„Grundsatz der Versteinerung“ – Der Bundestag arbeitet normal weiter
Wie lange auch immer es dauert, bis eine neue Regierung zustande kommt – unregiert ist Deutschland deshalb nicht. Denn das bisherige schwarz-rote Kabinett unter Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bleibt geschäftsführend im Amt, bis eine neue Koalition existiert – das gilt auch für den Fall von Neuwahlen.
Die Regierung arbeitet wie bisher, eine zeitliche Begrenzung gibt es nicht. Der Bundestag kann ohnehin ganz normal arbeiten.
Welche Kompetenzen hat die geschäftsführende Bundesregierung?
Das amtierende Kabinett verfügt über die gleichen Kompetenzen wie ein reguläres. Es kann Gesetzentwürfe beschließen und in den Bundestag einbringen.
Allerdings ist fraglich, ob das politisch Sinn macht. Denn in den koalitionslosen Zeiten gibt es im Parlament ja keine Mehrheit, auf die sich die Regierung stützen könnte. Etwaige Gesetzesinitiativen könnten also ins Leere laufen.
Anders sieht es mit Verordnungen aus, wie sie etwa für die jährlichen Rentenanpassungen gibt. Sie gehen vom Kabinett direkt an den Bundesrat. Hier gibt es also keinerlei Beeinträchtigung durch den derzeitigen Schwebezustand.
Kann ein Mitglied der geschäftsführenden Regierung sein Amt abgegeben?
Nur unter sehr strengen Voraussetzungen. Die Bundeskanzlerin kann nicht die Vertrauensfrage stellen, schließlich hat ihr der neue Bundestag ja nie das Vertrauen ausgesprochen: Gewählt worden war sie zuletzt in der vergangenen Legislaturperiode.
Außerdem gilt für Merkel und ihre Minister der „Grundsatz der Versteinerung“. Sie können nicht einfach zurücktreten, etwa um einen neuen Job anzunehmen. Lediglich in bestimmten Ausnahmefällen – etwa einer schweren Erkrankung – ist ein Amtsverzicht möglich.
Verwaiste Ministerien können nur von Regierungsmitgliedern übernommen werden. Neue Minister, die der Regierung bisher nicht angehört hatten, dürfen nicht berufen werden.
Was passiert mit dem Bundeshaushalt?
Normalerweise muss der Bundestag im laufenden Jahr den Haushalt für das kommende Jahr beschließen. Dies wird wohl nicht mehr geschehen, deshalb greift zunächst die im Grundgesetz verankerte vorläufige Haushaltsführung.
Sie erlaubt Ausgaben des Bundes zum Erhalt bestehender Einrichtungen sowie der Umsetzung beschlossener Maßnahmen. Außerdem soll der Bund weiter in der Lage sein, seine Verpflichtungen zu erfüllen.
Dass nach einer Bundestagswahl zunächst die vorläufige Haushaltsführung einsetzt, ist nichts Ungewöhnliches. Auch nach Bildung der großen Koalition 2013 wurde der Haushalt für das Folgejahr erst im Juni 2014 beschlossen. Dabei war die große Koalition damals immerhin im Dezember 2013 ins Amt gekommen.
Weil es dieses Jahr im Dezember wohl nichts mehr wird mit der neuen Regierung, könnte es mit dem Haushalt im kommenden Jahr also noch später werden.
Was macht der Bundestag in Zeiten der geschäftsführenden Regierung?
Theoretisch kann er arbeiten wie bisher. Er kann eigene Vorlagen oder die der Regierung beraten – was er mit der Debatte über die Verlängerung mehrerer Bundeswehrmandate am Dienstag ja auch gemacht hat.
Für neue politische Vorhaben gibt es keine Mehrheiten, weshalb es durchaus einen Stillstand bei strittigen Vorhaben geben kann.
So ist ungewiss, ob die von der Union geforderte weitere Aussetzung des Familiennachzugs bei subsidiär Geschützten im kommenden Jahr eine Mehrheit bekommen würde. Die befristete Aussetzung läuft im März aus.
Aber die Opposition kann Gesetzesinitiativen erarbeiten und ins parlamentarische Verfahren einbringen – so wie es etwa die SPD mit ihrem Entwurf für ein Einwanderungsgesetz gemacht hat.
Eine Besonderheit gibt es bei den Ausschüssen. Sie spiegeln in der Regel die Ressortaufteilung im neuen Kabinett wider.
Weil es das noch nicht gibt, hat der Bundestag am Dienstag einen Hauptausschuss eingesetzt, der für alle politischen Belange zuständig ist. Erst später sollen dann die Fachausschüsse gebildet werden. (afp)
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