Auf dem Weg zur Planwirtschaft? Wirtschaftsexperte kritisiert 49-Punkte-Plan der Ampel
Ein kürzlich veröffentlichtes 49-Punkte-Papier der Ampelregierung soll die Wirtschaft ankurbeln. Doch kann das gelingen? Epoch Times bat Sebastian Göring, Gründer der Unternehmensberatung EUROCONSIL, um eine Einschätzung.
Das in dem Papier mit dem Titel „Wachstumsinitiative – neue wirtschaftliche Dynamik für Deutschland“ beschriebene Maßnahmenpaket soll dazu beitragen, die „Attraktivität, Wettbewerbsfähigkeit und Innovationskraft des Wirtschaftsstandorts“ zu stärken.
So plant die Regierung Anreize zur Beschäftigung, insbesondere für Bürgergeldempfänger. Die Fachkräfteeinwanderung soll vereinfacht und beschleunigt werden, zum Beispiel durch steuerliche Begünstigung für Ausländer.
Damit Deutschland „auch in Zukunft ein wettbewerbsfähiger, hochinnovativer Standort an der Weltspitze“ bleibt, sind laut Regierung erhebliche Investitionen für die Digitalisierung und der Übergang zur sogenannten Klimaneutralität nötig.
Unternehmer fehlen Aussagen zur Senkung der Staatsquote
Der Unternehmensberater Göring kommt zu dem Schluss, dass die in dem Papier beschriebenen Maßnahmen nicht geeignet sind, die wirtschaftliche Schwäche Deutschlands zu überwinden.
„In dem gesamten Wirtschaftspapier wird nicht mit einer Silbe die hohe Staatsquote und deren Rückbau erwähnt“, kritisiert er. Die Staatsquote drückt das Verhältnis der Staatsausgaben zum Bruttoinlandsprodukt aus. Notwendige liberale Wirtschaftsreformen und der Rückzug des Staates aus der Wirtschaft würden in dem Papier nicht einmal thematisiert.
Dass der Staat – beispielsweise im Bereich der E-Mobilität – Steuergelder und Subventionen mit Geld umverteile, das er nicht habe, widerspreche bereits im Grundsatz dem Prinzip der Marktwirtschaft, in der sich alle Produkte am Markt behaupten müssten, so Göring.
Der Unternehmensberater bezieht sich dabei auf die Ankündigung im Maßnahmenpapier, dass die Bundesregierung ihre Anstrengungen erhöhe, um die Autoindustrie und ihre Beschäftigte bei der E-Mobilität unterstützen.
So kündigt die Regierung an, dass mit Steuergeldern im Rahmen des Regierungsprojektes „Deutschlandnetz“ eine flächendeckende Ladeinfrastruktur aufgebaut werden soll.
„Werden diese Produkte [wie die E-Autos] vom Markt nicht angenommen und nur durch Druck […] oder massive Subventionen künstlich am Leben erhalten, widerspricht dies der Marktwirtschaft und führt unweigerlich zu ersetzender Planwirtschaft und Wohlstandsverlusten“, betont er.
Energieversorgung, Bürokratieabbau und Fachkräftemangel
Eine preiswerte Energieversorgung, Bürokratieabbau und Fachkräftemangel seien laut Göring die „Stellhebel“, die laut Umfragen deutsche Unternehmen besonders beschäftigten. Dazu fänden sich in dem Papier „nur ungeeignete, im besten Fall ungenügende, Maßnahmen“, so der Unternehmensberater.
Vor dem „Bürokratisierungswahn“ der immer mehr planwirtschaftlich geführten EU und Deutschlands würden deutsche Unternehmen fliehen und ihre Unternehmen und die Produktion ins Ausland verlagern. Dadurch werde die wirtschaftliche und insbesondere industrielle Basis in Deutschland weiter zerstört.
Steuergelder für Rüstung statt Bildung
Göring stellt sich anhand des Ampelvorhabens auch die Frage, „ob Frieden und Stabilität in Europa nicht durch mehr Diplomatie und Kooperation erreichbar ist als durch erhöhte Rüstungsausgaben“. Denn mit erhöhten Rüstungsausgaben komme es „zwangsläufig zu einem Verteilungskampf der Steuermittel“.
Damit bezieht sich Göring auf die Aussage im Regierungspapier, dass die Sicherheits- und Verteidigungsindustrie einen „wesentlichen Beitrag für den Frieden in Deutschland und Europa“ leiste.
„Investitionen in Sicherheit und Verteidigung sind daher nachhaltige Investitionen in Frieden und Stabilität. Dies gilt nicht nur für öffentliche, sondern auch für private Investitionen und Finanzierung.“ Im Interesse der Landes- und Bündnisverteidigung müsse man diese Industriezweige national und auf europäischer Ebene stärken, heißt es dort.
In dem Wirtschaftspapier wird von kleinen Unternehmen und Start-ups gesprochen, die von den Ausgaben an die Rüstungsindustrie profitieren könnten. Laut Göring könne man „mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, dass deren Anteil an den aus Steuermitteln finanzierten Milliardenbeträgen im Promillebereich liegen wird“.
Der Hauptteil der Mittel werde vorwiegend amerikanische und europäische Rüstungskonzerne zugutekommen. Profiteure seien BlackRock und Rüstungskonzerne wie Rheinmetall sowie ausländische Großbanken. Ihnen würden Steuermittel zukommen, die hier in Deutschland dringend für Bildung und Infrastruktur benötigt würden.
Mehr Probleme als Lösungen
Auch in der angekündigten „Dynamisierung durch bessere Arbeitsanreize“ sieht Göring mehr Wunschdenken als Realität.
Zur Stärkung der Arbeitsanreize sei es wichtig, so heißt es in dem Papier, dass in den Einkommensbereichen, in denen die Sozialleistungen abgesenkt werden, ein erheblicher Teil des zusätzlich verdienten Bruttoeinkommens bei den Erwerbstätigen verbleibt. Eine Anschubfinanzierung soll Langzeitarbeitslosen gezahlt werden, nachdem sie durch Arbeitsaufnahme aus dem Bezug des Bürgergeldes ausgeschieden sind.
Auch soll ein längerer Weg zur Arbeit zukünftig bei Arbeitsangeboten für Sozialleistungsempfänger als zumutbar gelten sowie eine höhere tägliche Pendelzeit.
Die Regierung plant auch, die Konsequenzen bei fehlender Mitwirkung zu verschärfen. So soll, wer eine zumutbare Arbeit, Ausbildung oder Eingliederungsmaßnahme ohne triftigen Grund ablehnt, zukünftig mit erhöhten Kürzungen des Bürgergeldes rechnen müssen.
Göring bemängelt, dass die Koalition am Bürgergeld weiter festhalte und „nur“ einige Änderungen machen wolle.
Die Einführung des Bürgergeldes […] wirkt im Niedriglohnsektor als ein Arbeitsaufnahmeverhinderungsgesetz, da sich Arbeit monetär schlicht nicht mehr lohnt“, erklärt er.
Nach seiner Einschätzung reduzieren sich die vorhandenen Fachkräfte im Hochlohnbereich deutlich. Fachkräftezuzug und neue Arbeitskräfte aus dem Inland könnten den Verlust durch Auswanderung und Renteneintritt nicht ausgleichen.
Unternehmensberater sieht gesellschaftlichen Frieden gefährdet
Der Unternehmensberater bezeichnet es als „bittere Realität“, dass die Bevölkerung in Deutschland wächst, aber immer weniger Menschen arbeiten, während andererseits die Zahl der Sozialleistungsempfänger steigt und eine anhaltend hohe Zahl von Migranten dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung steht.
Damit seien eine Überlastung des deutschen Sozialversicherungssystems und eine Bedrohung des gesellschaftlichen Friedens absehbar.
Das Papier sieht vor, dass neu zugewanderte Fachkräfte in den ersten drei Jahren 30, 20 und 10 Prozent ihres Bruttolohns steuerfrei stellen können.
Göring bezeichnete es als fraglich, ob diese Maßnahme zu dem gewünschten Anstieg ausländischer Fachkräfte führen werde. Außerdem sieht er eine Gefahr für den sozialen Frieden, wenn deutsche Arbeitnehmer bei gleichem Bruttolohn 30 Prozent mehr Einkommensteuer zahlen müssten als zuwandernde Ausländer. Auch bezweifelt er, dass eine solche Regelung unter Beachtung des Gleichheitsgrundsatzes rechtlich möglich sei.
Mehr Globalisierung
Wie es um den Wirtschaftsstandort Deutschland steht, fasst Göring in wenigen Worten zusammen: „Deutschlands Insolvenzen stiegen im zurückliegenden Monat gegenüber dem Vorjahr um 40 Prozent und erreichten den höchsten Stand seit zehn Jahren; die Industrie wandert aufgrund zu hoher Gas- und Energiekosten aus; die Industrieproduktion ist als einziges Industrieland der Welt noch unter dem Stand von 2019.“
Nach seiner Meinung benötigt Deutschland eine Erschließung neuer Exportmärkte durch Fortführung der Globalisierung mit seinen auf den internationalen Handel ausgerichteten Unternehmen.
Der Unternehmensberater vermisst eine Ausrichtung auf Länder, die ein dynamisch wachsendes Bruttoinlandsprodukt sowie große Rohstoffvorkommen aufweisen, wie die BRICS+-Staaten. Unter den BRICS+-Staaten zählt man die langjährigen Mitglieder Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika plus Ägypten, Äthiopien, Iran und die Vereinigten Arabischen Emirate.
Die Regierung plant den Abschluss umfassender Wirtschaftsabkommen mit weltweiten Partnern, insbesondere Ländern in Nord- und Lateinamerika sowie in der Region Asien-Pazifik, ohne konkret zu werden.
„Viele Worte um nichts“
Die im Papier der Regierung beschriebenen verbesserten Abschreibungsbedingungen für Unternehmen sind laut Göring richtig, aber „nur ein Tropfen auf den berühmten heißen Stein“, wenn sich dadurch nicht die Gewinne von langfristigen Investitionsentscheidungen deutlich verbessern.
Die geplante Ausweitung der Forschungszulage beschreibt er anhand der angegebenen Summe von zwei Millionen Euro und damit 0,0004 Prozent des Bundeshaushaltes als „viele Worte um nichts“.
Beim im Papier angesprochenen Wohnungsbau, der bereits um etwa 30 Prozent zurückgegangen sei, sollten laut Göring die Energieauflagen gesenkt werden, nicht nur die „weitergehenden energetischen Standards“, wie es in dem Dokument heißt. Das würde die Kosten für Wohnungsneubau und Sanierung reduzieren. Zudem müssten die Baustandards hinsichtlich ihrer CO₂-Auflagen überprüft und reduziert werden.
Auch an der Energiepolitik übt Göring Kritik.
Aktuell weise Deutschland die zweithöchsten Energiepreise aller Industrieländer der Welt auf und sei hinsichtlich der Energieversorgung vom Ausland abhängig, so der Unternehmer. Als Ursache dafür sieht er die Energiepolitik der Regierung mit ihren „Elementen der Planwirtschaft und Umverteilung“.
Die Koalition plant laut dem Papier große Mengen „günstiger, erneuerbarer Energie“ bereitzustellen, die Stromnetzkosten zu senken, die Netzentgelte zu stabilisieren und eine Wasserstoffinfrastruktur aufzubauen.
Statt dem im Maßnahmenpaket angegebenen „viel zu teuren LNG“ benötige die Industrie günstigen Strom und günstiges Erdgas, wie das aus Russland. Alles andere fördere die Deindustrialisierung und weitere Wohlstandsvernichtung in Deutschland, so Göring.
Die Regierung plant die beschriebenen Maßnahmen innerhalb dieser Legislaturperiode umzusetzen.
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