Atomausstieg: Union sieht „großangelegte Täuschungsmanöver“ – Scholz und Habeck kontern
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) haben im parlamentarischen Untersuchungsausschuss ihre Entscheidungen zum Atomausstieg verteidigt. Als letzter Zeuge stand Kanzler Scholz den Abgeordneten bis zum späten Donnerstagabend Rede und Antwort, nachdem der Ausschuss Habeck zuvor fast neun Stunden lang befragt hatte.
Die Union, die den Untersuchungsausschuss beantragt hatte, kam auch am Ende aller Zeugenanhörungen zu dem Schluss, dass die Entscheidungen rund um den Weiterbetrieb der drei letzten deutschen Atomkraftwerke im Jahr 2022 letztendlich „ideologiegetrieben“ waren.
„Alle wesentlichen Köpfe in diesen Ministerien sind einfach ideologisch besetzt. Und deswegen war aus unserer Sicht eben auch nie eine ergebnisoffene Prüfung möglich“, schlussfolgerte der CSU-Politiker Andreas Lenz mit Blick auf Habecks Wirtschaftsministerium und das Umweltministerium der ebenfalls grünen Ministerin Steffi Lemke.
Der FDP-Politiker Frank Schäffler sagte, es sei deutlich geworden, dass die Grünen das Land „hinter die Fichte“ geführt hätten. Sie hätten immer wieder Sand ins Getriebe gestreut, sagte er mit Blick auf Prüfungen zum Weiterbetrieb der Atommeiler.
Habeck geht in Offensive
Rund um den Punkt der „ergebnisoffenen Prüfung“, eine der Kernfragen im Untersuchungsausschuss, hatte es zuvor einen heftigen Schlagabtausch zwischen den Fragestellern und Bundeswirtschaftsminister Habeck gegeben. Habeck wehrte sich gegen Anschuldigungen, er und sein Ministerium hätten in der Energiekrise nach dem Beginn des Ukraine-Krieges einen Weiterbetrieb der verbliebenen Atomkraftwerke in Deutschland nicht ergebnisoffen geprüft. „Es gab keine Denkverbote“, sagte er.
Habeck war im U-Ausschuss als vorletzter Zeuge vor Scholz geladen. Der Grünen-Kanzlerkandidat warf den unionsgeführten Vorgängerregierungen vor, Deutschland in eine gefährliche Abhängigkeit von russischem Gas geführt zu haben. Dafür habe Deutschland dann „einen hohen Preis bezahlt“. Auch Scholz räumte später diese Abhängigkeit ein, ohne aber auf deren Ursachen einzugehen.
Die im Jahr 2022 drohende Gasmangellage sei von manchen Akteuren vorgeschoben worden, um den Atomausstieg zu revidieren, so Habeck weiter. Auch während der Befragung äußerte Habeck den Verdacht, dass es den Fragestellern mehr um eine Pro-Atom-Agenda gehe als um wirkliche Aufklärung.
Scholz verteidigt Atomausstieg als „richtig“
Scholz verteidigte unterdessen die Entscheidungen aus dem Jahr 2022 und bezeichnete den Atomausstieg als „richtig“. Eine mehrjährige Laufzeitverlängerung von Atomkraftwerken wäre „gegen den Konsens“ aus den Vorjahren und der vorherigen Bundesregierungen gewesen, betonte der Kanzler.
Im Oktober 2022 hatte Scholz unter Berufung auf seine Richtlinienkompetenz letztlich angeordnet, die drei noch laufenden deutschen Akw dreieinhalb Monate länger zu betreiben. Deses Machtwort verteidigte Scholz mehrfach im Ausschuss. Er betonte, dass es sonst nicht möglich gewesen sei, eine Lösung herbeizuführen.
Weder mit Habeck noch mit dem damaligen Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hätte es in einer für Deutschland sehr ernsten Lage mit potenzieller Energie-Unterversorgung eine Einigung geben können, sagte Scholz. Ihm sei klar geworden: „Das muss ich schon auf meine Kappe nehmen.“ Beide Minister seien vorab über die Entscheidung, dass der Kanzler die Frage per Richtlinienkompetenz klären wolle, informiert worden.
Habeck hatte zuvor ausgesagt, sich nicht mehr daran zu erinnern, ob er informiert worden sei. Eine von vielen kleinen Abweichungen, die der Ausschuss auch nach 40 Zeugenbefragungen nicht gänzlich auflösen konnte.
Auch die Positionen blieben bis zuletzt konträr. Während Grüne und SPD am Ende keine Beweise für ein in erster Linie ideologiegetriebenes Handeln der beiden Ministerien sehen, spricht die Union bis zuletzt von einem „großangelegten Täuschungsmanöver“.
Ob sich dieser Begriff auch im Abschlussbericht finden wird, wird sich zeigen. Sobald die Stellungnahmen aus allen Fraktionen vorliegen, soll er noch im Februar der Bundestagspräsidentin vorgelegt werden. (dpa/afp/red)
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