. „Hier braucht es jetzt einen großen Wurf von Bund und Ländern gemeinsam.“

Widerspruch von der Union

Der CDU-Innenpolitiker Alexander Throm hielt Kühnert im ARD-„Morgenmagazin entgegen, die wenigsten Bewerber bekämen Asyl wegen des Schutzes nach dem Grundgesetz. Die meisten, insbesondere aus Afghanistan und Syrien, erhielten subsidiären Schutz, sie seien in ihrer Person nicht verfolgt oder bedroht.

In Afghanistan fänden keine Kampfhandlungen mehr statt, in Syrien nur lokal begrenzt. „Deswegen muss der subsidiäre Schutz für Afghanen und für Syrer wegfallen.“

Mutmaßlicher Täter sitzt in Untersuchungshaft

Am Freitagabend waren bei einem Stadtfest im nordrhein-westfälischen Solingen drei Menschen mit einem Messer getötet worden. Acht Menschen wurden verletzt, vier davon schwer. Mutmaßlicher Täter ist ein 26-jähriger Syrer, der inzwischen in Untersuchungshaft sitzt.

Die Bundesanwaltschaft ermittelt gegen ihn wegen Mordes und wegen des Verdachts der Mitgliedschaft in der Terrormiliz Islamischer Staat (IS). Diese reklamierte den Anschlag für sich und veröffentlichte am Sonntag ein Video, das den Täter zeigen soll. Wann es aufgenommen wurde und ob es sich tatsächlich um den Täter handelt, ist noch nicht zweifelsfrei geklärt.

Syrer sollte abgeschoben werden

Wie der „Spiegel“ berichtete, kam der Verdächtige Ende 2022 nach Deutschland und stellte einen Antrag auf Asyl. Den Sicherheitsbehörden war er demnach bislang nicht als islamistischer Extremist bekannt. Diese Informationen wurden der Deutschen Presse-Agentur bestätigt.

Der Asylantrag des Tatverdächtigen wurde demnach abgelehnt. Deshalb sollte er im vergangenen Jahr nach Bulgarien abgeschoben werden. Über das Land war er in die Europäische Union eingereist. Die Abschiebung scheiterte laut „Welt“ daran, dass er in Deutschland abgetaucht sei.

Wüst fordert Aufarbeitung in Behörden

Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Wüst fordert eine Aufarbeitung auch innerhalb der Behörden. „Da gibt es eine Menge Fragen. Es sind auch eine Menge Behörden involviert. Das muss aufgeklärt werden, und da muss Klartext gesprochen werden, wenn da etwas schiefgelaufen ist“, sagte er in der „Aktuellen Stunde“ im WDR Fernsehen.

Im ZDF-„heute journal“ sagte Wüst: „Wenn da irgendwo was schiefgelaufen ist, bei welcher Behörde auch immer, ob vor Ort in Bielefeld, in Paderborn oder bei Landes- oder Bundesbehörden, dann muss die Wahrheit da auf den Tisch.“

NRW-Innenminister Reul sagte in der ARD-Sendung „Caren Miosga“, untergetaucht im rechtlichen Sinne sei der mutmaßliche Attentäter nicht. Er sei an dem Tag, an dem er abgeholt werden sollte, schlicht nicht dagewesen.

„Ansonsten war er immer und häufig in dieser Einrichtung.“ Im Deutschlandfunk verlangte Reul stärkere Grenzkontrollen an den deutschen Außengrenzen sowie Zurückweisungen von Flüchtlingen. „Ich glaube, es geht nicht anders.“

Folgenschwerster Anschlag seit Jahren

Nach einer Übersicht des Verfassungsschutzes wäre die Tat in Solingen der folgenschwerste aus mutmaßlich islamistischen Motiven begangene Anschlag in Deutschland seit dem Angriff auf einen Weihnachtsmarkt in Berlin im Dezember 2016 mit damals 13 Toten und 64 Verletzten.  (dpa/red)



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