Atomwaffendebatte: Bundesregierung bekennt sich zu nuklearer Teilhabe in der Nato

Als Ergebnis, der von Teilen der SPD, Linken und Grünen am letzten Wochenende angestoßenen Debatte um Atomwaffen auf deutschem Boden, hat sich die Bundesregierung am Montag hinter das Konzept der "nuklearen Teilhabe" Deutschlands gestellt.
Titelbild
F-18E Super Hornets der US-Luftwaffe . Die Bundesluftwaffe will als Ersatz für die alten Tornado-Jets atomwaffenfähige F-18 anschaffen.Foto: Dod/Us Air Force/Sgt. Shawn Nick/Archiv/dpa
Epoch Times4. Mai 2020

Die Bundesregierung hat sich klar zur so genannten nuklearen Teilhabe im Rahmen der Nato bekannt. Diese sei „ein wichtiger Bestandteil einer glaubwürdigen Abschreckung im Bündnis“, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag in Berlin. Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) stellte sich im „Spiegel“ gegen die Forderung von SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich nach einem Abzug der US-Atomwaffen aus Deutschland. Solche einseitigen Schritte „schwächen unsere Bündnisse“, sagte er dem „Spiegel“.

Der Vorstoß Mützenichs war am Wochenende auch von SPD-Chef Norbert Walter-Borjans unterstützt worden.

Bedarf immer noch gegeben

Solange es Staaten gebe, die Atomwaffen als Mittel militärischer Auseinandersetzungen betrachteten, „besteht der Bedarf an nuklearer Abschreckung fort“, sagte dazu Seibert. Dies leiste die Nato, Deutschland trage dazu im Rahmen der nuklearen Teilhabe bei. „Die Bundesregierung wird sicherstellen, dass ein angemessener Beitrag zum Erhalt dieser Fähigkeit durch Deutschland geleistet wird“, stellte der Regierungssprecher weiter klar.

Uneinigkeit innerhalb der SPD

Maas distanzierte sich im „Spiegel“ deutlich vom Vorstoß seiner Parteifreunde: „Einseitige Schritte, die das Vertrauen unserer engsten Partner und europäischen Nachbarn untergraben, bringen uns dem Ziel einer atomwaffenfreien Welt nicht näher“, sagte er. „Im Gegenteil: Sie schwächen unsere Bündnisse.“

Ein Sprecher des Auswärtigen Amts verwies darauf, dass die nukleare Teilhabe auch Mitspracherechte einräume. „Solange Kernwaffen als Instrument der Abschreckung im strategischen Konzept der Nato eine Rolle spielen, hat Deutschland ein Interesse daran, an den strategischen Diskussionen und Planungsprozessen teilzuhaben“, zitierte er den Koalitionsvertrag.

Seibert und das Auswärtige Amt bekräftigten aber auch das Fernziel einer Abschaffung aller Atomwaffen. „Wir bleiben dem Ziel einer nuklearwaffenfreien Welt verpflichtet“, sagte der Regierungssprecher. Auch der Außenamtssprecher sagte, erfolgreiche Abrüstungsgespräche sollten die Voraussetzung für einen Abzug aller Atomwaffen aus Deutschland und Europa schaffen.

Union empfindet Äußerungen der SPD-Spitze als „grob fahrlässig“

Zuvor war der Vorstoß von Mützenich und Walter-Borjans auch aus der Union zurückgewiesen worden. „Die nukleare Teilhabe ist ein wichtiger Baustein für unsere Sicherheitsarchitektur und garantiert uns die Sicherheit unter dem Nato-Schutzschirm“, sagte deren verteidigungspolitischer Sprecher, Henning Otte (CDU), am Morgen im Deutschlandfunk. Er nannte die Äußerungen Mützenichs dazu „grob fahrlässig“. Die Vereinigten Staaten seien nach wie vor ein „verlässlicher Partner“, mit dem Deutschland eng zusammenarbeite, sagte Otte weiter.

Die FDP-Verteidigungsexpertin Marie-Agnes Strack Zimmermann warf Mützenich eine „Kamikaze-Aktion“ vor, mit der er Deutschlands internationale Verlässlichkeit in Frage stelle.

Unterstützung erhielt der SPD-Fraktionschef von der Linken-Politikerin Sevim Dagdelen. „Das Ende der nuklearen Teilhabe in der Nato ist notwendig und überfällig“, erklärte sie in Berlin.

Konzept der „nuklearen Teilhabe“

Das Nato-Konzept der „nuklearen Teilhabe“ sieht vor, dass Deutschland und andere Nato-Länder im Ernstfall US-Atomwaffen transportieren; eigene Atomwaffen hat die Bundeswehr nicht. Die USA lagern mehrere Atomwaffen auf dem Bundeswehr-Fliegerhorst bei Büchel in Rheinland-Pfalz.

Das CDU-geführte Bundesverteidigungsministerium plant derzeit die Anschaffung von US-Kampfjets, um auch künftig diese Aufgabe leisten zu können. Die SPD und insbesondere Mützenich sehen diese Anschaffungspläne kritisch. (afp)



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