Anstieg religiöser Diskriminierung – Ataman fordert Schutzmaßnahmen für Muslime
Die Antidiskriminierungsbeauftragte des Bundes, Ferda Ataman, forderte am Donnerstag, 24. Oktober, eine „umfassende Strategie gegen religiöse Diskriminierung“ auf Bundesebene. Die frühere Journalistin und Leiterin des Vereins Neue Deutsche Organisationen hatte bereits mehrfach wirksamere Maßnahmen insbesondere gegen Muslimfeindlichkeit angemahnt. Ein jüngst erschienener Bericht der EU-Grundrechteagentur FRA unterstreiche jedoch deren Dringlichkeit.
Ataman spricht von „alarmierendem Ausmaß“ an Diskriminierung
Wie Ataman unter Bezugnahme auf die Studie mitteilt, seien rassistisch motivierte Belästigungen und Übergriffe gegenüber Muslimen vor allem in deutschsprachigen Ländern weit verbreitet. Deutschland weist demnach EU-weit die zweitmeisten bekannt gewordenen Fälle von antimuslimischem Rassismus auf – hinter Österreich.
Die Studie der FRA lässt einen deutlichen Anstieg von Fällen islamophober Diskriminierung gegenüber 2016 erkennen, als die letzte Studie dieser Art durchgeführt wurde. Ataman zieht in Anbetracht der Ergebnisse ein besorgtes Fazit:
Muslimfeindlichkeit hat ein derart alarmierendes Ausmaß erreicht, dass wir reagieren müssen.“
Die Strategie, die Ataman vorschwebt, solle Prävention und Sensibilisierung zum Ziel haben, aber auch einen verstärkten Schutz gegenüber Diskriminierung. Vor allem müsse es auch darum gehen, Betroffenen deutlich zu machen, dass es Angebote gebe, sich beraten zu lassen und gegen entsprechendes Handeln vorzugehen. Diskriminierung aufgrund religiöser Zugehörigkeit sei verboten, betonte Ataman, und Straftaten, denen gruppenbezogener Hass als Motivation zugrunde liege, könnten härter geahndet werden.
Fast jeder Zweite bereits Opfer von Diskriminierung
Im Vorfeld der Studie hatte die EU-Grundrechteagentur (FRA) 9.604 Muslime in 13 EU-Ländern in der Zeit von Oktober 2021 bis Oktober 2022 befragt. Dabei wurden Daten für Muslime mit türkischer Einwanderungsgeschichte, für solche mit syrischer Herkunft sowie für solche mit Bezug zu Nord- oder Subsahara-Afrika gesondert erhoben.
Hatten im Jahr 2016 noch 39 Prozent der Muslime angegeben, mindestens einmal zum Ziel rassistischer Diskriminierung geworden zu sein, erklärte 2022 fast jeder Zweite (47 Prozent), dies treffe auf ihn zu. In Österreich beklagen 71 Prozent der Befragten, entsprechende Erfahrungen gemacht zu haben, in Deutschland 68 Prozent.
Am häufigsten sei Diskriminierung aufgrund der religiösen Zugehörigkeit im Bereich des Arbeitsmarktes und bei der Wohnungssuche aufgetreten. Dort gaben 39 und 35 Prozent der Befragten an, schon einmal gezielt benachteiligt worden zu sein. Vor acht Jahren waren es 31 beziehungsweise 34 Prozent gewesen. Vor allem bei der Arbeit sei der Anteil Betroffener deutlich angewachsen – von 24 auf 35 Prozent.
Ataman sieht geringe Meldebereitschaft als weiteres Problem
Über die bloße Diskriminierung hinaus äußerten 22 Prozent der Umfrageteilnehmer, in den zwölf Monaten vor ihrer Befragung zuvor mindestens einmal rassistisch motivierte Belästigung erlebt zu haben. Immerhin sei dies ein etwas geringerer Anteil gegenüber 2016, als dieser bei 27 Prozent gelegen habe.
Muslimische Frauen (22 Prozent) und Menschen bis zum 44. Lebensjahr (25 Prozent) seien überdurchschnittlich häufig davon betroffen. Erst mit höherem Lebensalter nehme die Häufigkeit entsprechender Vorfälle ab. Traditionell mit Kopftuch bekleidete Frauen seien mit 27 Prozent deutlich häufiger in rassistischer Weise belästigt worden als solche ohne Hidschab (16 Prozent).
Nur in 12 Prozent der Fälle hätten Betroffene die entsprechenden Vorfälle an den Arbeitgeber, die Gewerkschaft, eine Opferberatung oder die Polizei gemeldet. Als Gründe für das Unterbleiben der Meldung wurde von 45 Prozent der Befragten geäußert, diese würde nichts bewirken. Weitere 29 Prozent meldeten die Vorfälle nicht, weil sie ihnen als zu geringfügig erschienen. In 21 Prozent scheute man den mit einer Meldung verbundenen Aufwand an Zeit und Bürokratie.
Traditionell gekleidete Frauen besonders gefährdet
Zwei Prozent der befragten Muslime gaben an, in den zwölf Monaten vor der Erhebung mindestens einmal rassistisch motivierte Gewalt erlebt zu haben. Vier Prozent äußerten, dies sei zumindest in einem Zeitraum von fünf Jahren davor geschehen. Von den Betroffenen erstatteten in diesem Bereich immerhin 74 Prozent eine Anzeige.
Die meisten islamfeindlich motivierten Gewaltakte seien in Dänemark und Finnland geschehen, wo 12 Prozent der Befragten von solchen berichteten. In Deutschland gaben 9 Prozent der an der Studie teilnehmenden Muslime an, zumindest einmal von rassistischer Gewalt betroffen gewesen zu sein.
Auch bezüglich der Gewaltakte waren Muslime, die traditionelle Kleidung trugen, doppelt so häufig betroffen als solche, die dies nicht taten. Für 40 Prozent der Opfer war rassistisch motivierte Gewalt bereits eine wiederkehrende Erfahrung. Die meisten Vorfälle dieser Art, nämlich 65 Prozent, trugen sich der Studie zufolge in der Öffentlichkeit zu.
Terrorakte Einzelner als Vorwand für pauschale Herabwürdigung von Muslimen
Die Befragung, die der Studie zugrunde lag, fand noch vor dem Massaker der terroristischen Hamas in israelischen Grenzregionen zu Gaza statt. Israel reagierte darauf mit einem anhaltenden Krieg, der auch zahlreiche zivile Opfer zur Folge hatte. Dies bewirkte in Teilen der muslimischen Community eine Solidarisierung mit den Palästinenserorganisationen und fallweise auch eine steigende Akzeptanz antisemitischer Narrative.
Erfahrungen nach ähnlichen Ereignissen zeigen, dass Kräfte, die zu antimuslimischem Rassismus neigen, solche Entwicklungen zum Vorwand für pauschalisierende Agitation nehmen. So schreibt Elly Belle auf dem US-amerikanischen Portal „Refinery29“ über steigende Muslimfeindlichkeit nach den Anschlägen auf das World Trade Center am 11. September 2001. Ebenso sei der Islamhass in den USA angestiegen, nachdem Donald Trump in seiner ersten Amtszeit versucht hatte, einen „Muslim-Stop“ durchzusetzen – ein Versuch, die Einwanderung aus überwiegend islamischen Ländern auszusetzen.
Es ist deshalb davon auszugehen, dass die Zahl der Übergriffe seit dem 7. Oktober 2023 weiter zugenommen hat.
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