Anwaltverein zu GroKo-Plan: Wiederaufnahme von Mordprozessen grundgesetzwidrig
Der Deutsche Anwaltverein (DAV) hält den GroKo-Plan, Mordprozesse nach deren Abschluss bei neu auftauchenden Beweisen wieder aufzunehmen, für verfassungswidrig. Es habe schon in der Vergangenheit ähnliche Bestrebungen gegeben, sagte Stefan Conen vom DAV-Strafrechtsausschuss dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ (Freitagausgaben).
„Aus der damals besseren Einsicht, dass dies wegen des Verbots der Doppelverfolgung in Artikel 103 Absatz 3 Grundgesetz verfassungswidrig wäre, ist davon zurecht Abstand genommen worden.“
An dieser Lage habe sich nichts geändert. Der Artikel lautet: „Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.“ Conen fügte hinzu: „Zum Ende der Legislaturperiode sollten die Fraktionen Besseres zu tun haben, als wider besseren Rats vermeintlich populär klingende Gesetze auf den Weg zu bringen, die vorübergehend nur Rechtsunsicherheit auf allen Seiten schaffen, bevor das Verfassungsgericht sie wieder kassieren muss.“
Regierung vereinbarte Reform bereits im Koalitionsvertrag
Die Fraktionen von CDU/CSU und SPD hatten sich darauf geeinigt, dass Verdächtigen bei Mord und anderen schwersten Straftaten ein zweites Mal der Prozess gemacht werden kann, wenn neue Beweise wie etwa DNA-Spuren vorliegen. Die Reform hatte die schwarz-rote Bundesregierung bereits im Koalitionsvertrag vereinbart. Sie soll noch im Juni im Bundestag verabschiedet werden.
Wegen des Verbots der sogenannten Doppelbestrafung können Angeklagte derzeit nur in eng umrissenen Ausnahmefällen erneut vor Gericht gestellt werden. Nach geltender Rechtslage geht das etwa, wenn der zunächst Freigesprochene später ein glaubwürdiges Geständnis ablegt oder wenn Gutachter oder Zeugen vorsätzlich falsche Angaben zu seinen Gunsten gemacht haben.
Die Koalitionsfraktionen wollen die Liste für die „Wiederaufnahmegründe“ nun erweitern, allerdings nur für schwere Straftaten wie Mord, Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder Kriegsverbrechen. „Bei diesen Taten ist ein zu Unrecht erfolgter Freispruch – anders als bei Taten im Bereich der unteren und mittleren Kriminalität – schlechthin unerträglich“, heißt es in der Begründung des Entwurfs. (dts)
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