Wollte Regierung Verwicklung von Amri-Vertrautem vertuschen? Bilal A. trotz Mord-Ermittlungen abgeschoben

Obwohl gegen Bilal A., einen Vertrauten des Berliner Weihnachtsmarkt-Attentäters Anis Amri, wegen Mordes ermittelt wurde, stimmte die Generalbundesanwaltschaft seiner Abschiebung zu. War er als V-Mann für den marokkanischen Geheimdienst tätig?
Titelbild
Der von Amri gekaperte Lkw auf dem Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz in Berlin.Foto: Michael Kappeler/dpa
Von 22. Februar 2019

Die Hinweise verdichten sich, dass der islamistische Terrorist Anis Amri bei dem verheerenden Anschlag auf den Berliner Weihnachtsmarkt am 19. Dezember 2016 mindestens einen Helfer vor Ort hatte. Wie das Nachrichtenmagazin „Focus“ berichtet, könnte es sich bei der Person möglicherweise um den Amri-Vertrauten Bilal A. handeln, der keine zwei Monate nach dem Anschlag aus Deutschland nach Tunesien abgeschoben wurde.

Aus Sicherheitskreisen will Focus erfahren haben, die Abschiebung sei erfolgt, um den Mann vor Strafverfolgung zu schützen, da er angeblich Informant des marokkanischen Geheimdienstes gewesen sei.

Focus beruft sich dabei auf bisher unter Verschluss gehaltene Video- und Bildaufzeichnungen vom Anschlagsgeschehen sowie umfangreiche Ermittlungsunterlagen des Bundeskriminalamtes. So sei auf einer bislang unbekannten Video-Aufnahme zu sehen, wie ein dunkelhaariger Mann, der auffällige blaue Gummi-Handschuhe trägt, einen Weihnachtsmarkt-Besucher mit einem kantholzähnlichen Gegenstand gegen die Schläfe schlägt, offenbar um Amri einen Fluchtweg zu schaffen. Dieselbe unbekannte männliche Person wurde auch auf Fotos vom Tatort festgehalten.

„Augenscheinliche Ähnlichkeit“

Auch in einem Beschluss des Bundesgerichtshofes vom 16. Februar 2017 heißt es vonseiten der Bundesanwaltschaft, es bestehe insoweit der Verdacht, dass der Besucher „mit einem stumpfen Gegenstand an der Schläfe verletzt wurde, um Amri die Flucht zu ermöglichen“. Zu der bisher nicht eindeutig identifizierten Person mit den Gummihandschuhen schreiben Ermittler des Bundeskriminalamtes in mehreren Vermerken, über die Focus berichtet, dass diese eine „augenscheinliche Ähnlichkeit“ mit dem engen Vertrauten Amris, dem ebenfalls aus Tunesien stammenden Bilal A., habe.

Ein hochrangiger deutscher Sicherheitsbeamter soll dem Focus bestätigt haben, dass Bilal A. eine V-Person des marokkanischen Geheimdienstes gewesen sei. Dies würde auch den ungewöhnlichen Schritt erklären, dass der Generalbundesanwalt (GBA) trotz laufender Mord-Ermittlungen gegen Bilal A. dessen Abschiebung bereits am 13. Januar zustimmte.

Auf Anfrage begründete ein Sprecher der Bundesanwaltschaft die Zustimmung seiner Behörde zu der eiligen Abschiebung damit, dass es zum damaligen Zeitpunkt angeblich nicht möglich gewesen wäre, einen Haftbefehl gegen Bilal A. zu erwirken.

Bereits bezüglich der Risikoeinschätzung des wenige Tage nach dem Anschlag in Italien bei einer Personenkontrolle erschossenen Amri waren bereits zu einem früheren Zeitpunkt Spekulationen über ein mögliches Behördenversagen laut geworden, insbesondere das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) geriet zeitnah in die Kritik.

Bereits im Februar 2016 als Gefährder eingestuft

So berichtete unter anderem das ARD-Magazin „Kontraste“, dass der Nachrichtendienst nachweislich bereits im Februar 2016 Aufnahmen eines Mobiltelefons auswertete, das die Berliner Polizei bei Amri beschlagnahme hatte. Die Bilder seien auf Veranlassung des Verfassungsschutzes einem internen Vermerk zufolge „geeignet erscheinenden Quellen“, also V-Leuten, vorgelegt worden.

Amri, der vor seiner illegalen Einreise nach Deutschland im Zuge der Flüchtlingskrise 2015 in Italien wegen mehrerer Gewaltdelikte in Haft war, soll hier etwa 14 Identitäten benutzt haben. Unter einer davon soll er bereits im Oktober 2015 in einem Wohnheim durch islamistische Äußerungen und Andeutungen über Anschläge aufgefallen sein. Die darüber verständigte Polizei Krefeld leitete daraufhin einen „Prüffall Islamismus“ ein, konnte aber den Aliasnamen nicht Anis Amri zuordnen.

Schon kurz nach seiner Ankunft nahm Amri Kontakt zum radikal-islamischen Netzwerk um den Prediger Abu Walaa in Hildesheim auf. In weiterer Folge habe er innerhalb dieses Netzwerkes eine immer bedeutendere Rolle gespielt, was auch den Sicherheitsorganen nicht verborgen blieb. Das Polizeipräsidium Dortmund stufte Amri ab dem 17. Februar 2016 als „Gefährder NRW“ ein.

Bis dato erhärteten sich auch Verdachtsmomente, wonach das Berliner LKA in der Zeit vor dem Anschlag drei V-Leute im Umfeld des radikalen Islamisten positioniert hatte. Auch soll Amri einen als Gefährder eingestuften Gesinnungsgenossen vor der Tat in seine Anschlagspläne eingeweiht haben.

(mit Material von dts)



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