Auch Linken-Politikerinnen in Berlin bekommen „NSU 2.0“-Drohschreiben – Verdacht auf rechtsextremes Polizei-Netzwerk
Neben der hessischen Linken-Fraktionschefin Janine Wissler haben offenbar weitere Politikerinnen der Partei Drohschreiben mit dem Absender „NSU 2.0“ erhalten.
Betroffen davon seien die Linken-Bundestagsabgeordnete Martina Renner und die Linken-Fraktionschefin im Berliner Abgeordnetenhaus, Anne Helm, berichtete die Berliner „tageszeitung“ am Freitag online. Die Schreiben enthielten demnach persönliche, öffentlich nicht bekannte Informationen.
„Das LKA Hessen hat bei der Aufklärung der Drohserie bisher komplett versagt“, sagte Renner der „taz“. „Es ist ein schweres Versäumnis von Innenminister Beuth, sich erst jetzt um die Morddrohungen gegen engagierte Frauen zu kümmern.“ Wissler und Helm äußerten sich der Zeitung zufolge nicht zu den Schreiben.
Riexinger wirft Behörden Versagen vor
Linken-Chef Bernd Riexinger warf den Behörden vor, seine Partei und deren Anhänger nicht gegen Gewaltdrohungen zu schützen. „Ich bin schockiert darüber, dass meinen Kolleginnen in der Vergangenheit zu keinem Zeitpunkt Polizeischutz angeboten wurde“, sagte Riexinger der „Rheinischen Post“ vom Freitag mit Blick unter anderem auf die Todesdrohungen gegen Wissler.
„Wenn so der Eindruck entsteht, dass der Staat die Bedrohungslage nicht ernst nimmt, stärkt das die Täter“, sagte Riexinger. Die Morddrohungen Wissler seien ein weiterer Schritt in Richtung einer Eskalation rechter Hetze. Das rechtsextreme Netzwerk in den Behörden in Hessen erscheine größer als bisher bekannt.
Laut Riexinger gibt es seit Monaten massive Drohungen und Tätlichkeiten gegen linke Politiker und Aktivisten. Der Politiker machte die AfD verantwortlich.
Die Partei stehe an vorderster Front der gesellschaftlichen Hetze gegen Humanismus, Solidarität und Weltoffenheit. Aber auch rechtspopulistische Töne in der Union befeuerten ein Klima der Verachtung und des Hasses, sagte Riexinger.
Hessens Innenminister will Sonderermittler einsetzen
Am Donnerstag hatte Hessens Innenminister Peter Beuth (CDU) angekündigt, einen Sonderermittler einzusetzen, der sich um den Fall Wissler kümmern soll. Beuth selbst erfuhr nach eigenen Angaben erst am Mittwoch von der Abfrage von Wisslers privaten Daten von einem Polizeicomputer in Wiesbaden.
„Angesichts der Tragweite und Bedeutung dieser wichtigen Ermittlungen ist die fehlende Weitergabe von wichtigen Erkenntnissen völlig inakzeptabel“, sagte Beuth.
Wissler hatte in den vergangenen Monaten vier Drohmails mit dem Absender „NSU 2.0“ erhalten. Die Abkürzung steht für den Nationalsozialistischen Untergrund, der zwischen 2000 und 2007 zehn Morde in Deutschland verübt hatte.
Verdacht auf rechtsextremes Netzwerk innerhalb der Polizei
In den Schreiben wurden auf private Daten Bezug genommen, die ersten Ermittlungen zufolge von einem Computer der Polizei in Wiesbaden abgefragt wurden.
Bereits 2019 hatte die Frankfurter Anwältin Seda Basay-Yildiz Drohschreiben mit dem gleichen Absender erhalten. Basay-Yildiz hatte im NSU-Prozess Opferfamilien vertreten.
Auch in diesem Fall sollen Daten aus Polizeicomputern benutzt worden sein. Daraufhin wurde wegen des Verdachts eines rechtsextremen Netzwerks innerhalb der Polizei in Frankfurt am Main ermittelt.
„Es ist weiterhin so, dass mir keine Belege für ein solches Netzwerk vorliegen“, sagte Beuth am Donnerstag. „Dass jedoch nach der unsäglichen Bedrohung der Frankfurter Rechtsanwältin und des zuvor erfolgten Datenabrufs auf einem Polizeirechner in Frankfurt nun abermals im zeitlichen Zusammenhang mit einer solchen Drohmail eine Datenabfrage auf einem Polizeirechner erfolgt ist, nährt den Verdacht.“ (afp)
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