Asylstreit: Merkel muss weiter zittern

Für die Kanzlerin beginnt eine entscheidende Woche: Mit der CSU im Nacken will sie in Windeseile eine europäische Lösung in der Flüchtlingspolitik erreichen. Doch ist das so schnell überhaupt möglich?
Epoch Times25. Juni 2018

Unter wachsendem Zeitdruck muss Bundeskanzlerin Angela Merkel weiter um eine europäische Lösung für den erbitterten Asylstreit in der Union kämpfen. Nach einem EU-Sondertreffen in Brüssel präsentierte Merkel am Sonntagabend noch keine konkreten Lösungsansätze.

EU-Kommissar Günther Oettinger glaubt auch nicht daran, dass dies bis zum EU-Gipfel am Donnerstag klappt. Er forderte die CSU auf, der Kanzlerin mehr Zeit zu geben.

Der CSU-Chef und Bundesinnenminister Horst Seehofer will am 1. Juli im Alleingang registrierte Flüchtlinge an deutschen Grenzen zurückweisen, falls bis dahin keine europäische Lösung gefunden ist.

Oettinger (CDU) sagte dem „Reutlinger General-Anzeiger“ (Montag): „Ich glaube, es wird bis zum EU-Gipfel am Donnerstag und Freitag Fortschritte geben. Aber es wird nicht eine Einigung in der Dimension herauskommen, wie es einige in der CSU erwarten.“ Die CSU solle deshalb den Druck rausnehmen: „Ich glaube, dass die Kanzlerin gute Argumente hat, um eine weitere Beratung auf europäischer Ebene durchzubringen“, sagte Oettinger.

Der CDU-Spitze dürfte am Morgen über die Ergebnisse des EU-Sondertreffens in Brüssel beraten. Daran nahmen 16 der 28 EU-Länder teil. Die vier in Asylfragen besonders kritischen Visegrad-Staaten fehlten aber.

Merkel gab sich danach trotzdem optimistisch, sprach von „gutem Willen und einer guten Debatte“. Konkrete Fortschritte konnte sie allerdings nicht vermelden. Vor Beginn des Treffens hatte Merkel noch von Absprachen mit einzelnen EU-Ländern gesprochen, um das Weiterziehen der Migranten zu begrenzen. Italien – eines der Hauptankunftsländer am Mittelmeer – will sich darauf aber auf die Schnelle nicht einlassen, wie es aus italienischen Regierungskreisen hieß.

Der neue Ministerpräsident Giuseppe Conte forderte stattdessen eine umfassende Lösung und einen radikalen Wandel in der europäischen Asylpolitik. Das bisherige sogenannte Dublin-Systems solle aufgegeben werden, heißt es in einem Zehn-Punkte-Plan Contes. Wenn überhaupt, ließe sich eine so umfassende Reform keineswegs schnell durchsetzen.

Einige Punkte scheinen auf EU-Ebene aber konsensfähig, so ein Schutz der Außengrenzen. Zudem verdichtete sich die Unterstützung für mögliche Sammellager für Migranten, entweder auf EU-Gebiet oder auch außerhalb der EU, zum Beispiel in Nordafrika.

Der ehemalige Nato-General Egon Ramms kann auch sich einen Einsatz der EU-Grenzschutzagentur Frontex auf libyschem Festland vorstellen, womöglich sogar mit einer Beteiligung deutscher Soldaten. „Wenn es ein Mandat des Bundestages für einen solchen Einsatz gäbe, könnte man darüber nachdenken, dass die Bundeswehr die äußere Sicherheit für solche Frontex-Missionen sowie für die Flüchtlingslager in Nordafrika übernimmt“, sagte er der „Bild“-Zeitung (Montag).

Der CDU-Innenpolitiker Armin Schuster forderte eine europäische Grenzpolizei mit bewaffneter Küstenwache. „Zu einer solchen EU-Polizeibehörde gehört dann natürlich ein Einsatz in Nordafrika, um Schlepper und Schleuser zu stoppen.“ Der CDU-Außenpolitiker Elmar Brok sprach sich im Kampf gegen Schlepper für einen Einsatz von Frontex gemeinsam mit UN-Blauhelmsoldaten in Libyen aus. (dpa)



Epoch TV
Epoch Vital
Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion