Asyl-Schutztitel als One-Way-Ticket zum Daueraufenthalt? Grenzen zur Einwanderung verschwimmen
Ist die Gewährung eines Schutztitels für Asylbewerber in Deutschland de facto ein One-Way-Ticket zum dauerhaften Aufenthalt? Bundeskanzlerin Angela Merkel versicherte mehrfach, dass dem nicht so sei. Wenn in Syrien und im Irak der IS besiegt wäre und Frieden herrsche, würde man von den nach Deutschland Geflüchteten aus diesen Ländern auch eine Rückkehr in ihre Heimat erwarten.
Auch das Gesetz sieht vor, dass Asyl ein temporäres Aufenthaltsrecht schafft, das einer entsprechenden Überprüfung unterliegt. So soll Asyl auch von regulärer Einwanderung getrennt werden können. Österreich hatte beispielsweise im Dezember 2018 die Unterzeichnung des UN-Migrationspaktes verweigert, weil die Regierung eine Vermengung dieser beiden Bereiche befürchtete.
Erst 2018 wieder in nennenswertem Umfang geprüft
In Deutschland scheint man die Dinge ungleich entspannter zu sehen. Darauf deutet jedenfalls die Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion im Bundestag hin, die der „Welt“ vorliegt und über die diese berichtet.
Nachdem Widerrufsprüfungen bei anerkannten Asylbewerbern, die das BAMF routinemäßig binnen drei Jahren vorzunehmen hat, de facto in den Jahren zuvor infolge Arbeitsüberlastung kaum durchgeführt werden konnten, hat die Behörde im Vorjahr immerhin in 85 053 Fällen eine solche abgeschlossen – so geht es aus der Antwort hervor.
Einen Entzug des Schutztitels gab es allerdings lediglich in 982 Fällen, das sind 1,2 Prozent der untersuchten Schutztitel. Auch in diesen Fällen hätten persönliche Verfehlungen der Migranten den Ausschlag gegeben. Mit dem Wegfall von Schutzgründen wurde in keinem Fall der Entzug begründet. Die Pikanterie daran: Nur noch bei etwa einem Drittel der Iraker, die 2018 nach Deutschland kamen, wurde das Vorliegen von Schutzgründen bejaht. Drei Jahre zuvor waren es noch 89 Prozent.
„Wegfall der Fluchtgründe nicht feststellbar“
Das Gesetz kann im Wege der vorgeschriebenen Überprüfung aus drei möglichen Gründen aufgehoben werden: Zum einen, wenn der Auslöser für die Flucht weggefallen ist – etwa wenn, wie im Irak, der IS mittlerweile besiegt und aus dem Land vertrieben worden ist. Zum anderen, wenn die Prüfung tatsächliche Anhaltspunkte für eine ursprünglich unberechtigte Zuerkennung des Schutztitels ergibt – beispielsweise durch mutwillige Falschangaben mit dem Ziel, sich einen solchen zu verschaffen.
Die dritte Option ist das Begehen von Straftaten oder anderer schwerwiegender Verfehlungen. Zwischen den Zeilen lässt sich der Antwort der Bundesregierung entnehmen, dass das faktisch der einzige Anlass ist für die Behörden, überhaupt ein Aufhebungsverfahren einzuleiten. Die „Welt“ zitiert die Antwort der Bundesregierung, wonach „Aufhebungsverfahren in der Regel nur eingeleitet werden, wenn in der Person des Ausländers liegende Gründe vorliegen (beispielsweise Straftaten, Heimreisen, Täuschungen über die Staatsangehörigkeit)“.
Eine herkunftslandbezogene Sachlagenänderung könne hingegen „im Rahmen der Regelüberprüfung in der weit überwiegenden Anzahl der Herkunftsländer nicht festgestellt werden“. Dies bedeutet, dass man sich vonseiten des BAMF in den meisten Fällen gar nicht in der Lage sieht, zu beurteilen, ob Fluchtgründe wie Verfolgung oder Krieg noch gegeben sind.
Auch nach Widerruf kommt es nicht immer zur Abschiebung
Exakt dies hatte jedoch die Kanzlerin mehrfach unterstrichen. Darauf nimmt auch die migrationspolitische Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion, Linda Teuteberg, in einem Statement gegenüber der „Welt“ Bezug, die sie wie folgt zitiert:
„Dass bei Widerrufsverfahren derzeit 450 Mitarbeiter beim BAMF anscheinend nur prüfen, ob jemand eine Straftat begangen hat, und dann einen Haken an den Vorgang machen, ist nicht sinnvoll. Natürlich muss die Bedrohungslage vor Ort berücksichtigt werden, wenn der Erwartung auch der Bundeskanzlerin entsprochen werden soll, dass zum Beispiel Flüchtlinge aus dem Irak in ihre Heimat zurückkehren, wenn der IS besiegt ist und die Lage sich verbessert hat.“
Von einer Versagung oder Aberkennung eines Schutztitels bis hin zu einer tatsächlichen Abschiebung ist es dann im Übrigen noch ein weiterer längerer Weg, der ebenfalls nicht immer im Herkunftsland des Betreffenden endet.
Frist soll auf fünf Jahre erweitert werden
Findet das BAMF jedoch in den drei Jahren, die für die Prüfung Zeit bleiben, keine Widerrufsgründe, tritt bei gut integrierten Asylbewerbern nach Ablauf der Frist, bei weniger gut integrierten, sofern diese keine Straftaten begangen haben oder überwiegend von Transferleistungen leben, nach fünf Jahren ein Anspruch auf Aufenthaltsverfestigung, sprich: eine Niederlassungserlaubnis, in Kraft.
Teuteberg findet es „schwer nachvollziehbar, dass die Widerrufsquoten auch bei Staatsangehörigen extrem niedrig sind, deren Schutzquoten in den letzten Jahren deutlich gesunken sind, weil sich offenbar die Sicherheitslage verbessert hat“. Nun soll ein Gesetzesentwurf des Bundesinnenministeriums, der auf Drängen des BAMF-Präsidenten Eckhardt Sommer in Angriff genommen worden ist, zumindest die Frist für die Vornahme der Widerrufsprüfung von drei auf fünf Jahre ausweiten. Derzeit beraten die Ressorts jedoch noch über dessen Details.
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